Stellungnahme Roderich Kiesewetter, Mitglied des Bundestages (CDU)

vom 18.9.2023

"Ich teile die Einschätzung von Karl Schlögel, mit dem ich auch bei Anne Will zu Gast war, der schreibt, insbesondere in Deutschland habe man sich schwergetan, die Erfahrungen der Ost- und Mitteleuropäer zur Kenntnis oder gar ernst zu nehmen. Der zentrale Satz in seiner Replik zu der von Ihnen angesprochenen Veranstaltung ist meiner Meinung nach folgender: „Man will nicht wahrhaben, dass auf die Befreiung Ostmitteleuropas von deutscher Wehrmacht und SS nicht die Entlassung in Unabhängigkeit und Freiheit folgte, sondern eine andere Diktatur, die bis zum Ende der Sowjetunion andauern sollte.“

Historisches Gedenken ist kein abstraktes Konzept, sondern schafft ein Bewusstsein für aktuelle zeithistorische Vorgänge und lässt Entwicklungen verstehen. Umso wichtiger wäre es gerade in Zeiten wie diesen, in denen zwei Flugstunden von Berlin entfernt ein furchtbarer Krieg tobt und Populisten von links und rechts immer mehr Zulauf erhalten, angemessen zu gedenken, einzuordnen und auch zu diskutieren. Es ist aber keinesfalls gut, wenn wir, um es nochmal mit Karl Schlögel zu sagen, „in düsteren Zeiten (…) mit Raumverboten arbeiten.“

Roderich Kiesewetter