Gemeinsame oder gespaltene Erinnerung

Der Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes in Potsdam endete im Streit- und einer Aussperrung

H-und-G.info Kontroverse

 

Gemeinsame oder gespaltene Erinnerung?

 

Der Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes in Potsdam endete im Streit- und einer Aussperrung. Richtige Entscheidung oder Skandal? Die Diskussion darüber hält an.

 

Am 23. August sollte in Potsdam wie jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung anlässlich des Europäischen Tages des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus stattfinden. Memorial Deutschland und der Verein Gedenk- und Begegnungsstätte ehemaliges KGB-Gefängnis hatten dazu einladen wollen. Die Veranstaltung sollte in der Gedenkstätte stattfinden, die sich seit einigen Jahren neben dem ehemaligen KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße befindet. Prominente Redner, wie die Botschafterin Lettland und der Oberbürgermeister der Brandenburgischen Hauptstadt hatten als Redner zugesagt. Aber sie mussten an einen anderen Ort ausweisen. Die Leitung der Gedenkstätte hatte ihnen der Zutritt verwehrt.

Foto: Ausquartiert. Die Botschafterin Lettlands durfte nicht in der KGB Gedenkstätte referieren.
 

Es geht hier keineswegs um eine Provinzposse, sondern um die grundsätzliche Frage, ob man der angesichts der Verantwortung der Deutschen für den Holocaust und zweiten Weltkrieg in Deutschland der Opfer der europäischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts gemeinsam an einem Tag gedenken kann. Doch die Aussperrung u.a. von Memorial, der Menschenrechtsorganisation, die in Russland kriminalisiert wird, und wie ein Kotau vor Putin wirkte, erzeugte einen Medienwirbel und dürfte ein Nachspiel haben.

Denn die Potsdamer Gedenkstätte gehört zum Verbund Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, deren Leiter, Dr. Axel Drecoll, sich explizit hinter das Verbot stellte. Die Gedenkstättenleiterin, Dr. Ines Reich, von H-und-G.info um einen erläuternden Artikel gebeten, verweist auf die Stellungnahme der Stiftung. Kundige Beobachter meinen, sie verstecke ihre Verantwortung hinter den Schultern des Stiftungsleiters. Die Hauptfinanziers der Stiftung sind die Bundesregierung, die Beauftragte für Kultur und Medien (BKM) so wie das Land Brandenburg, vertreten durch das Ministerium für Forschung und Kultur, die auch prominent im Stiftungsrat vertreten sind. Offenbar waren sie, vorab informiert. Insofern geht es um eine grundsätzliche Positionsbestimmung der Diktatur-Gedenkstätten angesichts der Invasion in der Ukraine.

H-und-G.info bat die Hauptbeteiligten um eine Stellungnahme und dokumentiert die unterschiedlichen Positionen. Überaus lesenswert ist der Beitrag der Botschafterin Lettlands Alda Vanaga, die aus Anlass dieser Veranstaltung die Leiden ihres Volkes unter der NS- und Sowjetbesatzung in Folge des Hitler-Stalin-Paktes beschrieb. Auch sie war ausgeladen worden und musste mit den anderen Teilnehmern in einen Ort 200 Meter von der Gedenkstätte entfernt ausweichen.

Beiträge

Roderich Kiesewetter, Mitglied des Bundestages (CDU). Stellungnahme vom 18.9.2023

Gisela Rüdiger, GEDENK- UND BEGEGNUNGSSTÄTTE EHEMALIGES KGB-GEFÄNGNIS POTSDAM e.V.: Warum ist uns der 23.August als Europäischer Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus so wichtig. Und warum sind wir schockiert, dass uns der Zugang zur Gedenkstätte Leistkowstaße an diesem Tag versperrt wurde.

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten: Stellungnahme 15.9.2023

Alda Vanaga, Botschafterin der Republik Lettland, Rede aus Anlass des Jahrestages, der Hitler-Stalin-Paktes

Grußwort des Bundesvorsitzenden der Union der Opferverbände Kommunistische Gewaltherrschaft (UOKG)

Grußwort Mike Schubert Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam

Stellungnahme der Pressestelle BKM.  Träger der Stiftung  7.9.2023

Ministerium für Kultur und Forschung Brandenburg, Träger der Stiftung

Prof. Karl Schlögel: MAZ. Historiker Karl Schlögel kritisiert eine Entscheidung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. link