"Gastarbeiter" beim MfS: West-IM nichtdeutscher Herkunft[1]

Von Georg Herbstritt[2]

Wenn von den West-Agenten der DDR-Staatssicherheit die Rede ist, stehen zumeist ganz bestimmte Berufs- und Bevölkerungsgruppen im Mittelpunkt des Interesses: Sekretärinnen, die von "Romeos" zur Spionage verleitet wurden, Studenten der 68er Generation, die als ideologisch verblendete Überzeugungstäter inoffiziell in den Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) traten oder bundesdeutsche Geheimdienstmitarbeiter, die als Profis heimlich die Seite gewechselt hatten. Die "West-Arbeit" des MfS in der Bundesrepublik zielte jedoch nicht nur darauf ab, geheime Informationen aus den Schaltstellen der Macht zu gewinnen. Sie war vielmehr auf eine umfassendere Präsenz des MfS in der Bundesrepublik ausgerichtet. Diese Zielstellung brachte es mit sich, dass das MfS aus allen Teilen der bundesdeutschen Gesellschaft inoffizielle Mitarbeiter (IM) rekrutierte. Betrachtet man die zuletzt - vorsichtig geschätzt - rund 3.500 West-IM des MfS unter soziologischen Gesichtspunkten, so kann man feststellen, dass diese Gruppe in mehrerer Hinsicht eher ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt, als dass sie einen elitären Kreis repräsentiert.

Zu den gesellschaftlichen Realitäten in der Bundesrepublik der achtziger Jahre gehörte die zunehmende, wenngleich durchaus mit Schwierigkeiten behaftete Integration ausländischer Mitbürger in die Gesellschaft. Ende 1989 betrug der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung in Westdeutschland immerhin 7,7 Prozent.[3] Auf diese Entwicklung stellte sich das MfS auf seine ihm eigene Weise ein: Man machte sich zunehmend mit dem Gedanken vertraut, dass West-Arbeit in der Bundesrepublik ohne die Anwerbung von dort lebenden Ausländern unvollständig bleiben würde und rekrutierte daher zunehmend auch in dieser Bevölkerungsgruppe inoffizielle Mitarbeiter. Zuletzt besaßen rund fünf Prozent aller West-IM in der Bundesrepublik eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Diese Zahl ergibt sich zumindest dann, wenn man die Ergebnisse der nach 1989 durchgeführten Prozesse in Sachen DDR-Spionage auswertet: Rund 500 der Ende der achtziger Jahre noch aktiven West-IM wurden in den neunziger Jahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit oder Landesverrat angeklagt, unter ihnen 25 ausländische Staatsbürger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik einschließlich West-Berlins.[4]

Betrachtet man die Arbeit des MfS mit Ausländern und gegen Ausländer in beiden deutschen Staaten eingehender, so fällt zunächst auf, wie selbstverständlich das MfS in seinem täglichen Geschäft vom Fortbestand einer deutschen Nation ausging. Zwar wurde in einschlägigen Dokumenten und in Anlehnung an das Ausländergesetz der DDR immer wieder betont, dass Ausländer jeder sei, der nicht die DDR-Staatsbürgerschaft besitze.[5] Zugleich verwiesen interne Ausarbeitungen des MfS aber auch in den achtziger Jahren noch auf Regelungen im DDR-Recht, wo für Bundesbürger und West-Berliner andere Rechte und Pflichten galten als für sonstige Ausländer. Derartige Feststellungen wurden dann mit dem fast beschwörenden Zusatz versehen, dass trotz dieser Besonderheiten auch "BRD-Bürger und Westberliner ... als Ausländer zu betrachten" seien.[6] In der praktischen Arbeit hatte sich beim MfS aber ganz offensichtlich eine Dreiteilung der Welt durchgesetzt bzw. erhalten: Da gab es zum einen DDR-Bürger, zum zweiten BRD-Bürger und West-Berliner und zum dritten gab es Ausländer. In vielen MfS-Unterlagen wurde die Bundesrepublik weder als Inland noch Ausland behandelt, sondern als etwas eigenes.[7] Bundesbürger, einschließlich der Bürger West-Berlins, galten im MfS "als eine für die politisch-operative Arbeit besondere Kategorie von Ausländern", die daher MfS-intern anderen Befehlen, Weisungen und Verantwortlichkeiten unterlagen.[8] Wenn im folgenden mit dem Wort "Ausländer" die nichtdeutschen Staatsangehörigen in beiden deutschen Staaten umschrieben werden, so entspricht das durchaus auch der Sicht und dem Sprachgebrauch des MfS.

Aus der Perspektive des MfS gab es verschiedene Gründe, weshalb Ausländer in der Bundesrepublik als inoffizielle Mitarbeiter angeworben werden sollten. Dabei vermischten sich verschiedene Ebenen, nämlich DDR-intern, innerdeutsch und international ausgerichtete Zielsetzungen. In der Sprache des MfS hieß das: "Der Ausländeraufenthalt in der DDR muss grundsätzlich in engen, direkten Zusammenhang mit dem Ausländeraufenthalt im OG [Operationsgebiet BRD/West-Berlin] gesehen werden, er lässt sich in seinen op[erativen] Auswirkungen nicht trennen."[9]

Unter DDR-internen Gesichtspunkten ging es unter anderem um die Frage, inwiefern Ausländer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik bei ihren Einreisen in die DDR ein Gefährdungspotenzial darstellten. Insbesondere Staatssicherheitsminister Erich Mielke ging diesbezüglich von einem negativen Ausländerbild aus. Schon zu Beginn der siebziger Jahre formulierte er die Befürchtung, gerade von West-Berlin aus könnten "viele asoziale und kriminell angefallene Ausländer" bei ihren Besuchen in Ost-Berlin die Sicherheit in der DDR gefährden. Er dachte dabei vor allem an die zahlreichen Gastarbeiter und sprach davon, es sei "nicht einfach, diese Leute zumindest so weit unter Kontrolle zu halten, dass sie uns keinen Schaden zufügen können."[10] Den sogenannten Ausländerbefehl Mielkes aus dem Jahre 1981 fasste die MfS-Hauptabteilung II als Aufforderung auf, mehr inoffizielle Mitarbeiter unter den Ausländern gerade in West-Berlin zu werben, um "von dort ausgehende feindliche und politisch schädigende Aktivitäten gegen die DDR" zu verhindern. Damit sollten die in der DDR lebenden Ausländer vor Einflüssen ihrer im Westen lebenden Landsleute abgeschirmt werden.[11] Zugleich sollten auf diese Weise Nationalitätenkonflikte und andere Auseinandersetzungen unter Ausländern vom Gebiet der DDR ferngehalten werden.[12] Ferner wurden Ausländer auch zur Überwachung der DDR-Bevölkerung eingesetzt.[13] Und schließlich kamen im Jahre 1981 innerhalb des MfS Befürchtungen auf, US-Geheimdienste planten Anschläge auf sowjetische Militäreinrichtungen in der DDR und würden dafür Ausländer, vor allem Bürger arabischer Staaten, einsetzen.[14]

Eine innerdeutsche Dimension hatte die Anwerbung von Ausländern durch das MfS, weil das MfS sich ihrer bediente, um bestimmte bundesdeutsche Institutionen auszuspionieren. Dazu gehörten die verschiedensten Ausländerbehörden, Polizeidienststellen und die Ämter für Verfassungsschutz, aber auch Rechtsanwälte und Vereine, die die Interessen ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger vertraten, bis hin zur "Gesellschaft für bedrohte Völker" und verschiedenen Universitäten.[15]

Über den innerdeutschen Rahmen hinaus gehen all jene Fälle, in denen Ausländer in der Bundesrepublik angeworben wurden, weil sie leichter Zugang zu Einrichtungen ihrer Heimatländer in der Bundesrepublik hatten. Von besonderer Bedeutung waren hierbei Militäreinrichtungen der Nato-Staaten sowie andere Dienststellen namentlich der drei Westmächte.[16]

Am Beispiel der türkischen Staatsbürger lassen sich diese Ebenen und Dimensionen gut veranschaulichen. Zu Beginn der achtziger Jahre lebten alleine in West-Berlin rund 115.000 türkische Staatsangehörige, in der gesamten DDR hingegen nur 94. Aus geheimdienstlicher Sicht stellten die wenigen Türken in der DDR schon deshalb eine beachtenswerte Gruppe dar, weil ihre Landsleute im Westen Deutschlands so stark vertreten waren und es Verbindungen zwischen den Türken in beiden Teilen Deutschlands gab. Doch auch ohne diese innertürkischen Verbindungen machte sich die starke türkische Präsenz in der Bundesrepublik und vor allem in West-Berlin in der DDR bemerkbar.[17] Beispielsweise kamen aus West-Berlin monatlich 6.000 Türken zu Tagesaufenthalten nach Ost-Berlin. Dass sie dabei, wie andere Besuchergruppen auch, mitunter gegen Zoll- und Devisenbestimmungen der DDR verstießen oder gelegentlich in Rauschgiftdelikte verwickelt waren, dürfte für das MfS noch das geringste Problem dargestellt haben. Problematischer waren da schon die vielen, "operativ kaum zu kontrollierenden Kontakte" zu jungen Ost-Berlinerinnen. "Hunderte Kontaktanschriften und Telefonnummern von DDR-Bürgerinnen", so eine Bilanz der Hauptabteilung II aus dem Jahre 1981, stellten die DDR-Grenzkontrolleure jährlich bei den ein- und ausreisenden Türken fest. Eine ernsthafte Bedrohung der staatlichen Sicherheit sah das MfS immer dann heraufziehen, wenn aus diesen Begegnungen bei den DDR-Bürgerinnen der Wunsch entstand, in den Westen überzusiedeln. Dann wurden aus ihnen "gesetzwidrige Antragsteller zum Verlassen der DDR" oder "Schleusungskandidaten" für "kriminelle Menschenhändlerbanden" mit Verstößen gegen die Paragrafen 105 und 213 des DDR-Strafgesetzbuches.[18] Um derart motivierte Fluchtvorhaben zu verhindern, warb das MfS auch unter den West-Berliner Türken inoffizielle Mitarbeiter an. Im MfS verglich man die Ausländer, die sich in der DDR bewegten, wörtlich mit "Fliegenfängern": Wie bei den klebrigen Hängestreifen in Wohnungen flogen ihnen bestimmte Personengruppen gleichsam von alleine zu und gingen ihnen auf den Leim. So das zynische Bild des MfS, das hierbei neben den Ausreisewilligen vor allem auch politisch unzufriedene, kritische Mitbürger im Auge hatte.[19]

Das MfS interessierte sich ferner sehr stark für die jeweilige politische Anbindung der einreisenden Türken. In den siebziger Jahren und auch noch nach dem Militärputsch im September 1980 hatten sich verschiedene politische Gruppierungen in der Türkei bekämpft und ihre Konflikte auch im Ausland ausgetragen. Anschläge auf türkische Auslandsvertretungen, Reisebüros und ähnliche Einrichtungen und eine Flugzeugentführung sorgten international für Aufsehen.[20] Auch in West-Berlin standen sich islamische sowie rechts- und linksextremistische Gruppen gegenüber; im Januar 1980 töteten islamisch-fundamentalistisch oder rechtsextrem ausgerichtete Türken bei einer Straßenschlacht in Berlin-Kreuzberg ihren Landsmann, den Berufsschullehrer Celalettin Kesim.[21] Kesim gehörte nach Erkenntnissen des MfS der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) an, für deren Schutz und Unterstützung die MfS-Hauptabteilung II zuständig war.[22] In dieser Situation gehörte es aber auch zu den Aufgaben des MfS, mögliche Attentate auf die türkische Botschaft in Ost-Berlin zu verhindern. Und angesichts von 40.000 türkischen Staatsbürgern, die jährlich über den DDR-Flughafen Berlin-Schönefeld in die Türkei reisten, rückte auch die Gefahr von Flugzeugentführungen in eine realistisch erscheinende Nähe.[23]

Brisanter war indes die Tatsache, dass die Türkische Kommunistische Partei (TKP) seit 1957 ihren Sitz in der DDR hatte. Weil die TKP in der Türkei verboten war, residierten der Generalsekretär der TKP, Ismail Bilen, und mehrere Politbüro- und ZK-Mitglieder in Leipzig. Bilen tarnte sich dort als bulgarischer Staatsbürger. Von den 94 Türken in der DDR zählten 38 zum Kreis der TKP-Angehörigen. Numerisch wäre das eine zu vernachlässigende Größe. Allerdings stellte die DDR den türkischen Kommunisten im Rahmen des so genannten proletarischen Internationalismus umfangreiche logistische Unterstützung bereit. Dazu gehörten eine Druckerei und ein Rundfunkstudio sowie Räumlichkeiten in Ost-Berlin, um die Untergrundarbeit in West-Berlin, der Bundesrepublik und Westeuropa zu fördern.[24] Neben anderen hatte auch Celalettin Kesim zu den Unterstützern der TKP in West-Berlin gehört.[25]

Die krisenhafte Situation in der Türkei und unter den Auslandstürken und die von DDR-Seite gewollte und geförderte Involvierung der TKP in diese Auseinandersetzungen veranlassten das ZK der SED und das MfS im Jahr 1978, die Schutzmaßnahmen zur persönlichen Sicherheit des TKP-Generalsekretärs zu verstärken. Dazu gehörte unter anderem ein Auftrag an die MfS-Hauptabteilung VI: "Alle Hinweise auf Einreisen von türkischen Bürgern in die DDR, die im Verdacht stehen, terroristischen Kreisen anzugehören, [werden] sofort der HA II mitgeteilt, um sofort geeignete operative Maßnahmen zum wirksamen Schutz des Generalsekretärs der TKP und der Botschaft der Türkei in der DDR einzuleiten."[26]

Spätestens an dieser Stelle schließt sich im Sicherheitsdenken des MfS ein Kreis: Die Passkontrolleure der Hauptabteilung VI konnten diese Aufgabe an den Grenzübergängen nur dann erfüllen, wenn über die einreisenden Türken entsprechende Informationen schon vorlagen. Das wiederum setzte interne Kenntnisse aus den extremistischen türkischen Organisationen in der Bundesrepublik und vor allem in West-Berlin voraus. Alleine in Berlin-Kreuzberg zählte das MfS zwanzig türkische "faschistisch-nationalistische, rechtsradikale und religiös-fanatische Tarnorganisationen", daneben in ganz West-Berlin mehrere Dutzend anderer moslemischer Vereinigungen mit "islamisch-militanter" Ausrichtung.[27] In dieser Situation bevorzugte das MfS "Ausländer-IM" (IMA), weil es davon ausging, mit ihrer Hilfe "leichter oder überhaupt erst in die Konspiration feindlicher Ausländer bzw. Ausländergruppierungen und -organisationen" eindringen zu können.[28] Ein messbares Ergebnis dieses Vorgehens bestand darin, dass im März 1981 immerhin 1.200 türkische Staatsbürger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik, einschließlich West-Berlin, in den Fahndungslisten der MfS-Hauptabteilung VI standen. Darunter befanden sich Personen, die gegen DDR-Gesetze verstoßen hatten ebenso wie solche, die vermeintlich oder tatsächlich extremistischen oder terroristischen Gruppierungen angehörten. Für viele von ihnen bedeutete das vor allem ein Einreiseverbot in die DDR. Türkische Staatsangehörige bildeten damit die größte Ausländergruppe in den Fahndungslisten des MfS.[29] Im Sommer 1981 führte das MfS die "Aktion Ankara" durch, unterzog türkische Staatsbürger bei ihrer Einreise in die DDR verstärkt Kontrollen und verwehrte vielen Türken zeitweise die Einreise in die DDR. Nach MfS-Erkenntnissen verunsicherte diese Maßnahme viele Türken in West-Berlin und führte dort zu gegenseitigen Verdächtigungen, mit den DDR-Sicherheitsorganen zusammenzuarbeiten.[30]

Die verschiedenen extremistischen Ausländer- bzw. Immigrantenorganisationen standen bekanntermaßen auch im Blickfeld der bundesdeutschen Verfassungsschutzämter.[31] Auch Asylbewerber gehörten nach MfS-Erkenntnissen in der Bundesrepublik zu den nachrichtendienstlich interessierenden Personengruppen. Daneben beobachteten die Geheimdienste der jeweiligen Herkunftsstaaten, beispielsweise der türkische Auslandsnachrichtendienst MIT, die jeweils "eigenen" Landsleute im Ausland.[32] Unter den potenziellen "Ausländer-IM" bestand daher eine vergleichsweise große Wahrscheinlichkeit, dass auch andere Geheimdienste auf sie aufmerksam wurden oder sie anzuwerben versuchten. Daher strebte das MfS an, Ausländer-IM sowohl gegen einschlägige Immigrantenorganisationen als auch gegen andere Nachrichtendienste einzusetzen.[33] Die Anforderungen des MfS an künftige IM dieser Einsatzrichtung beinhalteten in Berlin grundsätzlich, die entsprechende Staatsbürgerschaft zu besitzen, über einen gesicherten Aufenthaltsstatus in West-Berlin zu verfügen, hier mit den allgemeinen Gegebenheiten gut vertraut zu sein und in gesicherten finanziellen Verhältnissen zu leben, die deutsche Sprache gut zu beherrschen sowie "Bezugspunkte" nach Ost-Berlin zu haben, um regelmäßige Grenzübertritte plausibel zu machen. Sofern ein IM-Einsatz in speziellen Bereichen wie Ausländerpolizei und universitäre Ausländerbetreuungsstellen sowie unter Dolmetschern und Rechtsanwälten vorgesehen war, wo das MfS von der Präsenz des West-Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) ausging, sollten die IM zudem möglichst Studenten der Freien oder der Technischen Universität Berlin sein oder als Dolmetscher für die genannten Einrichtungen arbeiten und nicht mit politischem oder gewerkschaftlichem Engagement aufgefallen sein. Wenn es primär darum ging, "extremistische Ausländerorganisationen" auszuspionieren, dabei aber auch die Sicherheitsbehörden und Senatsdienststellen in West-Berlin im Blick zu haben, erwartete das MfS von den künftigen IM zudem einen großen Bekanntenkreis unter den eigenen Landsleuten und "aktive Mitarbeit" in entsprechenden Organisationen.[34]

Inwieweit das MfS seine diesbezüglichen Absichten realisieren konnte, bleibt offen. Vor bundesdeutschen Gerichten mussten sich nach 1989 lediglich drei türkische Staatsbürger wegen Spionage für die DDR verantworten.[35] Das erscheint einerseits wenig, zumal angesichts der Bedeutung, die ihnen das MfS beigemessen hatte; andererseits hielten sich viele Führungsoffiziere bei der Anwerbung von "Ausländer-IM" auch noch in den achtziger Jahren zurück, weil sie darin lediglich eine Möglichkeit für bestimmte Ausnahmefälle erblickten.[36]

Die drei Anklageschriften erfassen dennoch eine ganze Reihe der hier angesprochenen Aspekte. Bezeichnend ist, dass die drei türkischen IM von verschiedenen Diensteinheiten des MfS geführt wurden, und zwar auf den Linien II, VI und XXII, womit die MfS-Bereiche Spionageabwehr, grenzüberschreitender Verkehr und Terrorabwehr abgedeckt und damit drei der wichtigsten Einsatzfelder benannt sind.[37]

Die Abteilung II der MfS-Bezirksverwaltung Berlin war auf den späteren IM "Taruk" erstmals 1979 aufmerksam geworden, als dieser in Friedrichsfelde im Ost-Berliner Bezirk Lichtenberg MfS-Liegenschaften fotografierte. Er geriet dadurch unter Spionageverdacht, der sich jedoch nicht erhärten ließ. Daher stellte die Abteilung II die eingeleitete operative Personenkontrolle nach zwei Jahren ein.[38] Zwischenzeitlich hatte er in Ost-Berlin eine Frau kennen gelernt, die ihm schließlich in den Westteil der Stadt folgen durfte. Bei späteren Einreisen fiel er wegen kleiner Schmuggelgeschäfte auf und erhielt Einreiseverbot in die DDR, das 1985 im Gegenzug für seine IM-Verpflichtung wieder aufgehoben wurde. Bis Herbst 1989 traf er sich nun ein- bis zweimal im Monat mit seinem Führungsoffizier in Ost-Berlin. Auftragsgemäß lieferte er Personenabklärungen und umfassende Informationen über das türkische Leben in West-Berlin, angefangen von Studentenwohnheimen und unpolitischen Elterninitiativen über das türkische Konsulat bis hin zu den rechtsradikalen "Grauen Wölfen". Daneben berichtete er auch über eine Frau aus Ost-Berlin, die mit einem Türken befreundet war und nach West-Berlin überzusiedeln beabsichtigte.[39]

Die Hauptabteilung VI stieß auf den künftigen IM "Kemal", als sie im Frühjahr 1981 "zielgerichtete Filtrierungsmaßnahmen nach IM-Kandidaten unter in Berlin (West) lebenden türkischen Staatsbürgern" durchführte.[40] Sie strebte seine Anwerbung an, weil er über gute Deutschkenntnisse sowie vielfältige Kontakte in West-Berlin verfügte. Außerdem sympathisierte er mit sozialistischen Ideen und lehnte die restriktive Ausländerpolitik in der Bundesrepublik ab, so dass die Anwerbung noch im selben Jahr kein Problem darstellte. Als gerade um diese Zeit seine Aufenthaltsgenehmigung in West-Berlin auslief und eine Abschiebung in die Türkei drohte, unterstützte ihn das MfS in Ost-Berlin bei seiner Suche nach einer heirats- und übersiedlungswilligen DDR-Bürgerin, indem es ihm bei seiner Suche in keiner Weise behinderte und der von ihm erwählten Ost-Berlinerin ohne Probleme die Ausreise genehmigte. Die Heirat und ihr anschließender Umzug nach West-Berlin sicherten ihm tatsächlich den Aufenthalt und dem MfS einen willigen West-Agenten. Zuvor hatte man in der Hauptabteilung VI erwogen, ihm in seinen türkischen Pass eine gefälschte Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik einzutragen. Davon wurde aber aus "Sicherheitsgründen" schließlich Abstand genommen. Bis in den Herbst 1989 hinein traf er sich monatlich mit seinem Führungsoffizier in Ost-Berlin, um ihm die Ergebnisse seiner zahlreichen Haus- und Gaststättenaufklärungen, Mieterüberprüfungen und Adressenabklärungen zu übermitteln, die sich gleichermaßen gegen türkische und deutsche West-Berliner richteten. Das MfS setzte ihn gegen vermeintliche Fluchthelfer, Drogenschmuggler, politische und unpolitische türkische Vereinigungen und übergesiedelte DDR-Bürger ein sowie im Rahmen eines operativen Vorganges gegen Westberliner Polizei- und Zolldienststellen.[41]

Die Abteilung XXII warb ihren nachmaligen Informanten "Piero" in einem DDR-Gefängnis. Er war in Ost-Berlin gefasst worden, als er einen entlassenen hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter bei dessen Fluchtvorbereitungen unterstützte. Der 1. Strafsenat eines DDR-Bezirksgerichts verurteilte "Piero" zu einer mehrjährigen Haftstrafe. Die damalige Urteilsbegründung berücksichtigte straferschwerend auch dessen Teilnahme an DDR-kritischen, antikommunistischen Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen für die Opfer der Mauer in West-Berlin und wertete sie als "staatsfeindliche Hetze", so als ob auch der Westteil Berlins den strafrechtlichen Normen der DDR unterlegen hätte. Aus Furcht vor neuen Repressionen durch die DDR-Sicherheitsorgane berichtete er dem MfS nach seiner Haftentlassung bis Ende 1989 bei regelmäßigen Treffen in Ost-Berlin insbesondere über rechtsextreme türkische Vereinigungen wie die "Grauen Wölfen" und "Milli Görüs", beobachtete DDR-Bürger bei Besuchen in West-Berlin und verriet Fluchtpläne aus der DDR. Seine Angaben über die "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte" (IGfM) gingen auch Erich Mielke zu, und mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Ministers wurden sie von der Abteilung X der HV A propagandistisch aufbereitet und entsprechend verzerrt gegen die IGfM öffentlich in Umlauf gebracht.[42]

Türkische Staatsbürger in Diensten der HV A kommen in den Anklageschriften der neunziger Jahre nicht vor. Dennoch hat es sie gegeben, wie der bekannte Spionagefall Hüseyin Yildirim offenbarte. Yildirim arbeitete als Automechaniker in West-Berlin in einer US-amerikanischen Einrichtung. Zu Beginn der achtziger Jahre ließ er sich, vor allem aus finanziellen Gründen, von der Abteilung IX der HV A anwerben. Auftragsgemäß gelang es ihm, einen US-Offizier der amerikanischen Abhörstation auf dem West-Berliner Teufelsberg, James Hall, gegen hohe Geldbeträge zu umfassenden und wertvollen Informationslieferungen zu veranlassen. Doch schon 1988 wurden beide von der CIA enttarnt und 1989 in den USA zu hohen Haftstrafen verurteilt.[43]

Eine andere Anklageschrift, die sich allerdings gegen einen iranischen Staatsbürger richtete, fügt dem hier dargestellten Spektrum noch einige wichtige Aspekte hinzu. Der inoffizielle Mitarbeiter "Amir" spionierte von 1975 bis 1989 aus politischer Überzeugung in beiden Teilen Berlins nacheinander für die Abteilungen 5, 8 und AG A innerhalb der Hauptabteilung XX. Kurzzeitig, bis zur islamischen Revolution im Iran 1979, lieferte er Informationen über iranische Geheimdienstaktivitäten in West-Berlin. Ausführlich berichtete er über seine Landsleute in West-Berlin, auch über deren Vorhaben, Freundinnen zur Flucht aus der DDR zu verhelfen. Für einige der Betroffenen führte das zu Festnahmen und Verurteilungen in der DDR. Im Auftrag des MfS und des Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz spähte er die Initiative "100.000 Partnerschaften - West/Ost" und die dahinterstehende trotzkistische "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA) aus, die das DDR-System im Sinne Leo Trotzkis als stalinistisch ebenso ablehnte, wie sie das kapitalistische System des Westens zu überwinden trachtete. Seine Funktion als Zuträger des LfV nutzte er zugleich dazu, das LfV für seine Ost-Berliner Hauptauftraggeber auszuspionieren. Darüber hinaus bezog das MfS von "Amir" Insiderinformationen aus der West-Berliner "Alternativen Liste", über deren DDR-Kontakte sowie unmittelbar aus Ost-Berliner Oppositionellenkreisen. Noch im Herbst 1989 berichtete er über seine Begegnungen mit den Initiatoren des "Neuen Forums" und anderer Bürgerrechtsgruppen, Bärbel Bohley und Ulrike Poppe, die er teilweise schon seit einigen Jahren in Ost-Berlin besucht und ausgehorcht hatte. Aufgrund seiner "wertvollen Informationen, die mit dazu beitrugen, feindliche Aktivitäten zu verhindern", sollte er nach dem Willen seines Führungsoffiziers aus Anlass des 40. Jahrestages des MfS im Februar 1990 mit der Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee (NVA) in Silber und einem Geldgeschenk in Höhe von 1.000 DM ausgezeichnet werden. Doch der Umbruch in der DDR ließ es dazu nicht mehr kommen.[44]

Die hier beschriebenen Agentenfälle zeigen am Beispiel einer bestimmten Gruppe von Ausländern ein breites Spektrum dessen, was die Einsatzfelder der so genannten Ausländer-IM waren. Insgesamt kristallisieren sich in den MfS-Unterlagen aber drei große, "operativ interessierende" Ausländergruppen heraus. Dabei gab es mehrfache Überschneidungen. Die wichtigste Gruppe hinsichtlich der Verratsgegenstände waren die Bürger aus Nato-Mitgliedsstaaten. Sie galten gleichermaßen aus Sicht der Auslandsspionage, der Spionageabwehr, der Militär- und der Wirtschaftsspionage als bedeutend. Es ist kein Zufall, dass sie im schon erwähnten "Ausländerbefehl" Erich Mielkes aus dem Jahre 1981 an erster Stelle genannt werden.[45] Dabei konzentrierte sich der "Ausländerbefehl" eingangs auf die mögliche Bedrohung und die potenziellen Gefahren, die beispielsweise von einreisenden "Nato-Ausländern" in der DDR ausgehen könnten. Sie galten stets als potenzielle Spione ihrer Heimatländer. Auf der anderen Seite ging es dem MfS darum, die spezifischen Zugangsmöglichkeiten und Karrierechancen ausländischer Staatsbürger für die eigene Spionagetätigkeit auszunutzen. Gegen die Skepsis vieler MfS-Hauptamtlicher gegenüber der Anwerbung von Ausländern als IM wurde immer wieder argumentiert, dass gerade die so genannten Ausländer-IM "bei politisch-operativ klugem und umsichtigem Handeln mitunter Unglaubliches leisten" könnten.[46]

Als zweite große Ausländergruppe lassen sich die Bürger neutraler Staaten benennen. Sie gerieten beispielsweise in den Blick des MfS, wenn sie sich als Mitarbeiter von Firmen ihrer Heimatländer in der DDR aufhielten, um an der Durchführung von Großprojekten, insbesondere auf dem Bau oder in der Industrie, mitzuwirken. Folgerichtig spielten sie für die Wirtschaftsspionage eine gewisse Rolle, aber während ihres Aufenthaltes in der DDR nutzte das MfS sie auch in der schon beschriebenen Funktion als "Fliegenfänger" und setzte sie gegen DDR-Bürger ein.[47]

Bei der dritten großen Ausländergruppe handelt es sich um Bürger aus den wichtigsten Herkunftsstaaten der Gastarbeiter in der Bundesrepublik sowie um Bürger aus islamischen Ländern. Exemplarisch hierfür steht die beschriebene geheimdienstliche Agententätigkeit türkischer Staatsbürger in West-Berlin.[48]

Das Strafgesetzbuch räumte der Justiz in den vorliegenden Fällen einen gewissen Entscheidungsspielraum ein. Wenn Deutsche oder Ausländer für einen fremden Geheimdienst in der Bundesrepublik ausschließlich ausländische Institutionen und Mitbürger ausforschen, bleibt das so lange straffrei, so lange nicht wenigstens indirekt bundesdeutsche Belange berührt werden. So regelt es § 99 des Strafgesetzbuches, in dem es um die "geheimdienstliche Agententätigkeit" geht. Strafbar ist dieser Bestimmung zufolge hingegen stets die Spionage gegen Nato-Einrichtungen ausländischer Staaten in der Bundesrepublik.[49] Aber auch in anderen Bereichen können die Gerichte Interessen der Bundesrepublik zumindest mittelbar verletzt sehen. So kam der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 22. September 1980 zu der Feststellung, dass Spionage gegen Ausländerorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland "in der Regel" den Tatbestand des § 99 I Nr. 1 erfüllt.[50]

Die nach 1989 erhobenen Anklagen scheinen diese Bereiche indes nur zum Teil abzudecken. So wurde gerade die Spionage der HV A gegen ausländische Militäreinrichtungen, wie im Falle von James Hall, in Deutschland nicht so bekannt, weil sie von der Justiz der betroffenen Staaten verfolgt wurde.

Die wenigen, in den neunziger Jahren in Deutschland geführten Verfahren verweisen noch auf einen weiteren Aspekt: Das MfS warb in der DDR Ausländer an, um sie nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatstaaten weiterhin als Quellen zu nutzen. In welchem Umfang das geschah, ist nicht ersichtlich. Die bundesdeutsche Justiz konnte hier naturgemäß nur Ausnahmefälle aufgreifen. Die österreichischen Staatsbürger beispielsweise, die nach 1989 in der Bundesrepublik vor Gericht standen, mussten sich nicht deswegen verantworten, weil sie während ihrer beruflichen Tätigkeit in der DDR dem MfS über Firmeninterna, Arbeitskollegen und deren Kontakte zu DDR-Bürgerinnen und -Bürgern berichteten, sondern weil sie sich später in der Bundesrepublik niederließen und dort ihre Spionagetätigkeit fortsetzten. Wären sie aus der DDR nach Österreich zurückgekehrt, wäre ihre Geschichte in Deutschland nie Gegenstand einer strafrechtlichen Untersuchung geworden.

Wie groß das Potenzial für die Anwerbung ausländischer IM in der DDR theoretisch war, zeigt ein Blick in die Statistik. Nach Erkenntnissen des MfS hielten sich 1986 rund 111.000 Ausländer ("außer BRD-Bürger und Westberliner") längerfristig oder ständig in der DDR auf. Darunter befanden sich über 20.000 Bürger aus nichtsozialistischen Staaten, überwiegend aus den Entwicklungsländern, aber auch etwa 2.200 Bürger aus den Nato-Mitgliedsstaaten, ferner rund 1.200 Österreicher, 1.000 Schweizer und über 500 Japaner.[51] Hinzu kamen mehrere zehntausend Menschen, die sich mit kurzfristigen Aufenthaltsberechtigungen von unter sechs Monaten Dauer aus beruflichen Gründen in der DDR aufhielten.[52] Aus dem geheimdienstlichen Selbstverständnis des MfS heraus mussten diese Zahlen in zwei Richtungen gleichzeitig interpretiert werden. Die Präsenz ausländischer Staatsbürger in der DDR stellte demnach einerseits eine Bedrohung dar, da es sich bei diesen Menschen um potenzielle Vorposten imperialistischer Geheimdienste in der DDR handelte. Andererseits bedeutete sie aber auch eine Chance: Unter diesem Personenkreis ließen sich vergleichsweise unkompliziert inoffizielle Mitarbeiter anwerben, die dem MfS für seine Arbeit "im und nach dem Operationsgebiet" zur Verfügung stehen konnten. Denn bei diesen westlichen Staatsangehörigen vollzog sich der gesamte Anwerbungsprozess in der DDR, was für das MfS weniger Aufwand und Risiko bedeutete.[53]

Inwieweit das tatsächlich geschah, müsste anhand einzelner Länderstudien gründlich untersucht werden. Ebenso ungeklärt ist bislang die Frage, inwieweit Ausländer in der Bundesrepublik vom MfS als Informanten über ihre jeweiligen Herkunftsländer genutzt wurden oder nach Rückkehr in ihre Heimatländer dem MfS als Quellen dienten.[54] Die starke Präsenz türkischer Staatsbürger in der Bundesrepublik beispielsweise führte offenbar nicht dazu, dass das MfS in der Türkei ein größeres Agentennetz aufbaute. So sind in der Sira-Teildatenbank 12 der HV A insgesamt 3.996 Informationen mit dem Länderhinweis "Türkei" gespeichert. Den größten Anteil an diesem Informationsaufkommen hatte allerdings der bulgarische Geheimdienst, der der HV A 1.074 dieser auf die Türkei bezogenen Informationen lieferte, weitere 433 Informationen bezog die HV A vom KGB. 747 Informationen gelangten aus dem Umfeld von DDR-Auslandsvertretungen in der Türkei und Griechenland an die HV A. Aus West-Berlin informierten vor allem Verwaltungsangestellte und Landespolitiker das MfS inoffiziell unter anderem über deutsch-türkische Verhandlungen und die bilateralen Beziehungen.[55]

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die ausländischen West-IM, die in der Bundesrepublik für die DDR spionierten, für das auf Deutschland bezogene Spionagegeschehen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Kein einziger von ihnen hatte sich des Landesverrats schuldig gemacht. Keinen einzigen verortete die Justiz unter den Spitzenagenten des MfS im Westen. Keiner musste daher eine Haftstrafe antreten. Die Gerichte verurteilten 15 der angeklagten ausländischen West-IM zu Haftstrafen bis zu zwei Jahren, die stets zur Bewährung ausgesetzt wurden. In den übrigen Verfahren blieb das Strafmaß auf Geldstrafen beschränkt oder die Prozesse endeten überhaupt ohne Urteil, das heißt, sie wurden vor der Urteilsverkündung gegen Geldauflagen eingestellt. In diesen Resultaten spiegelt sich nicht zuletzt die soziale Stellung ausländischer Staatsbürger in der Bundesrepublik wieder: Die meisten von ihnen hatten zu etlichen, geheimdienstlich interessanten und gesellschaftlich relevanten Bereichen vor allem in Politik, Verwaltung und Militär keinen direkten Zugang.

Anmerkungen


[1] Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der Aufsatz erschien zuerst in Heft 1/2004 des Deutschland Archiv

[2] Dr. Georg Herbstritt ist Wissenschaftler im Bundesarchiv/Stasiarchiv u.a. mit Schwerpunkt MfS-Auslandsspionage und Rumänien.

[3] Statistisches Bundesamt (Hg.): Statistisches Jahrbuch 1991 für das vereinte Deutschland. Wiesbaden 1991, S. 72. Zum Vergleich: In der DDR betrug der Ausländeranteil damals 1,2 Prozent der Wohnbevölkerung; ebd.

[4] Eigene Berechnungen nach Durchsicht von Ermittlungsakten und Anklageschriften aus den Jahren 1990-1998, die sich gegen insgesamt 499 West-IM richteten; in 482 dieser Fälle war es zu einer Anklage gekommen. Es versteht sich von selbst, dass diese Statistik nur eine erste, vorsichtige quantitative Aussage treffen kann.

[5] Gesetz über die Gewährung des Aufenthaltes für Ausländer in der Deutschen Demokratischen Republik - Ausländergesetz - vom 28.6.1979. In: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 17 v. 2.7.1979, S. 149f, § 2.

[6] MfS, HA II: Arbeitsberatung mit Referatsleitern der Abteilungen II der Bezirksverwaltungen (AG Ausländer und Linie II/19), 25.-27.5.1981, hier: undatiertes Arbeitspapier [1981] mit dem Titel: "Wer ist Ausländer?"; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 257-259. Beispielhaft wird darin auf die Sonderregelungen für Bundesbürger in § 20 PVAO (Pass- und Visaanordnung, vgl. Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 17 v. 2.7.1979, S. 151-153) und bei der Aufnahme von BRD-Bürgern in die DDR-Staatsbürgerschaft verwiesen. Analog dazu die grundlegende Erörterung zur "Ausländereigenschaft der Bürger der BRD" in: Dietrich, Erwin (Oberstleutnant, JHS); Steger (Oberstleutnant); Reim, Wilfried (Hauptmann; JHS): Politisch-operativ bedeutsame Grundfragen der Rechtsstellung der Ausländer in der DDR. Forschungsergebnisse, JHS Potsdam-Eiche 1978; BStU, ZA, JHS 21884-1, Bl. 87-92.

[7] MfS, HA II: Arbeitsberatung mit Referatsleitern (wie Anm. 4), hier: Zu Erfahrungen und Problemen beim Aufenthalt von Ausländern auf Baustellen der DDR, Bl. 166. Der in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtige "Ausländerbefehl" Mielkes geht von den Begriffsbestimmungen des Ausländergesetzes der DDR aus: MfS, Der Minister: Befehl Nr. 3/81 zur weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Sicherung der sich ständig oder zeitweilig in der DDR aufhaltenden Ausländer, 25.2.1981, S. 2; BStU, ZA, BdL/Dok 6694, Bl. 12. Ein Beispiel für diese Dreiteilung aus dem Bereich der HV A: MfS, Stellvertreter des Ministers (Großmann): Festlegungen über die Erweiterung und Präzisierung von IM-Kategorien und der Begriffsbestimmung der Kontaktperson für Erfassungen in der IM-Statistik, 7.3.1988, S. 3. IM-Statistiken bestanden demnach aus einem Teil A (BRD), einem Teil B (Ausland) und einem Teil C (DDR); BStU, Ast. Frankfurt/O., BVfS Frankfurt/O., BdL 2366.

[8] Thesen zum Vortrag "Politisch-operative Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung von Ausländern in der DDR", ungenannter Autor aus dem Bereich der HA II, AG A, 11.3.1985; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 293-299, hier: Bl. 295.

[9] MfS, HA II, AG A: Manuskript zum Thema "Ausländeraufenthalt BRD/WB", 1.10.1985; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 201. Ebenso: Thesen zum Vortrag "Politisch-operative Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung von Ausländern in der DDR" (wie Anm. 6), Bl. 295.

[10] Referat des Genossen Minister auf dem zentralen Führungsseminar vom 1.-3. März 1971; BStU, ZA, BdL/Dok 5670/1-8, hier: Bd. 3, Bl. 30.

[11] MfS, HA II: Zusammenfassung der grundsätzlichen politisch-operativen Aufgaben des Befehls 3/81 des Genossen Minister, o.D. [1982]; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 177, 179.

[12] MfS, HA II: Arbeitsberatung mit Referatsleitern (wie Anm. 4), hier: Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II zur weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Sicherung der sich in der DDR aufhaltenden Ausländer und des politisch-operativen Schutzes der politischen Westarbeit der DDR sowie von Bruderparteien im Operationsgebiet"; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 123f. Vortragender war höchstwahrscheinlich der Leiter der HA II, Günther Kratsch, der einen ähnlichen Eröffnungsvortrag anlässlich der Arbeitstagung der AG A am 25./26.1.1983 hielt; ebd., Bl. 12-46.

[13] MfS, HA II: Arbeitsberatung mit Referatsleitern (wie Anm. 4), hier: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit der Abteilungen II, o.D. [1981]; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 147-165, insb. Bl. 150.

[14] BV Neubrandenburg, Leiter: Verstärkte Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste und anderer Feindorganisationen gegen militärische Objekte in der DDR, insbesondere gegen Objekte und Einrichtungen der GSSD, 25.9.1981; BStU, Ast. Neubrandenburg, Abt. VI, Nr. 15, Bd. 1, Bl. 22f.

[15] MfS, HA II, AG A: Informationsbedarf, o.D. [ca. 1982]; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 47. Als "politisch-operativ interessierende" Herkunftsländer werden hier genannt: Afghanistan, Äthiopien, Griechenland, Iran, Jugoslawien, Kurdistan, Sowjetunion, Türkei, Vietnam, ferner Moslembruderschaften und jüdische Vereinigungen; ebd., Bl. 48f. Vgl. ferner: HA II, AG A: Hinweise zur weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit auf dem Gebiet der Bekämpfung von Angriffen des Feindes unter Einbeziehung von Ausländern gemäß Befehl 3/81 des Genossen Minister; ebd., Bl. 50-53.

[16] Grundsätzliches zum Thema "Ausländer" aus Sicht des MfS: Lehmann (Oberst); Niebling, Gerhard (Oberstleutnant, HA IX); Schmidt, Horst (Oberstleutnant, JHS); Köpp, Erich (Major, AG 1. Stellv. d. Min.): Grundlegende Aufgaben des MfS im Zusammenhang mit dem zunehmenden Aufenthalt von Ausländern in der DDR. Forschungsergebnisse, JHS Potsdam-Eiche 1978; BStU, ZA, JHS 21872, 2 Bde.

[17] MfS, HA II: Arbeitsberatung mit Referatsleitern (wie Anm. 4), hier: Redebeitrag zum Thema: Zu einigen politisch-operativen Schwerpunkten der Arbeit der Abteilungen II unter den Ausländern ihres Verantwortungsbereiches [ohne Verfasser]; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 175-186, insb. Bl. 178. MfS, HA II, AG A: Zur Situation unter türkischen Staatsbürgern im Operationsgebiet und in der DDR unter dem Gesichtspunkt einer notwendigen Qualifizierung des politisch-operativen Schutzes des Führungszentrums der KP der Türkei in der DDR, 13.6.1981; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 335-341, insb. Bl. 337-339.

[18] Ebd., Bl. 338. Vgl. auch MfS, HA II: Information zu Bürgern der Republik Türkei in der DDR und im Operationsgebiet, 1981; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 345-348. StGB/DDR, § 105: Staatsfeindlicher Menschenhandel, § 213: Ungesetzlicher Grenzübertritt. Zum damaligen Zeitpunkt galt jeder Antrag auf Übersiedlung in den Westen als rechtswidrig. Das Recht, überhaupt einen Antrag zu stellen, existierte erst seit 1983 und galt zunächst nur für die Zusammenführung engster Familienangehöriger; vgl. Lochen, Hans-Hermann; Meyer-Seitz, Christian: Die geheimen Anweisungen zur Diskriminierung Ausreisewilliger. Dokumente der Stasi und des Ministeriums des Innern. Köln 1992, S. 9.

[19] Vortragsmanuskript: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit der Abteilungen II, o.D. [1981]; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 147-165, hier: Bl. 150. Dass. in ähnlichen Manuskripten, vgl. ebd., Bl. 128, 183.

[20] MfS, HA II, AG A: Zur Situation unter türkischen Staatsbürgern (wie Anm. 15), Bl. 336. Zur zeitgeschichtlichen Einordnung vgl. auch: Steinbach, Udo: Die Türkei im 20. Jahrhundert. Bergisch Gladbach 1996, S. 193-198, 426, 457.

[21] Sachlich, aber knapp hierzu: Bilgi, Frank: "Milli Görüs" und Integration. In: Yazinca Nr. 17/1997 (dt. in: user.cs.tu-berlin.de/~corto/amgtinteg.html). Aus DKP-Sicht: Vollradt, Reiner: Vor 20 Jahren wurde Celalettin Kesim ermordet. In: anstoß. Monatszeitschrift der DKP-Bezirksorganisation Berlin, Januar 2000. Der Verfassungsschutzbericht erwähnt neben diesem Vorfall für das erste Halbjahr 1980 zwei weitere Attentatsopfer, und zwar aus dem rechtsextremistischen und extrem nationalistischen Spektrum; Bundesminister des Innern (Hg.): betrifft: Verfassungsschutz '79 [Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)], Bonn 1980, S. 134. Ders.: betrifft: Verfassungsschutz '80, Bonn 1981, S. 143-147.

[22] MfS, HA II, AG A: Zur Situation unter türkischen Staatsbürgern (wie Anm. 15), Bl. 336. Wiedmann, Roland: Die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit 1989 (MfS-Handbuch V/1). Hg. BStU. 2. Aufl., Berlin 1996, S. 120. Labrenz-Weiß, Hanna: Die Hauptabteilung II: Spionageabwehr (MfS-Handbuch III/7). Hg. BStU. Berlin 1998, S. 62f.

[23] MfS, HA II, AG A: Zur Situation unter türkischen Staatsbürgern (wie Anm. 15), Bl. 338.

[24] Ebd., Bl. 339. Vgl. auch: MfS, HA II, Leiter: Vorschlag zur Einleitung von Schutzmaßnahmen zur erhöhten persönlichen Sicherheit des Generalsekretärs der Türkischen Kommunistischen Partei (TKP), Gen. I. Bilen, 26.5.1978. In: BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 342. Zum Prinzip des "proletarischen Internationalismus" und zur Förderung politischer Emigranten in der DDR vgl. Lehmann; Niebling; Schmidt; Köpp: Grundlegende Aufgaben des MfS (wie Anm. 14), Bd. 2, Bl. 14-17.

[25] Yücel, Deniz: Aus Liebe zu Allah. Nach einer Hetzjagd von Faschisten und Islamisten starb vor 21 Jahren in Berlin der türkische Kommunist Celalettin Kesim. In: Jungle World, 2.1.2002, im Internet veröffentlicht auf der Seite www.xs4all.nl/~afa/comite/artikel/artikel32.html.

[26] MfS, HA II, Leiter: Vorschlag zur Einleitung von Schutzmaßnahmen (wie Anm. 22), Bl. 342f. Ferner: Redebeitrag zum Thema: Zu einigen politisch-operativen Schwerpunkten der Arbeit der Abteilungen II, Bl. 178 (wie Anm. 15).

[27] Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 121f. Zu den einzelnen türkischen Organisationen vgl. auch die Jahresberichte des BfV, z.B. für das Jahr 1979 (wie Anm. 19), S. 131-134.

[28] Vortragsmanuskript: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit (wie Anm. 17), Bl. 150. Die Kategorie "IMA" findet sich in den entsprechenden IM-Akten, vgl. z.B. BStU, ZA, AIM 8961/91, Bd. I/1, Bl. 10.

[29] HA II, AG A: Zur Situation unter türkischen Staatsbürgern (wie Anm. 15), Bl. 338. Fahndung zielte in den meisten Fällen nicht auf eine Festnahme, sondern hatte z.B. zum Ziel, die entsprechende Person an der Grenze nach mitgeführten Adressen, Dokumenten usw. zu durchsuchen; vgl. Suckut, Siegfried (Hg.): Das Wörterbuch der Staatssicherheit. 2.Aufl., Berlin 1996, S. 118f.

[30] BStU, ZA, AIM 13420/89, Bd. I/1, Bl. 74-76, Bl. 85.

[31] Die seit 1968 regelmäßig vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen Jahresberichte des BfV enthalten jeweils ein eigenes Kapitel "Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern".

[32] Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 116f, 120, 122. Mattes, Ralf; Schmidt-Eenboom, Erich: Republik Türkei. In: Schmidt-Eenboom, Erich (Hg.): Nachrichtendienste in Nordamerika, Europa und Japan. Länderporträts und Analysen. Weilheim 1995, S. 790-816, hier: S. 791f. Aslan, Fikret; Bozay, Kemal u.a.: Graue Wölfe heulen wieder. 1. Aufl., Münster 1997, S. 188-200.

[33] Manuskript zum Thema "Ausländeraufenthalt BRD/WB" (wie Anm. 7), Bl. 202, 204. Rededisposition des Leiters der Hauptabteilung II für die Eröffnung der Arbeitsberatung mit den Referatsleitern des Verantwortungsbereiches "Ausländer" der Abteilungen II der Bezirksverwaltungen am 25. und 26. Januar 1983; BStU, ZA, HA II, 22859, Bl. 40. MfS, HA II, AG A: Hinweise zur weiteren Qualifizierung (wie Anm. 13).

[34] MfS, HA II, AG A, Ref. 4: Anforderungsbild für einen zu gewinnenden Ausländer, 29.1.1986; BStU, HA II, 22858, Bl. 18, 21.

[35] Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht (StA b.d. KG) Berlin, Anklagen vom 5.4.1995 - 3 OJs 95/92, 10.5.1995 - 1 OJs 113/93 und vom 14.8.1995 - 1 OJs 23/93.

[36] Vortragsmanuskript: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit der Abteilungen II (wie Anm. 17), Bl. 152.

[37] Zu den Aufgaben der genannten Diensteinheiten vgl. im einzelnen: Labrenz-Weiß: Die Hauptabteilung II (1998); Tantzscher, Monika: Die Hauptabteilung VI: Grenzüberschreitender Verkehr, Tourismus (MfS-Handbuch III/14). Hg. BStU. Berlin (erscheint 2004); Wunschik, Tobias: Die Hauptabteilung XXII: "Terrorabwehr" (MfS-Handbuch III/16). Hg. BStU. 2. Aufl., Berlin 1996.

[38] BStU, ZA, AOPK 1199/82, Bl. 6-12, 417-428.

[39] StA b. d. KG Berlin, Ankl. v. 10.5.1995 - 1 OJs 113/93, S. 8-13.

[40] BStU, ZA, AIM 13420/89, Bd. I/1, Bl. 50.

[41] Ebd., Bl. 4, 14f, 64f, 99-102, 114-124, 142-145, 185-188, 228, 247, 253, 266-268. StA b. d. KG Berlin, Ankl. v. 14.8.1995 - 1 OJs 23/93, S. 2f, 7-12.

[42] BStU, ZA, AIM 924/91, Bd. I/1, Bl. 28-35, 42f, 49f, Bd. II/1, Bl. 27f, 31f, 43, 46, 53f, 57-61, 70f, 92f, 160f u.ö. BStU, ZA, AOP 4370/87, Bl. 148; BStU, Ast Magdeburg, KD Halberstadt, Nr. 640; StA b. d. KG Berlin, Ankl. v. 5.4.1995 - 3 OJs 95/92, S. 2-18. Zur Einordnung der türkischen Vereinigungen vgl. Bilgi, Frank: Islamische "Wohlfahrt" in der BRD. Der hiesige Ableger der "Wohlfahrtspartei": "Milli Görüs". In: Yazinca 15/1996 (dt. in: http://user.cs.tu-berlin.de/~corto/amgtorg.html); ders.: "Milli Görüs" und Integration (1997), sowie: Steinbach: Türkei (1996), S. 429.

[43] Henkel, Rüdiger: Was treibt den Spion? Berlin 2001, S. 402-410. Gerdes, Jens: Vom Teufelsberg nach Louisiana. In: taz - Die Tageszeitung, 19.2.2002, S. 23. Vgl. ferner einige voneinander abweichende Darstellungen des Falles, u.a. in: Richter, Peter; Rösler, Klaus: Wolfs West-Spione. Berlin 1992, S. 55f; Wolf, Markus: Spionagechef im geheimen Krieg. München 1997, S. 411-414; Müller-Enbergs: IM in der Bundesrepublik (1998), S. 219 - dort weitere Literaturnachweise. Bei Yildirim handelte es sich um den in der Sira-Teildatenbank 21 verzeichneten IM "Blitz", seit 12.5.1980 für die HV A IX/A/3 unter Reg.-Nr. XV/471/80 erfasst. Eine der wenigen, vollständig erhaltenen HV A-Akten über einen Ausländer-IM im hier beschriebenen Sinne betrifft den IM "Pfleger", einen PLO-Aktivisten mit jordanischer Staatsbürgerschaft, Student an der Universität des Saarlandes und mit engen persönlichen und familiären Beziehungen in die DDR; BStU, Ast. Leipzig, AIM 1978/91, 2 Bde.

[44] StA b. d. KG Berlin, Ankl. v. 3.1.1996 - 1 OJs 133/94, S. 2f, 8-18. BStU, ZA, AIM 8961/91, Bd. I/1, Bl. 19, 222, 248-250, 254-274; Bd. II/7, Bl. 2, 30f; Beifügungs-Bd. 1, Bl. 3-5, 11-15, 18; Beifügungs-Bd. 2, Bl. 2f. BStU, ZA, A 580/79, Bd. II/3, Bl. 78-132; Bd. II/4, Bl. 78f, 125-234.

[45] MfS, Der Minister: Befehl Nr. 3/81 (wie Anm. 5), S. 3.

[46] Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 129. Vortragsmanuskript: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit der Abteilungen II (wie Anm. 17), Bl. 152. Ähnlich in Lehmann; Niebling; Schmidt; Köpp: Grundlegende Aufgaben des MfS (wie Anm. 14), Bd. 1, Bl. 175f, Bd. 2, Bl. 41-43. Grundlegend auch: Telschow, Michael (Hauptmann, HV A); Neumann, Gerald (Major, BV Schwerin, Abt. XV): Die politisch-operative Analyse der Möglichkeiten zur umfassenden und rationellen Nutzung der operativen Basis in der DDR für die Erarbeitung und Bearbeitung von Hinweisen auf operativ interessante Personen des Operationsgebietes. Die Nutzung der operativen Basis in der DDR durch die Abteilungen XV der Bezirksverwaltungen des MfS. Forschungsergebnisse, HV A Objekt S (HV A-Schule), 1982; darin S. 92-100 ein eigenes Kapitel zur "operativen Nutzung des zunehmenden Aufenthalts von Ausländern in der DDR"; vgl. insb. S. 92f, 99; BStU, Ast. Gera, BV Gera, Abt. XV, 367/5.

[47] Rededisposition des Leiters der HA II (wie Anm. 31), Bl. 31-34. HA II, AG A: Informationsbedarf (wie Anm. 13), Bl. 49. Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 108. Genannt werden hier Investitionsprojekte unter Beteiligung von Bürgern aus Japan, Jugoslawien, Österreich und der Schweiz, aber auch aus den "paktgebundenen" Staaten, namentlich aus Belgien, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, u.a. für 1981: Metallurgiekomplex in Eisenhüttenstadt, Aromatenkomplex in Schwedt, Farbbildröhrenwerk im Bezirk Cottbus, Düngemittelkomplex bei Rostock.

[48] BV Potsdam, Leiter: IM-Bestandsaufnahme entsprechend Punkt 13.05. der Planvorgabe für die Jahre 1982-1985, 26.1.1982, S. 1; BStU, Ast Potsdam, BdL 400378.

[49] Stree, Walter: § 99. In: Schönke, Adolf; Schröder, Horst: Strafgesetzbuch: Kommentar. 25., neu bearb. Aufl. von Peter Cramer, Albin Eser, Theodor Lenckner, Walter Stree. München 1997, RN 20, S. 997.

[50] Neue Juristische Wochenschrift, 33. Jg., Heft 48/1980, S. 2653-2655.

[51] MfS, HA II, AG A: Information zur Entwicklung des ständigen und längerfristigen Aufenthaltes von Ausländern in der DDR (außer BRD-Bürger und Westberliner), 29.8.1986; BStU, ZA, HA II, 22858, Bl. 77-79. Ende 1982 hatten sich noch rund 4.200 Bürger aus Nato-Mitgliedsstaaten längerfristig in der DDR aufgehalten, vgl. Rededisposition des Leiters der Hauptabteilung II (wie Anm. 31), Bl. 30-34, darin auch nähere Ausführungen über die Einbeziehung österreichischer Staatsbürger in die westliche Spionage gegen die DDR. Zu den Schweizerbürgern in der DDR und den traditionellen Schweizer Kolonien in Mittel- und Osteuropa vgl. Steffen Gerber, Therese: Das Kreuz mit Hammer, Zirkel, Ährenkranz. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der DDR in den Jahren 1949-1972. Berlin 2002, S. 179-181.

[52] 1980 betrug ihre Zahl rund 53.000, wobei hier offenbar auch Bundesbürger einbezogen sind. Es handelte sich vor allem um Monteure, Kundendienstpersonal und Verhandlungsführer westlicher Firmen, vgl. Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 109.

[53] Zusammenfassung der grundsätzlichen politisch-operativen Aufgaben des Befehls 3/81 des Genossen Minister, o.D. [1982] (wie Anm. 9), Bl. 177. Eröffnungsvortrag "Hauptaufgaben der Linie II" (wie Anm. 10), Bl. 129. Vortragsmanuskript: Zur Rolle der eigenen ausländerbezogenen politisch-operativen Arbeit der Abteilungen II (wie Anm. 17), Bl. 150. Redebeitrag zum Thema: Zu den Aufgaben der Abteilungen II (wie Anm. 7), Bl. 164f. Telschow; Neumann: Die politisch-operative Analyse (wie Anm. 44), S. 92-100, dort auch Hinweise auf weitere MfS-interne Ausarbeitungen zur Ausländerthematik. Vgl. ferner: BVfS Dresden, Dienstanweisung 4/86 zur Nutzung der operativen Basis der Bezirksverwaltung Dresden für die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, 7.11.1986, darin Kap. 9: "Nutzung von in der DDR lebenden Ausländern", S. 20f; BStU, Ast. Dresden, BdL/Dok 52.

[54] Auslandsaktivitäten des MfS jenseits der Bundesrepublik sind bisher kaum Gegenstand der Forschung und wurden bisher am ehesten im Zusammenhang mit den Aktivitäten des "Bereichs Kommerzielle Koordinierung" Alexander Schalck-Golodkowskis beleuchtet, vgl. dazu u.a. die vom Deutschen Bundestag herausgegebenen Beschlussempfehlungen und Berichte aus den Jahren 1992 (Bundestags-Drucksache 12/3920) und 1994 (Bundestags-Drucksache 12/7600). Ferner Länderstudien von Herborg, Mette; Michaelsen, Per: Stasi og Danmark. Viborg 1996. Eriksson, Gösta A.: DDR, Stasi und Schweden. Berlin 2003. Schlomann, Friedrich-Wilhelm: Die Schweiz und die DDR-Spionage. In: Zeit-Fragen, Sept. 1998, S. 9f. Die Schweiz strebte die Einsetzung eines Sonderbeauftragten zur Untersuchung der Stasi-Tätigkeiten in der Schweiz ein, vgl. Der Bund, Bern, 21.3.2001.

[55] Recherche in der Sira-Teildatenbank 12: Suchbegriff "Türkei" in der Kategorie "Länderhinweis". Über türkische Angelegenheiten aus West-Berlin berichteten mehrfach die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Hans Kohlberger ("Sense", Reg.-Nr. XV/18187/60) und Bodo Thomas ("Hans", Reg.-Nr. XV/14906/60), der Diplomat Ludwig Pauli ("Adler", Reg.-Nr. XV/15905/60), der Regierungsdirektor im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen Knut Gröndahl ("Töpfer", Reg.-Nr. XV/821/66), die Senatsangestellte Inge Wucyna ("Jutta", Reg.-Nr. XV/1815/60), ferner u.a. die IM "Maler" (Reg.-Nr. XV/1334/60), "Frosch" (Reg.-Nr. XV/2232/60), "Auto" (Reg.-Nr. XV/8618/61), "Johannes Erler" (Reg.-Nr. XV/1252/67), "Kaiser" (Reg.-Nr. XV/452/69) und "Sänger" (Reg.-Nr. XV/4123/70).