Verantwortung für politisch Verfolgte tragen
DDR-Opfer-Entschädigung durch das Land BrandenburgBeitrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
Im Land Brandenburg hat das Unrechtssystem der DDR und der sowjetischen Besatzungszone zahlreiche Spuren hinterlassen. Spuren, die in der politischen Landschaft nachwirken, an die uns Gedenkstätten wie das Zuchthaus Cottbus oder die Untersuchungshaftanstalt Lindenstraße in Potsdam erinnern, aber auch Spuren, die viele Menschen lebenslang in sich tragen.
Daher hat das Land Brandenburg der Verbesserung der sozialen Lage von Opfern der SED-Diktatur von jeher einen hohen Stellenwert beigemessen und die Anliegen Betroffener im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt. So wurde bereits 2016 ein Härtefallfonds des Landes eingeführt. Dieser ist bei der Beauftragten des Landes Brandenburg für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur angesiedelt und vergibt mit der Unterstützung eines Beirats insgesamt 60.000 Eurojährlich an Opfer, die im Regelsystem nicht vollständig berücksichtig werden können.
Die Erfahrung des erlebten Unrechts, die schweren körperlichen und seelischen Spuren – all das kann nicht mit Geld aufgewogen werden. Umso wichtiger ist es, das Gedenken an die Folgen des zweiten Unrechtsstaats auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert wachzuhalten und die Erinnerung an die junge Generation und Menschen, die aus anderen Teilen der Republik, Europas und der Welt zu uns gekommen sind, weiterzugeben. Gemeinsam mit Betroffenenverbänden und der Landesbeauftragten ist das Land zugleich bemüht, die Folgen der erlittenen Repressalien bei den Opfern der SED-Diktatur in jedem Einzelfall abzumildern.
Verantwortungsvolle Entschädigungspraxis in Brandenburg
Die sogenannten SED-Unrechtsbereinigungsgesetze[1] sehen auf bundesgesetzlicher Grundlagefinanzielle Hilfen und Unterstützungsleistungen vor. Beispielsweise erhielten im Jahr 2023 ca. 4.400 Betroffene im Land Brandenburg die sogenannte Opferrente. Allein hierfür wurden 18 Mio. Euro anteilig von Bund und Land aufgewendet.
Die Anträge zur Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden werden im Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) zentral am Standort Frankfurt (Oder) bearbeitet. Dadurch können die notwendigen fachspezifischen Kenntnisse und das für einen empathischen Umgang hilfreiche Wissen um die DDR-Repressionsgeschichte gebündelt eingesetzt werden. Regelmäßig finden hierzu Schulungen der Mitarbeitenden des LASV und Erfahrungsaustausche mit der Landesbeauftragten statt. Ausdruck einer guten Zusammenarbeit sind außerdem Gesprächsangebote seitens der Behörde in den Antrags- und Widerspruchsverfahren, die von den Betroffenen im Beisein von Mitarbeitenden der Landesbeauftragten wahrgenommen werden können.
Die ganz überwiegende Zahl der Verfahren wurde in den letzten Jahren nach einer umfangreichen Sachverhaltsermittlung ohne weitere externe Begutachtung abgeschlossen. Emotionale Belastungen im Verwaltungsverfahren sollen dadurch so weit wie möglich vermieden werden. Sollten zusätzliche Gutachten dennoch erforderlich sein, wird versucht, den Wünschen der Betroffenen zu folgen. Zudem kommt seit 2017 ein gemeinsam mit der Landesbeauftragten aufgestellter Kriterienkatalog für die Auswahl von Gutachterinnen und Gutachtern zur Anwendung. Insgesamt sind die jährlichen Antragszahlen niedrig, sie lagen in den letzten Jahren im ein- oder niedrigen zweistelligen Bereich.
Bei alledem gilt der rechtstaatliche Grundsatz, dass die Verwaltung bei ihren Entscheidungen und der Nutzung von Spielräumen bei der Ausgestaltung des Verfahrens an Gesetz und sonstiges Recht gebunden ist. Dieses bildet den Maßstab des Handelns und hat zur Folge, dass beantragte Leistungen abgelehnt werden müssen, wenn die dafür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht hinreichend belegt sind. Von daher kann auch ein rechtsstaatliches Verfahren im Einzelfall zu einem ungerechten Ergebnis führen.
Starker Einsatz für Betroffene im Bund – Leid besser sichtbar machen
Sozialministerin Ursula Nonnemacher hat sich seit Amtsantritt 2019 mit Nachdruck für die Verbesserung der Situation der Opfer des SED-Unrechtsstaats eingesetzt. Dank der Sozialstudie der Beauftragten des Landes Brandenburg für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur aus dem Jahr 2020liegt im Land ein umfängliches, differenziertes Bild der Lage der Opfer vor.
Bereits 2018 hat Brandenburg gemeinsam mit Berlin und Thüringen eine Bundesratsinitiative „zur Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Verfolgter durch Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze“ auf den Weg gebracht, die eine gemeinsame Position der Länder an den Bund formulierte.
Der Koalitionsvertrag des Bundes für die aktuelle Legislaturperiode griff einige der Forderungen auf. Seit Mitte August liegt nun der Entwurf der Bundesregierung für ein „Sechstes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“ vor. Darin sind relevante Verbesserungen vorgesehen wie die Anpassung der Höhe der SED-Opferrente an die allgemeine Rentenentwicklung und ein Härtefallfonds auf Bundesebene.
Brandenburg setzt sich weiter dafür ein, den Zugang zu Hilfen zu erleichtern. So bekräftigten die Ministerpräsidentin und die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder erneut im Juni 2024 mit einem entsprechenden Beschluss in Lutherstadt Wittenberg ihre Unterstützung für die Opfer der SED-Diktatur. Sie drängen insbesondere darauf, den bundesweiten Härtefallfonds für die Opfer von SED-Unrecht zügig und finanziell auskömmlich einzurichten und den Zugang zu Leistungen für gesundheitlich geschädigte Betroffene zu vereinfachen.
Fazit & Ausblick
Das Land Brandenburg steht weiter fest an der Seite der Opfer des ehemaligen Unrechtsstaats. Sie werden unter Ausschöpfung der bundeseinheitlichen Gesetzeslage und dem ständigen Bestreben nach einem betroffenenorientierten Verwaltungsverfahren so gut wie möglich unterstützt. Brandenburg hat darüber hinaus mit dem Härtefallfonds ein eigenes, unbürokratisches und unabhängiges Instrument für die Opfer eingeführt. Dank der guten Kooperation mit der Landesbeauftragten und den Opferverbänden arbeitet das Land konstruktiv an der Verbesserung und Weiterentwicklung des Entschädigungssystems für Betroffene auf Bundesebene mit.
[1] Die Anspruchsgrundlagen für gesetzliche Leistungen bei gesundheitlichen Folgen sind im Strafrechtlichen und im Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sowie im Häftlingshilfegesetz verankert. Der Leistungskatalog der Sozialen Entschädigung, für die das Sozialministerium zuständig ist, richtet sich seit dem 1. Januar 2024nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch. Die Versorgungsleistungen sind vielfältig und umfassen neben monatlichen Renten Krankenbehandlungen, Rehabilitationsmaßnahmen sowie weitere Sach- und Geldleistungen.