Hat die Aufarbeitung versagt?

H-und-G.info-Kontroverse

Aus gegebenem Anlass haben wir mehrere „Aufarbeiter/innen“ gebeten, ein Kurzstatement bzw. einen Kurzbeitrag zum Thema „Hat die Aufarbeitung versagt?“ für die Rubrik -H-und-G.info-Kontroverse zu verfassen.

Beiträge

Anna Kaminsky. Ist die Aufarbeitung gescheitert. Nein, aber Aufarbeitung muss sich ständig weiterentwickeln…

Martina Weyrauch. Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung, Brandenburg

Martin Jander. Nach Auschwitz: Schwieriges Erbe DDR

Christian Booß. Thesen

Martin Böttger. Aufarbeitung der Währungsunion und Rechtsruck in Ostdeutschland

Leserbriefe, Stellungnahmen, Artikelangebote zum Thema: hier...

Anmerkung der Herausgeber

Der Anlass ist eigentlich selbsterklärend. Im „Osten“, also der früheren DDR, unterstützt laut Umfragen und z.T. in Wahlen ein Drittel der Bevölkerung, gerade viele junge Menschen,  deutlich überproportional eine Partei, an deren Spitze z.T. dominierend Demokratieverächter stehen, die die rechtsstaatlich verfasste parlamentarische Demokratie abschaffen zumindest deutlich deformieren wollen. Auch  die letzten Landtagswahlen zeigen, dass das rechte Potential in Ostdeutschland deutlich größer und v.a. radikaler ist, als im Westen der Republik.

Immer hieß es: Wir müssen uns mit der Vergangenheit beschäftigen, um die (demokratische) Gegenwart und Zukunft zu gestalten. Dieses Mantra fällt der DDR-Aufarbeitung gerade auf die Füße. Die Frage stellt sich daher geradezu zwangsläufig: Hat die Aufarbeitung versagt? Hat sie nicht gegriffen und überzeugt? Oder hat sie sogar mit falschen Mitteln agiert? Oder ist sie überflüssig? Oder muss sie bei Zielen und Methoden nachsteuern?

Als die Diskussionen zum „rechten Rand“ der Aufarbeitung aufkamen, meinten viele, sich noch wegducken zu können. Die Frage, ob die Aufarbeitung versagt habe, sei falsch gestellt, sie könne der Aufarbeitung nur schaden. So einfach wird man derzeit nicht davon kommen. Denn es geht angesichts solcher Umfragewerte auch um die Frage, ob die Ressourcen für die politische Bildung, und das ist Aufarbeitung letztlich auch (auch wenn das aus Abgrenzungsgründen immer verneint wird), richtig verteilt sind. Wenn wir diese Frage nicht selber beantworten, werden es andere tun.

Zu unserer Überraschung waren die Rückläufe zu Artikeln sehr „überschaubar“. Um es deutlich zu machen. Von den angeschriebenen Gedenkstätten und Erinnerungsorten bekamen wir bisher keine Einsendung, von den drei ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen antworteten zumindest zwei, (einer im Namen des ehemaligen Bundespräsidenten), die sich mit zeitlichen Problemen entschuldigten, einer reagierte gar nicht. Die Landesbeauftragten verwiesen alle auf ihre zeitlichen Probleme. Auch die Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM), sonst schnell mit Äußerungen zur political correctness dabei, hat keine Zeit, ihre Mitarbeiter verweisen zudem noch auf die gebotene Staatsferne gegenüber ihren nachgeordneten Einrichtungen, insbesondere den Stiftungen. Allerdings hatten wir nicht um eine Weisung, sondern einen inhaltlichen Beitrag oder ein Statement gebeten. BKM ist immerhin bundesseitig für die Finanzierung der meisten Bundesinitiativen zum Thema Aufarbeitung zuständig.

Normalerweise würden wir eine solche Anfragenbilanz nicht so detailliert auflisten. Es geht auch nicht darum, Personen anzuzählen. Wir waren nur echt überrascht. Denn ursprünglich sind wir davon ausgegangen, dass eigentlich alle Träger der politischen Bildung/Aufarbeitung -speziell in Ostdeutschland- gegenüber ihren Aufsichtsgremien bzw. ihrem Team die von uns aufgeworfene Frage beantworten können müßten, bzw. schon beantwortet haben und es von daher kaum Zeit und Mühe kosten dürfte, uns einen kleinen Text bzw. ein Statement zu schicken. Die Häufung dieser Absagen läßt uns, ohne dass wir Böses unterstellen wollen, vermuten, dass wir uns geirrt haben. Dass die meisten von uns angefragten einfach keine Antwort zu dem Thema parat haben, ob die Aufarbeitung angesichts des erstarkten, demokratiefeindlichen Rechtspopulismus versagt hat. Und wie man darauf reagieren müßte. Das freilich wäre ein Mißstand, der auch angesichts der vielen Gelder, die in diesen Bereich fließen, durchaus zu beklagen wäre.

Umso dankbarer sind wir, dass sich dann doch einige Protagonisten aus der Aufarbeitung/Politischen Bildung gefunden haben, die einen Aufschlag gewagt haben. Auch wenn der eine oder andere Beitrag oder das eine oder andere Argument sicher Widerspruch hervorrufen dürften, sie geben auch nicht die Meinung der H-und-G.info-Redaktion wieder, hoffen wir damit eine Debatte anstoßen zu können. Während der Rechtspopulismus sich lange Zeit in Dimensionen bewegt hat, wo man sich noch damit rausreden konnte, dass jede Gesellschaft solch einen Bodensatz hat, sind die heutigen Dimensionen und Ausprägungen so, dass man sie u.E. nicht mehr beschweigen darf und sich gerade als politischer Bildner/Aufarbeiter dieser Herausforderung stellen muss.

Beiträge

Anna Kaminsky. Ist die Aufarbeitung gescheitert. Nein, aber Aufarbeitung muss sich ständig weiterentwickeln…

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