Was wurde aus den ehemaligen russischen Satelliten?

Das Verhältnis von Belarus, Russland und der Ukraine dreißig Jahre nach dem Ende der Sowjetunion

von Christian Werkmeister1

 

Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 markierte nicht nur das Ende des Kalten Krieges, bei dem zwei Supermächte einander politisch, wirtschaftlich und militärisch gegenübergestanden hatten, er bedeutete zugleich die Gründung zahlreicher neuer Staaten in Asien und Europa. Die gesamte Region sah sich mit der Aufgabe konfrontiert, die eigene Staatlichkeit und das Verhältnis zu den ehemaligen Bruderrepubliken in der Sowjetunion neu zu definieren.

Foto: Die Spannungen haben unter Präsident Wladimir Putin zugenommen.

Große Herausforderungen lagen darin, Militär und Volkswirtschaften, aber auch jahrzehntelang miteinander verwobene Gesellschaften zu entflechten. Die Staaten Belarus, Russische Föderation und Ukraine durchliefen dabei sowohl im Verhältnis untereinander als auch zu neu den entstandenen und sich weiterentwickelnden internationalen Organisationen unterschiedliche Phasen, die in diesem Artikel knapp nachgezeichnet werden sollen. In den vergangenen zehn Jahren durchlebte die Gesamtregion dabei erhebliche Veränderungen in den Energie- und Wirtschaftsbeziehungen, grundlegende politische Richtungswechsel, neue supranationale Integrationsinitiativen und Partnerschaftsabkommen und mit dem seit 2014 ungelösten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auch eine schwerwiegende militärische Konfrontation. Alle drei Länder haben dabei eigene, nicht-linear verlaufende Strategien verfolgt, bei denen sie sich von den jeweiligen Nachbarn abgrenzen oder in eine strategisch günstigere Verhandlungsposition begeben wollten. Die Gravitationsfelder der ehemaligen Satelliten haben sich mit der Ausdehnung der Europäischen Union, den Initiativen der NATO, dem Euromaidan und dem Paradigmenwechsel der russischen Außenpolitik erheblich verändert.

Zu Beginn des Artikels werden die nationalen Emanzipationsprozesse der einzelnen Staaten sowie die regionale und globale Ausrichtung von Politik, Wirtschaft und Militär betrachtet. Im zweiten Schritt gilt es, das Verhältnis der drei Länder zueinander zu beleuchten. Anschließend werden die Interessen mehrerer regionaler und internationaler Organisationen vorgestellt. Abschließend soll gefragt werden, wie sich das Verhältnis der Staaten Belarus, Ukraine und Russland zueinander heute gestaltet.i

Das Verhältnis von Belarus, der Ukraine und der Russischen Föderation nach 1991: Ungleiche Ausgangsvoraussetzungen

In seiner Ansprache an die Bürger der Sowjetunion im Dezember 1991 formulierte Michail Gorbatschow die Sorge, dass deren Bewohner „das Gefühl verlieren, Bürger eines großen Landes zu sein“.ii Die Auflösung des Superstaates war allerdings schwer vorstellbar, weshalb die noch im Jahr 1991 gegründete „Gemeinschaft unabhängiger Staaten“ von vielen Beobachtern auch als Sowjetunion light verstanden wurde. Ein verbindendes Moment der jungen Länder war die gemeinsame sowjetische Geschichte, die mit der russischen Sprache und Kultur über weiterhin bedeutsamen Einfluss in den neuen Staaten verfügt.iii Vorläufiger Höhepunkt eines postsowjetischen Staatenzusammenschlusses war die Unterzeichnung des Unionsvertrages zwischen Belarus und Russland im Jahr 1999, in welchem beide Länder sich auf die Harmonisierung von Währung, Regierung, Hymne und Flagge einigten, was jedoch letztlich nicht umgesetzt wurde.iv Zum damaligen Zeitpunkt wäre die Russische Föderation unter Boris Jelzin durchaus bereit gewesen, die eigene Vormachtstellung preiszugeben, was seit dem Jahr 2000 unter Wladimir Putin jedoch kaum mehr denkbar erscheint.v Seit diesem Zeitpunkt ist vielmehr festzustellen, dass Russland seine Rolle als Nachfolger der Sowjetunion nicht nur völkerrechtlich in den Vereinten Nationen, sondern auch im eurasischen Raum selbstbewusster durchsetzt.

Durch diese Entwicklung spiegelte die Politik zunehmend auch die wirtschaftlichen Realitäten wider, da Russland im Zentrum des Handels der jungen Staaten liegt. Insbesondere die zu sowjetischen Zeiten etablierten Handels- und Kommunikationswege bedingen eine fortdauernde Verknüpfung der jeweiligen Volkswirtschaften.vi Eine herausragende Rolle spielen dabei bis heute die „russischen Energielieferungen zu Vorzugspreisen“ an seine Nachbarstaaten.vii Auch der Transit in die EU, vor allem von Erdgas, führte wiederholt zu Konflikten der beteiligten Staaten, die bei Gaserzeugung, Vertrieb und Transport nach 1991 unterschiedliche Rollen einnahmen. Russland produzierte das Erdgas, Belarus und die Ukraine stellten die Transitstrecken bereit, so dass in beiden Bereichen eine geografisch bedingte Monopolstellung entstand. So wurde nach 1991 knapp 50 Prozent des von der EU importierten Gases kostenpflichtig durch die Ukraine transportiert.viii Russland hingegen versuchte, diesen kostenpflichtigen Transit durch den Bau neuer Ferngasleitungen zu umgehen.ix Die Ukraine hingegen beabsichtigt bis in die Gegenwart, den russischen Gastransit vertraglich zu zementieren, während sie seit der Krimkrise das selbst benötigte Gas nicht mehr direkt aus Russland importiert.x Auch der belarussische Energiesektor ist fast vollständig von russischen Importen abhängig. Anders als im Fall der Ukraine ist Belarus ein Transitland, dessen Infrastruktur bereits seit 2011 beinahe vollständig zum russischen Konzern Gazprom gehört und somit keine eigenen Transiterlöse erzielt. Ähnlich wie in der Ukraine wird der Transit durch die alten sowjetischen Pipelines für Russland immer unwichtiger, da einerseits neue, günstigere und umweltfreundlichere Transportwege zur Verfügung stehen und andererseits Unterwasserpipelines die russische Gewinnmarge erhöhen.xi

Das zunehmend stärkere Eintreten der drei Länder für die eigenen wirtschaftlichen Interessen kann auch als Gradmesser dafür gesehen werden, dass das große Projekt einer einvernehmlichen Vereinigung mehrerer Staaten im postsowjetischen Raum kaum noch Fürsprecher hat.

Die bilateralen Verhältnisse

Belarus – Russland

Trotz des versandeten Integrationskurses zwischen der Russischen Föderation und Belarus blieb Moskau für Minsk auch im vergangenen Jahrzehnt der wichtigste Handelspartner. Das große Handelsdefizit gegenüber Russland ist für Belarus umso gravierender, da die russischen Gasimporte in Belarus nicht zum Weltmarktpreis erfolgten, wodurch Russland Belarus jährlich mit 2-3 Mrd. Dollar indirekt subventionierte.xii Bei Bezügen zu Weltmarktpreisen wäre das Handelsdefizit entsprechend größer. Aber auch von russischer Seite blieb Belarus in jüngster Vergangenheit Russlands wichtigster Handelspartner innerhalb der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und der viertgrößte Handelspartner überhaupt.xiii Dies ist einerseits wirtschaftlich und kulturell bedingt, andererseits zieht Russland einen politischen Vorteil daraus, dass Minsk lange Zeit als wichtigster Bündnispartner auftrat und die russische (Außen-)Politik öffentlich unterstützte.xiv Die offizielle russische Darstellung der „Brüderstaaten“ Russland und Belarus verdeckte dabei den wenig gleichberechtigten Charakter dieses offensichtlichen Kuhhandels.xv Präsident Alexander Lukaschenko konnte sich zudem darauf verlassen, dass Moskau die Legitimität seiner Herrschaft nicht in Frage stellte oder eine Integration Belarus unter russischen Bedingungen vorantrieb, was die Machtambitionen des langjährigen Herrschers abrupt hätte beenden können.

Seit der Ukrainekrise von 2014 jedoch unterstützte Minsk die russische Außenpolitik weitaus zurückhaltender und verzichtete auf Solidaritätsbekundungen für Russland.xvi Diese neue Haltung entsprach auch der strategischen Neuausrichtung der belarussischen Verteidigungspolitik, die bereits Jahre zuvor begonnen hatte, das eigene Militär nachhaltig umzubauen und zu verkleinern. Eine Konfrontation der eigenen Truppen mit der NATO wäre schließlich kaum noch denkbar gewesen. Es entsprach fortan mehr den belarussischen Interessen, über Eingreiftruppen zur Sicherung der eigenen Macht im Inneren zu verfügen, als über ein großes stehendes Heer, wie es im Kalten Krieg als nützlich erachtet wurde. Auch russische Militärtechnik kam nur noch zum Einsatz, wenn es gemeinsamen Interessen entsprach, von Russland finanziert wurde und ausschließlich dem Verteidigungszweck diente. Stattdessen hat Belarus verstärkt Waffen aus China importiert, wodurch die Kompatibilität der eigenen Systeme mit der russischen Technik abnahm.xvii Das Land beschreitet einen eigenen Weg in der Außen- und Sicherheitspolitik, der mehr Handlungsspielräume erlaubte, aber auch eine schleichende Entfremdung von Russland bedeutete.

Diese Strategie steht im Widerspruch zu russischen Interessen zumal Minsk Russland 2014 trotz mehrfacher Anfragen untersagte, die Luftwaffenstützpunkte auf belarussischem Territorium zu nutzen.xviii Weder bei den Angriffen gegen den „Islamischen Staat“ in Syrien, noch während des Ukrainekonflikts suchte Belarus die Nähe zur russischen Politik. Andererseits zeigte das Land aber keine Ambitionen, sich der NATO anzunähern, wenngleich mit der NATO-Erweiterung von 2004 mehrere Nachbarn zu NATO-Mitgliedsstaaten wurden.xix Auch hier scheint Belarus sich Handlungsoptionen offen halten zu wollen: So durfte beispielsweise im Jahr 2019 eine NATO-Delegation erstmalig die belarussische Hauptstadt besuchen. Diese uneindeutige Strategie erlaubt es der Lukaschenko-Regierung, die eigene Bedeutung in der Region zu steigern, ohne den Kontakt mit Russland oder dem Westen abbrechen zu müssen.xx

Der Krimkrieg und das russische Eingreifen in einen souveränen Nachbarstaat haben in Belarus zu einem Umdenken geführt. So befürchteten die belarussischen Eliten, bei einer stärkeren Annäherung an Russland oder gar im Fall einer (derzeit nur schwerlich vorstellbaren) militärischen Intervention des Kremls in Belarus die unter Lukaschenko gesicherten Machtansprüche zu verlieren.xxi Dass Russland beim gemeinsamen Nachbarn Ukraine zielgerichtet eigene Interessen durchgesetzt hatte, bestärkte den Wunsch des kleinen Nachbarstaates, die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland über eigene Reformanstrengungen weiter zu reduzieren.xxii Das Hauptaugenmerk der politischen Kreise galt dabei jedoch immer dem eigenen Machterhalt.

Diese multipolare Ausrichtung der belarussischen Außen- und Sicherheitspolitik führte dazu, dass Russland Belarus erstmalig als unabhängigen Staat mit eigenständiger Außenpolitik wahrnahm. Als Reaktion darauf lancierte die Regierung in Moskau eine Informationskampagne gegen Belarus, bei der russische Medien vor einem aufkommenden Nationalismus im Nachbarland warnten.xxiii Vielleicht hat auch der mediale Konfrontationskurs dazu geführt, dass die Mehrheit der belarussischen Bevölkerung laut einer Umfrage im Jahr 2016 die militärische Neutralität ihres Landes bevorzugt. Lediglich elf Prozent wünschten sich den Beitritt zur NATO, während ein Viertel der Befragten die militärische Unterstützung Russlands bevorzugte.xxiv

Ähnlich beantworteten die Bewohner Fragen nach der politischen und wirtschaftlichen Orientierung des Landes, bei der die Mehrheit sich weder eine EU-Mitgliedschaft noch eine Mitgliedschaft in der Russischen Föderation wünschte.xxv Bei der Frage nach dem künftigen Verhältnis zu Russland beurteilten 2017 knapp dreiviertel der Befragten „unabhängige, aber freundschaftlich gesonnene Staaten - offene Grenzen, ohne Visa und Zölle“ als beste Möglichkeit.xxvi Diese Einstellungen sind umso überraschender, als dass sich die Mehrheit der Bevölkerung in allen Alterskohorten weiterhin stärker Russland als der EU verbunden fühlt.xxvii Sie entspricht aber der neuen Vermittlerrolle von Belarus im russisch-ukrainischen Konflikt, bei der Minsk als Mittler zwischen Ost und West Punkte auf dem internationalen Parkett wettmachen konnte.xxviii

Die lang andauernden Proteste des Sommers 2020 kamen aus Sicht des Lukaschenko Regimes daher (erneut) zur Unzeit. Zwar waren die Proteste nach Präsidentschaftswahlen der Regierung in Minsk immer unangenehm, bedeuteten sie doch eine negative Presse im westlichen Ausland und Sanktionen seitens der EU und westlicher Staaten. Letztere ebbten aber nach wenigen Jahren regelmäßig wieder ab, wenn die EU Sanktionen gegenüber Russland durchsetzen wollte oder das allgemeine Interesse an Belarus in den westlichen Gesellschaften gesunken war.

Die aktuellen Proteste sind jedoch grundlegenderer Natur: Während die innenpolitischen Verhältnisse der „letzten Diktatur Europas“ lange Zeit durch einen unausgesprochenen Gesellschaftsvertrag stabilisiert wurde, bei dem das Recht auf politische Mitbestimmung der Bevölkerung gegen relative wirtschaftliche und politische Stabilität eingetauscht wurde, war Belarus in der Lage, die eigene Politik zwischen Russland und dem Westen, vor allem der europäischen Union, flexibel zu gestalten.xxix Seit letztem Jahr demonstrierte die belarussische Bevölkerung gegen die Wahlergebnisse an sich, gegen das System Lukaschenkos und die Möglichkeit einer engeren Verbindung mit Russland.xxx Die neutralere Rolle ihres Landes in der internationalen Staatengesellschaft stellte die Demonstranten auch nicht vor die Notwendigkeit, sich zwischen Russland und der EU entscheiden zu müssen. Eine aktuelle Analyse zu den Zielen der Opposition hält diesbezüglich fest: „Nicht die Entscheidung zwischen einem vermeintlichen Osten und einem vermeintlichen Westen, sondern eine Neugründung, ein Neustart des eigenen Staates und eine Änderung der politischen Struktur im Land [ist] das wichtigste Thema.“xxxi

Ähnlich wie im Beispiel der Ukraine forciert ein selbstbewussteres und zielstrebigeres Auftreten Russlands die weitere Abkopplung seiner ehemaligen sowjetischen Bündnisgenossen und treibt damit indirekt Reformen, politische Neuorientierungen und das Herausbilden einer eigenen Identität stärker voran.

 

Russland-Ukraine: Annexion, asymmetrische Kriegsführung und Gas-Transit

Zwischen der Orangenen Revolution von 2004 und 2010 war eine klare politische Westorientierung der Ukraine festzustellen.xxxii Begleitet wurde dieser außenpolitische Prozess von einer Ukrainisierungspolitik, die sich im offiziellen Sprachgebrauch, aber auch beispielweise in Schulbüchern niederschlug und auf die Herausbildung einer ukrainischen Nationalmythologie, in expliziter Abgrenzung zu Russland, abzielte.xxxiii Nach dem Wahlsieg Wiktor Janukowytschs 2010 schwang dieses politische Pendel zurück und die Ukraine entwickelte sich bis zum Jahr 2013 zu einem „klientilistisch[en] und eng an Moskau gebundene[n] Staat“.xxxiv Nachdem jedoch die Regierung Janukowytsch nach russischem Vorbild eine Einschränkung der Grundrechte durchsetzen und die Ukraine auch außenpolitisch näher an Russland bringen wollte, ereignete sich in Kiew im November und Dezember 2013 der sogenannte Euromaidan, bei dem vor allem junge Menschen eine stärkere Anbindung an den Westen und eine Abgrenzung von Russland einforderten.xxxv

In militärischer Hinsicht schlug sich diese wechselhafte Politik im Verhältnis der Ukraine zur NATO nieder. So hatte das Parlament im Jahr 2003 die NATO-Integration als Ziel formuliert, sich dann im Jahr 2010 für militärisch neutral erklärt, den neutralen Status 2014 wieder aufgehoben und im Juni 2017 erneut die NATO-Integration als Ziel festgelegt.xxxvi

Die Entwicklung im Euromaidan beunruhigte die Moskauer Führung, zeigte sie doch die eigene Unfähigkeit, westliche, vor allem amerikanische, Einflüsse in der unmittelbaren Nachbarschaft zu beschränken.xxxvii Daher war ein Ziel der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim durch russische Truppen im Februar und März 2014 zunächst, den innerukrainischen Demokratisierungsprozess und die Hinwendung zum Westen zu verhindern.xxxviii Hinzu kam ein steigender innenpolitischer Druck, da sich Wladimir Putin nach den Präsidentschaftswahlen 2012 in einer Legitimierungskrise befand. Die Annexion der Krim und die mehr oder minder verdeckte Unterstützung der ostukrainischen Separatisten führte zu einer –beabsichtigten– patriotischen Welle in Russland und nahm der russischen Oppositionsbewegung ihren Schwung.xxxix

Anders verhielt es sich mit der Ukraine: Zwar konnte Russland seine militärischen Ziele schnell erreichen, die Westorientierung der Ukraine wurde durch die Intervention jedoch eher noch beschleunigt, als verhindert. Vielmehr beförderte die Krim-Annexion einen ukrainischen Nation-Building-Prozess „in scharfer Abgrenzung zu Russland“, bei der selbst die sprachliche Zweiteilung der Ukraine keine bedeutende Rolle mehr spielte.xl Anders als von westlichen Forschern befürchtet, bildete sich in der Ukraine keine russischsprachige „fünfte Kolonne“. Die russische Aggression führte vielmehr zur Solidarisierung von russisch- und ukrainischsprachigen Ukrainern.xli Außerdem führten die russische Besetzung der Krim und die Beteiligung irregulärer russischer Truppen bei den Gefechten im Donbassgebiet in der Ostukraine zu einer Entfremdung der russischsprachigen Ukrainer zu dem namensgebenden Land ihrer Muttersprache.xlii Aus linguistischer Sicht zeigte sich, dass „es eine einheitliche russischsprachige Identitätsgruppe [in der Ukraine] nicht gibt, sondern einfach nur Menschen außerhalb Russlands, die weiterhin vorwiegend Russisch sprechen.“xliii Der militärische Konflikt offenbarte, dass der Staat Ukraine keiner einheitlichen Sprache bedurfte, damit sich die Menschen mit ihm identifizierten.

Neben diesen aus ukrainischer Sicht positiven Befunden sollen aber auch die ungelösten Probleme Erwähnung finden. Das Land befindet sich weiterhin in einer Phase wirtschaftlichen Abschwungs. Bei den allgemeinen Reformanstrengungen und der Stärkung der nationalstaatlichen Identität sind nur bescheidene Erfolge absehbar, wenngleich die Ukraine sich zweifelsohne auf den Weg gen Westen gemacht hat. Weiterhin fehlt es auch an einer Klärung der tödlichen Schüsse auf dem Maidan im Februar 2014, bei denen mehr als 100 Demonstranten den Tod fanden. Auch die Gewalt in Odessa im Mai desselben Jahres mit 48 Toten bleibt ungeklärt.xliv Die Folgen von Tod und Vertreibung bei dem im Osten des Landes schwelenden Konflikt lassen sich kaum noch bemessen, im Jahr 2019 sprachen die Vereinten Nationen von mehr als 13.000 Todesopfern.xlv Eine Lösung der schwierigen Lage ist weiterhin nicht in Sicht.

Neben den menschlichen und territorialen Verlusten leidet auch der Handel zwischen den ehemalig eng verwobenen Ländern Ukraine und Russland in besonderem Maße unter den Folgen des Konflikts. Seit dem Jahr 2014 ist der Warenaustausch zwischen Russland und der Ukraine um 70-80 Prozent eingebrochen, was insbesondere für die Wirtschaft der Ukraine gravierende Folgen hatte.xlvi Aber auch die Russische Föderation zahlt bis in die Gegenwart einen hohen wirtschaftlichen und politischen Preis für den Konflikt. Die Entfremdung zwischen Russland und dem Westen hat stark zugenommen, was sich unzweifelhaft an der Fortdauer der Russlandsanktionen seitens der EU und den USA erkennen lässt.xlvii

Die russische Bilanz des Ukraine-Konfliktes fällt dementsprechend zwiegespalten aus. Hierbei muss zwischen der auf Dauer angelegten Annexion der Krim mit dem Gewinn eines eisfreien Flottenstützpunktes im Schwarzen Meer und der Unterstützung für die sogenannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine unterschieden werden.

Foto: Russische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer- heute ein Symbol der russisch-ukrainischen Beziehungen

Kurz nach der völkerrechtswidrigen Annexion hat die russische Regierung die regionalen politischen Strukturen der Krim vollständig nach russischem Vorbild umgewandelt. In der Verwaltung setzte eine Russifizierung der ukrainischen Strukturen ein, die oftmals von einer Übernahme des vorhandenen Personals begleitet wurde.xlviii Die Zielstrebigkeit dieser Maßnahmen lässt erahnen, dass die Besetzung bereits längere Zeit geplant gewesen war.

Da die Ukraine aus verständlichen Gründen die Versorgung der Halbinsel sukzessive eingestellt hatte, musste Russland in den vergangenen sechs Jahren umfassende Infrastrukturmaßnahmen ergreifen, um die Krim von der ukrainischen Strom-, Gas- und Wasserversorgung unabhängig zu machen. Außerdem beansprucht Moskau nun die Kontrolle über das Asowsche Meer als Wasserstraße. Im Transportwesen baute Moskau die Krim-Brücke über die Straße von Kertsch für den Kfz- und Bahntransport. Die Kapazitäten des Simferopoler Flughafens wurden durch einen Ausbau massiv gesteigert.xlix Die zügige Umsetzung dieser Projekte zeigt, dass Russland seiner nach Kaliningrad zweiten Exklave besondere Bedeutung beimisst.

Anders verhält es sich mit den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine, zu denen der russische Präsident eine eindeutige Positionierung vermeidet und stattdessen von einem „innerukrainischen Konflikt“ spricht.l Russland zeigt jedoch kein sonderliches Interesse an einer planvollen Deeskalation des Donbass-Konflikts, zumal auch die westlichen Staaten zunehmend „sanktionsmüde“ gegenüber Russland werden. Vormals an einer Vermittlung interessierte Staaten wie Deutschland, lassen seit längerem keine besonderen Vermittlerambitionen im Ukrainekonflikt mehr erkennen.li So brachte das unter Minsk II bekannte Abkommen vom Februar 2015 keinen Frieden zwischen den Konfliktparteien, sondern lediglich einen relativen Waffenstillstand. Die Ukraine wurde zwar wieder zu einem funktionierenden Staat, musste jedoch große Verluste akzeptieren, da der Vertrag die territorialen Verluste des Staates nicht heilen konnte.lii Die ukrainische Hoffnung, dass die abtrünnigen Gebiete wieder in den Staatskörper eingegliedert werden können, beruht nun darauf, dass Russland die „Marionettenstaaten“ nicht dauerhaft Verwaltungsbeamte, hochgradig von Russland abhängig sind und aufgrund der geltenden Sanktionen von dort subventioniert werden müssen, könnte die Zeit hier für die Ukraine spielen, falls Russland diese Kosten irgendwann nicht mehr aufbringen möchte und der Sinn dieser Maßnahmen in der russischen Öffentlichkeit zunehmend hinterfragt würde.liii

Der Faktor Zeit spielt in den bisherigen Entwicklungen ohnehin eine wichtige Rolle. Obwohl die Konfliktpropaganda in Russland und der Ukraine während und nach den Auseinandersetzungen das Bild des jeweiligen Konfliktgegners stark eingetrübt hatte, zeigen sich seit einiger Zeit Anzeichen der Entspannung und steigender Wertschätzung des jeweils anderen Landes. Während das Jahr 2014 in beiden Ländern das Verhältnis zueinander radikal verschlechtert hatte, sehen die Bürger seit den letzten beiden Jahren erstmalig wieder ein gutes Verhältnis zum ehemaligen Bruderstaat.liv Dass ältere Ukrainer dabei Russland versöhnlicher gegenüberstehen, kann durchaus mit der gemeinsamen sowjetischen Sozialisationserfahrung erklärt werden. Die Erinnerung an die subjektiv empfundene Völkerfreundschaft innerhalb der Sowjetunion kann daher ein verbindendes Element werden, den Konflikt zumindest zivilgesellschaftlich zu verwinden.

Auf politischer Ebene hingegen bleiben die Berührungsängste groß und die Beziehungen sind von fehlendem Vertrauen geprägt. Diese Angst ist auf allen Seiten spürbar und betrifft auch das Verhältnis der Ukraine zum Nachbarn Belarus, das lange Zeit treu an der Seite Russlands stand. Eine enge Verbindung zwischen den beiden Staaten stellt aus ukrainischer Sicht ein erhebliches Drohszenario dar.lv Russland hingegen möchte seinerseits gute Beziehungen der beiden Länder Ukraine und Belarus zueinander nach Möglichkeit verhindern.lvi Das erschütterte Verhältnis Ukraine-Russland belastet somit auch die Beziehungen von Belarus mit seinen post-sowjetischen Nachbarn.

Ukraine-Belarus

Die Annexion der Krim und der Konflikt im Donbass belasteten das Verhältnis von Belarus und der Ukraine, obwohl Belarus eine klare Parteinahme in dem Konflikt vermeiden konnte. So verzichtete Minsk darauf, das russische Vorgehen gutzuheißen oder zu unterstützen.lvii Andererseits stimmte Belarus bei den Vereinten Nationen gegen einen Vorschlag der Ukraine, das russische Verhalten zu ächten, was in Kiew erhebliche Irritationen auslöste.lviii

Dass der Dialog zwischen der Ukraine und Belarus trotzdem keinen grundsätzlichen Schaden nahm, hat mehrere Gründe. So sind beide Länder vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht weiterhin aufeinander angewiesen und verfolgen eine energie- und wirtschaftspolitische Diversifizierungsstrategie, um unabhängiger vom russischen Übergewicht in der Region zu werden. Aus belarussischer Sicht gilt es dabei auch, russische Bestrebungen, den Einfluss in Belarus wieder zu vergrößern und seine Eigenständigkeit einzuschränken, zurückzuweisen.lix Die Ukraine hingegen kann mit Belarus Waren handeln, die früher primär mit Russland getauscht wurden. Oftmals besteht dabei jedoch der nicht unbegründete Verdacht, dass es sich weiterhin um die gleichen, lediglich in Belarus umetikettierten, russischen Güter handelt.lx Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Belarus und der Ukraine haben sich dennoch im vergangenen Jahrzehnt kontinuierlich verbessert.lxi Zwar verzeichnete der Handel durch den ukrainischen Territorialverlust infolge der russischen Politik im Jahr 2015 einen merklichen Einbruch, das Handelsvolumen beider Länder stieg seitdem jedoch stetig an.lxii Für das wirtschaftliche Wohlergehen beider Staaten bleiben gute Beziehungen zueinander daher unerlässlich.

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Grund für die verbesserten Beziehungen liegt in dem vertrauensvollen Verhältnis der Staatschefs seit 2014.lxiii Großen Anteil daran hatten die persönlichen Treffen von Lukaschenko und Poroschenko bis zu dessen Ausscheiden aus dem Präsidentenamt 2020.lxiv Zwar wurde die belarussische Politik, insbesondere die autoritären Beschneidungen von Grundrechten durch die Regierung in Minsk, regelmäßig in den ukrainischen Medien kritisiert. Das tatsächliche Verhältnis zwischen beiden Regierungen in den vergangenen Jahren hingegen blieb jedoch von zahlreichen Konsultationen und wechselseitigen Besuchen in den vergangenen Jahren geprägt.lxv Alexander Lukaschenko ist, wohl auch aufgrund der langen Amtszeit, der beliebteste ausländische Staatschef in der Ukraine, wie Umfragen aus dem letzten Jahr belegen.lxvi Das mag aus westlicher Sicht überraschen, kann aber durch eine Sehnsucht der Ukrainer nach Kontinuität in den politischen Spitzenämtern erklärt werden, die in der Ukraine mit ihren wiederholten Regierungswechseln weiterhin schmerzlich vermisst wird.

Post-sowjetische Zusammenschlüsse

Wenn sich bereits bilaterale Beziehungen im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Abhängigkeit, militärischer Auseinandersetzung und gemeinsamer sowjetischer Historie bewegen, ist es nicht verwunderlich, dass multilaterale Zusammenschlüsse noch weitaus schwieriger zu erreichen sind. Dennoch initiierte vor allem Russland immer wieder wirtschaftliche, politische und militärische Bündnisse im post-sowjetischen Raum, die auch als Reaktion auf die EU-Erweiterung und das Vordringen des Westens in den Osten verstanden werden können.lxvii Die jeweilige Bereitschaft zu neuerlicher Vereinigung ist dabei von den jeweiligen Länderinteressen abhängig und spiegelt deren Bedürfnis nach wirtschaftlichen Vorteilen und Machtgewinn in der Region wieder.

Eurasische Wirtschaftsunion

Als Nachfolger mehrerer Integrationsinitiativen in der Region, wie des belarussisch-russischen Unionsvertrages, gründete sich im Jahr 2015 die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) samt eigener Kommission, Bank und eigenem Gerichtshof.lxviii Institutionell fußt die EAWU auf der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft und der im Jahr 2010 von Kasachstan, Russland und Belarus in deren Rahmen gegründeten Zollunion, der in den Folgejahren Armenien und Kirgistan beigetreten waren.lxix Russland versuchte seitdem, den neu geschaffenen gemeinsamen Binnenmarkt um eine politische Integrationskomponente zu erweitern, auch in direkter Konkurrenz zur EU. Die größten EAWU-Vorhaben umfassen dabei eine gemeinsame Währung und den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, was auf die zukünftige Bedeutung der EAWU als Handelspartner zwischen Europa und Asien hindeutet. Neben der funktionalen Erweiterung und tieferen Integration sollen weitere Länder beitreten, um die Organisation auch regional zu vergrößern. Ein ernster Rückschritt auf diesem Weg war der wenig überraschende Austritt der Ukraine aus der EAWU, dem der russische Präsident 2016 das Ende des Freihandelsabkommens folgen ließ.lxx

Aus Sicht Belarus, das weiterhin eine unabhängige Position bevorzugte, war dabei vor allem der von Russland wiederholt in Aussicht gestellte Gasinlandspreis für Importe verlockend. Ob Belarus damit jedoch einen Weg aus der „Abhängigkeitsfalle“ fände, ist zu bezweifeln.lxxi Die Frage nach den vergünstigten Rohstoffpreisen ist von Russland nämlich an eine tiefere politische Integration geknüpft.lxxii

Aufgrund der russischen Dominanz und dem Mangel an gemeinsamen politischen Zielen und Werten ist die EAWU ein primär wirtschaftlicher Zusammenschluss, in dem die einzelnen Staaten ihre eigenen Interessen stets neu verhandeln.lxxiii Ähnlich wie in der EU, kann die Weigerung eines Mitgliedsstaates zur Handlungsunfähigkeit der gesamten EAWU führen, wie es sich im Krim-Konflikt offenbart hatte. So blockierte Belarus bereits 2014 in der Vorgängerorganisation der Zollunion russische Initiativen zu Strafzöllen gegenüber der Ukraine.lxxiv Für die Beziehungen der Länder Belarus und Russland ist die EAWU daher nicht das primäre Forum. Die größten Chancen der Organisation liegen vielmehr in der Scharnierfunktion zwischen Europa und Asien und gegenwärtig zeichnet sich ein breites Interesse weiterer Beitrittskandidaten ab. Außerdem sind in der Vergangenheit mehrere Freihandelsabkommen zwischen der EAWU und Einzelstaaten, wie zum Beispiel Serbien oder dem Iran zustande gekommen.lxxv Die Entscheidung über den weiteren Integrationsprozess und die Außenbeziehungen der EAWU entsprechen dabei einerseits der russischen Außenpolitik, andererseits den wirtschaftlichen Notwendigkeiten in der Welt. Daher werden die zukünftige Bedeutung und der Charakter der EAWU in großen Teilen vom Verhältnis zwischen China und Russland zueinander bestimmt.

Russische Militärpolitik im Wandel

Die russische Außen- und Sicherheitspolitik hat sich im vergangenen Jahrzehnt grundsätzlich geändert. Nach der Selbstauflösung des Warschauer Vertrags 1991 entwickelte sich bis zur Jahrtausendwende zunächst ein funktionierender Sicherheitsdialog zwischen Russland und der NATO.lxxvi Anschließend vollzog sich jedoch ein graduelles russisches Umdenken in Sicherheitsfragen, parallel zu einem längeren Entfremdungsprozess von der westlichen Außen- und Sicherheitspolitik. Von nachhaltiger Bedeutung waren dabei der Kosovo-Krieg 1999 sowie die Erweiterung von NATO und EU seit 1999 beziehungsweise 2004.

Während die russischen Kooperationsangebote an die NATO nicht die beabsichtigte Tiefe erreichten, integrierten beide westlichen Organisationen ehemalige Warschauer-Pakt Staaten, was Russland sehr beunruhigte.lxxvii Außerdem gaben sowohl die NATO als auch die EU „anderen Instrumenten des internationalen Krisenmanagements den Vorzug […], wie z.B. Sanktionsregimen, der Entsendung von multilateralen zivilen und militärischen Missionen, sowie der Schaffung schneller militärischer Eingreiftruppen“, wodurch kooperative Ansätze unter Einbeziehung und Berücksichtigung russischer Interessen das Nachsehen hatten.lxxviii Außerdem verloren Initiativen zur Rüstungskontrolle zwischen den ehemaligen Supermächten an Bedeutung. Stattdessen gewannen geostrategische Manöver mit kurzfristigen Militärallianzen, bei denen Russland und die USA regelmäßig den jeweils anderen beschuldigten, das Völkerrecht zu brechen, an Bedeutung.lxxix Diese Entwicklung kulminierte in Wladimir Putins vielbeachtetem Auftritt bei der Münchener Sicherheitskonferenz 2007, als dieser mangelnden Respekt und Gleichbehandlung durch die westlichen Staaten, eigenmächtiges Handeln der NATO im Kosovo, die NATO-Ostererweiterung, den Irak-Krieg ohne völkerrechtliche Legitimation und die Unterstützung der sogenannten Farbrevolutionen (Georgien, Ukraine, Kirgisien) seitens des Westens in unmittelbarer Nachbarschaft zu Russland beklagte.lxxx In dieser Hinsicht hat sich die zu Beginn dieses Artikels erwähnte Prophezeiung Gorbatschows erfüllt, weil nicht nur die Moskauer Politik diese Abwertung problematisch empfand. Auch Umfragen unter der russischen Bevölkerung bestätigen diese Einschätzung und belegen ein geschwundenes Vertrauen in die Weltpolitik. Glaubten im Jahr 1994 lediglich 40 Prozent der Russen, dass ihr Land Feinde in der Welt habe, schnellte diese Zahl zwei Jahre später auf 75 Prozent herauf und verharrte seitdem auf dem Niveau zwischen 63 und 84 Prozent.lxxxi Der anfängliche Glaube an eine friedliche Koexistenz der Staaten nach dem Ende der Sowjetunion ist den Befragten in den späten 1990er Jahren deutlich wahrnehmbar abhandengekommen.

Gegen diese kollektiv verstandene Demütigung setzte Putins Russland die Annexion der Krim und die Beteiligung am Ostukrainekonflikt 2014. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das russische Militär kaum mehr als ernst zu nehmende und schlagkräftige Interventionsmacht angesehen.lxxxii Dies änderte sich mit der Annexion der Krim und den russischen Luftschlägen im Syrienkonflikt ab September 2015. Zwar brach das Vorgehen in der Ukraine mit der etablierten europäischen Sicherheits- und Außenpolitik, zugleich widerfuhr Russland die sehnsüchtig erwartete Aufwertung in der internationalen Politik, wodurch auch die eigene Bedeutung gestärkt wurde.lxxxiii Fortan ist das Militär für Russland wieder ein flexibel einsetzbares Instrument der Außenpolitik geworden.lxxxiv Entscheidend war hierbei der in den Vorjahren vollzogene Umbau der eigenen Streitkräfte. In Syrien und auf der Krim wurden weiterentwickelte russische Einheiten eingesetzt, die nicht mehr mit denen aus den Kaukasus- oder Tschetschenienkriegen vergleichbar waren.lxxxv So war es Russland möglich, präzise Militäroperationen durchzuführen, die nur geringe Verluste mit sich brachten.

Mindestens ebenso wichtig ist, dass die Russische Föderation die eigenen Gebietsgewinne von 2014 diplomatisch halten konnte und nicht wieder am Verhandlungstisch hergeben musste.lxxxvi Innerhalb kürzester Zeit gelang es Moskau, wieder als Großmacht wahrgenommen zu werden, deren Interessen es bei internationalen Konflikten zu berücksichtigen gilt.lxxxvii Das langfristige Ziel ist es dabei eine neue, multipolare Weltordnung zu schaffen und bei der zukünftigen Ordnung Europas eine gestaltende Rolle einzunehmen.lxxxviii Besonders verlockend ist aus russischer Sicht, dass kaum Zugeständnisse gegenüber der EU oder in den Vereinten Nationen notwendig waren. Vielmehr zeigte sich, dass die russische Seite mit ihrem spezifischen Verständnis des Völkerrechts und der Menschenrechte erfolgreich gewesen war.lxxxix Der eigenen Bevölkerung zeigte die Regierung außerdem, dass die in den 1990er Jahren geübte relative Zurückhaltung in der Außenpolitik bei der Durchsetzung der eigenen Interessen nicht zielführend gewesen war.

Statistisch erhoben, wird diese Einschätzung von den meisten Russen geteilt. So waren bei einer Umfrage 2017 insgesamt 86 Prozent der Befragten der Meinung, dass Russland von seinen Feinden in der Welt wieder als Bedrohung gesehen wird. Dreiviertel der Befragten beurteilten das positiv.xc Diese Zahlen deuten darauf hin, dass sich mit den militärischen Erfolgen auch die russische Selbstwahrnehmung verbessert und der vom Kreml forcierte „Selbstvergewisserungsdiskurs“ Wirkung gezeigt hat.xci Vielleicht ist auch mit dieser positiven Rückmeldung in Russland zu erklären, dass die russische Politik ihre Axiome eigenständiger und losgelöst von Europa verkündet. So erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach der Besetzung der Krim, dass Russland zwar zu Europa gehöre, jedoch über eine andere Ausrichtung verfüge.xcii Russland beharre dabei auf einem eigenständigen Wertekanon, der sich von den westeuropäischen Überzeugungen substanziell unterscheide.xciii Die russische Politik bestreitet somit kaum mehr einen Sonderrolle im europäischen Vergleich, sondern betont diese regelrecht. Die Moskauer Absicht dahinter besteht auch darin, nicht nach westlichen Standards gemessen werden zu wollen. Außerdem ermöglicht diese Herangehensweise, selektiv Verantwortung zu übernehmen, ohne in den internationalen Organisationen langwierige Allianzen schmieden zu müssen. Die westlichen Bündnisse hingegen täten gut daran, den Dialog mit Russland nicht abreißen zu lassen, eine größere Verantwortung von Moskau einzufordern und auf eine klare Ächtung von weltweiten Völkerrechtsverstößen hinzuwirken.

Die OVKS als neues Militärbündnis

Nach dem Ende der Sowjetunion und des Warschauer Vertrags im Jahr 1991 bemühten sich die ehemaligen Mitgliederstaaten zunächst um die eigene nationalstaatliche Konsolidierung und Entflechtung. Dennoch umfassten die Planungen der GUS die Absichtserklärung ein kollektives Sicherheitsbündnisses zu schaffen, welches dann zehn Jahre später von Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Russland und Tadschikistan formell beschlossen wurde.xciv Der ersten Phase der Desintegration des ehemals gemeinsamen Militärs in den 1990ern folgte seit den 2000er Jahren eine allmähliche Konzentration und Integration der nationalen Streitkräfte im Rahmen der sogenannten Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS).xcv Wichtigste Bestandteile des Vertragswerkes sind wechselseitige Beistandsklauseln sowie Kooperationserklärungen für den militärischen und außenpolitischen Bereich. Die Annäherung folgte dabei auch aus pragmatischen Überlegungen, da die nationalen Streitkräfte durch die gemeinsame Geschichte im Warschauer Pakt systemisch kompatibel waren und sie von Russland Waffen zu günstigeren Konditionen kaufen konnten.xcvi

Praktische Einsatzszenarien sind gemeinsame Anti-Terror-Einsätze, koordinierte Einsätze gegen organisierten Menschen- und Drogenhandel und Einsätze im Falle einer drohenden inneren Destabilisierung von Mitgliedsstaaten, beispielweise bei Umstürzen oder in Bürgerkriegen.xcvii Die OVKS kann dabei auch auf gelungene Kooperationen mit den Vereinten Nationen zurückblicken, wie die seit 2003 andauernde Operation Kanal: Im Jahr 2006 beschlagnahmten UN-Truppen dabei gemeinsam mit Einheiten der OVKS-Staaten mehr als elf Tonnen afghanischen Heroins, das für den europäischen und afrikanischen Markt bestimmt war.xcviii Außerdem verfügt die OVKS über schnelle Eingreiftruppen und unterschiedliche Arbeitsstäbe.

Die NATO zeigt keine Ambitionen, die OVKS als internationalen Akteur durch Zusammenarbeit aufzuwerten.xcix In der Vergangenheit hatte das östliche Militärbündnis der NATO Kooperationsangebote unterbreitet, auf die die das westliche Bündnis jedoch nicht eingegangen ist.c Hier zeigen sich Parallelen zu Russlands Erfahrungen als außenpolitischer Akteur, den das westliche Militärbündnis lange Zeit gering achtete.

Aber auch innerhalb der OVKS dauern grundlegende politische und militärstrategische Probleme an. Das größte Ungleichgewicht besteht durch die russische Vormachtstellung innerhalb des Bündnisses. Praktisch gesehen hat Russland zwar ein grundsätzliches Interesse an der OVKS, um multilateral agieren zu können, übernimmt aber bei Manövern die Befehlsgewalt und benötigt daher kaum eine organisationale Abstimmung.ci Aufgrund der jüngsten erfolgreichen russischen Militärinterventionen besteht aus Moskauer Sicht zudem keine zwingende Notwendigkeit für eine solche Militärallianz mehr.cii Im Ukrainekonflikt zeichnete sich bereits deutlich ab, dass die OVKS keine ernst zu nehmende Größe der völkerrechtlichen Konfliktbeilegung sein würde. Auch hier waren es die heterogenen Interessen der Mitglieder, die eine gemeinsame Position des Bündnisses verhinderten. Daher haben die einzelnen Mitglieder weiterhin unterschiedliche Ansichten zur Bedeutung der heterogenen Allianz.ciii Entscheidend ist, welche Bedeutung Russland der OVKS zukünftig beimisst, denn hiervon hängt die Zukunft dieser Organisation maßgeblich ab.

EU, Westeuropa und USA

Seit dem Ende der Sowjetunion hat sich die politische Realität in Europa insgesamt verändert. Die europäische Integration und EU-Erweiterung sind dafür die deutlichsten Belege. Mit der EU-Kommission ist ein wichtiger Internationaler Akteur herangewachsen, der auch für die ehemaligen Sowjetstaaten von höchster Relevanz ist und eine eigene Politik in der Region verfolgt. Belarus, die Ukraine und Russland reagieren auf den gewachsenen großen Nachbarn im Westen denkbar unterschiedlich. Aus russischer Sicht ist vor allem die politische Integration ehemaliger sozialistischer Staaten durch die EU von Bedeutung, von denen sie nun durch die EU-Außengrenze klar abgetrennt ist. Kaliningrad ist eine russische Enklave im EU-Gebiet geworden. Auch den Schutz seiner Minderheiten in den baltischen Republiken nimmt Russland überaus ernst. Die Ukraine hingegen möchte eine möglichst tiefe wirtschaftliche Integration mit der EU erreichen, scheitert dabei aber nicht nur an den Vorbehalten aus Brüssel, sondern auch am eigenen Reformstau. Belarus hat durchaus ein Interesse an einer pragmatischen und vorrangig wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Brüssel, die jedoch regelmäßig abwechselnde Phasen der Entfremdung und Wieder-Annäherung durchläuft. Darüber hinaus vertritt die EU die Interessen seiner Mitgliedsstaaten und ist zugleich bemüht, den Einfluss Russlands in der Region zu mindern. Russland wiederum legt seinen Finger regelmäßig in innereuropäische Wunden und profitiert dabei von der Uneinigkeit der EU-Mitglieder untereinander. Beispiele hierfür sind der Brexit, die EU-Flüchtlingspolitik oder der Umgang mit den Mitgliedsstaaten Polen und Ungarn.civ

Belarus und die EU verbindet seit dem Jahr 2009 die sogenannte Östliche Partnerschaft. Grundzüge des Austauschs sind das belarussische Interesse an Zugang zum EU-Binnenmarkt, während die EU auf Einhaltung von Menschenrechtsstandards pocht.cv Diese unterschiedliche akteursspezifische Gewichtung wirtschaftlicher und menschenrechtlicher Aspekte weckt Assoziationen zum KSZE-Prozess in den 1970er Jahren, als sozialistische Staaten ein westliches Verständnis von Menschenrechten in Kauf nahmen, um eine völkerrechtliche Aufwertung und wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Ein unmittelbarer Vorteil der Östlichen Partnerschaft ist, dass sie einen kontinuierlichen Kommunikationskanal zwischen der EU und Belarus offenhält, wenngleich dieser nicht die höchsten politischen Ebenen umfasst.cvi

Im Zuge der wirtschaftlichen Diversifizierungsbemühungen von Belarus und in Anbetracht der aggressiver werdenden russischen Außenpolitik hat das Land außerdem ein großes Interesse an der EU als politischem Gegengewicht zu Russland.cvii Aber auch seitens der EU spielt Russland im Verhältnis zu Belarus eine bedeutende Rolle. So ist mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu beobachten, dass Brüssel im Zuge härterer Sanktionen gegenüber Russland zugleich Anzeichen gegenüber Minsk erkennen lässt, die auf eine leichte Entspannung hindeuten.cviii Die EU, so scheint es, möchte den indirekten Kontakt zu Moskau über Minsk in diesen Situationen nicht abreißen lassen oder verspricht sich durch den Diskurs mit Lukaschenko andere Vorteile in Verhandlungen mit der Russischen Föderation.

Die beispielsweise anlässlich der Präsidentschaftswahlen regelmäßig von der EU geäußerte Kritik an den Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung in Minsk belastet das Verhältnis zu Belarus außerordentlich. Bereits vor den Wahlen gewinnt die Rhetorik der EU dabei regelmäßig an Schärfe, sie mahnt einen demokratischen und fairen Wahlkampf an.cix Nach den Wahlen folgen regelmäßig öffentliche Verurteilungen der belarussischen Politik seitens der EU, die von Wirtschaftssanktionen und Maßnahmen gegen exponierte, einzelne Politiker des Landes begleitet werden. Ebenso regelmäßig werden diese Sanktionen jedoch nach ein bis zwei Jahren wieder gelockert.cx Entsprechend bescheiden sind die Fortschritte in den Verhandlungen zwischen EU und Belarus, dennoch gibt es seit 2016 eine Koordinationsgruppe EU-Belarus, die diesen Prozess unterstützen soll. In diesem Rahmen gab es in der jüngsten Vergangenheit viele Kontakte und wechselseitige Besuche, aber keine Meilensteine in der Politik, geschweige denn Verhandlungen zu einem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, wie es die EU mit der Ukraine abgeschlossen hatte.cxi

Wie bereits gezeigt, ist die Ukraine allerspätestens mit der russischen Annexion der Krim und der Unterstützung der selbsternannten Volksrepubliken durch Russland auf einen EU- und NATO-Kurs eingeschwenkt. So sehr Kiew diese Entwicklung forcieren möchte, scheitert es nach wie vor an den zu geringen Reformen in der Ukraine, da sich die Kooperation mit den westlichen Zusammenschlüssen sich nur unter den Bedingungen des Westens vollziehen wird.cxii Der größte Erfolg bleibt bis jetzt das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen vom 1. September 2017. Die Erklärung des ukrainischen Präsidenten vom 30.5.2017 kam jedoch auch nicht umhin, die russische Intervention und die Abgrenzung zur ehemaligen Schutzmacht zu betonen.cxiii Die eigene Rolle im geeinten Europa bleibt aus Sicht der Ukraine daher auch eine bewusste Entscheidung gegen den großen Nachbarn.cxiv

Entsprechend negativ interpretierte Russland die Östliche Partnerschaft der EU und das sich anschließende Assoziierungsabkommen mit der Ukraine und befürchtet einen weiter sinkenden Einfluss in der Region.cxv Für das Verhältnis Russland-Ukraine war bereits der Beitritt des Landes zur Europäischen Energiegemeinschaft 2011 äußerst bedeutsam, da die EU damit die Gültigkeit des eigenen Rechtsrahmens auf die Ukraine erweiterte.cxvi Fortan wurden EU-Vertreter Teil des Verhandlungsteams bei den hochgradig politisierten Gasverträgen zwischen Russland und der Ukraine.cxvii

Diese Übereinkünfte umfassen im Wesentlichen zwei Aspekte: Einerseits war die Ukraine lange Zeit auf direkte russische Erdgasimporte angewiesen und beendete diese erst nach der russischen Annexion der Krim. Zwar bezieht die Ukraine noch immer russisches Gas, dieses liefern aber europäische Zwischenhändler wie die Slowakische Republik. Andererseits möchte Kiew, weiterhin russisches Gas durch die eigenen Pipelines in die EU leiten um beträchtliche Transitgebühren einzunehmen. Russland hingegen hat unter anderem mit den Nord Stream Pipelines 1 und 2 eine Diversifizierung der Transportwege geschaffen und damit potentiell eigene Profite, aber auch die Versorgungssicherheit der EU erhöht. Aufgrund der besseren Trassenführung zu den Gasfeldern der Jamal-Halbinsel ist diese Strecke nicht nur ökonomischer, sondern auch umweltfreundlicher. Die neuen Leitungen sind effizienter und wartungsärmer als die vierzig Jahre alten ukrainischen Leitungen.cxviii Russland wird somit die Ukraine als Transitland bald völlig umgehen können und dem russischen Betreiber Gazprom den Profit zuführen, der der Ukraine über viele Jahre jährlich zwei Milliarden US-Dollar sowie den Ländern Slowakei, Rumänien und Bulgarien mehrere hundert Millionen US-Dollar Erträge eingebracht hat.cxix Daher versucht die EU, die Bedeutung der Ukraine als Transitland aufrecht zu halten, sie lehnt eine russische Reduzierung des ukrainischen Gastransits ab.cxx Obwohl ein derartiges Festhalten für die europäischen Konsumenten Nachteile bedeutet, verzögert die EU-Kommission den Bau von Nord Stream 2 und versucht mit juristischen Mitteln die Transportwege in internationalen Gewässern unter die europäische Gasrichtlinie zu stellen.cxxi Dieses Vorgehen offenbart, dass die EU den politischen Zielen höchste Priorität einräumt und dabei auch wirtschaftliche oder ökologische Interessen zurückstellt.cxxii Die EU-Kommission möchte langfristig die andauernde Abhängigkeit der Mitgliedsstaaten von russischen Rohstoffen vermindern, da diese den politischen Spielraum im Umgang mit Russland erheblich einschränkt.cxxiii Russische Transportwege erhöhen diese Abhängigkeit, da sie der Ukraine und anderen (EU-)Transitländern die Ultima Ratio einer Transportwegblockade nähmen. Die grundsätzliche Abhängigkeit vom russischen Erdgas hingegen wird in den nächsten Jahren kaum abnehmen, wenngleich die Abkehr von der fossilen Energie der EU langfristig auch den Ausstieg aus russischen Energieträgern bedeutet.

Das Vorgehen der EU-Kommission trifft nicht auf die ungeteilte Zustimmung bei den Mitgliedsstaaten. Während die baltischen Länder und Polen ihr Misstrauen gegenüber Russland betonen, bleiben Deutschland und andere Länder bislang mehrheitlich Fürsprecher in Sachen Nord Stream 2.cxxiv Das überrascht nicht, sind doch neben russischen, französischen und niederländischen vor allem deutsche Firmen am Betreiberkonsortium beteiligt. Russland hingegen war bei den Gasverhandlungen mit der Ukraine und der EU gegen Ende des Jahres 2019 in der schwächeren Verhandlungsposition, da Gazprom seine Verträge mit EU-Kunden zu erfüllen hatte und die Frage der Liefertreue über den politischen und wirtschaftlichen Zielen Russlands stand, den Ukrainetransit zu marginalisieren.cxxv

Die USA versuchen von dieser Situation zu profitieren, indem sie das eigene Flüssiggas auf den europäischen Markt bringen wollen. Diese Absicht beeinträchtigt auch die amerikanische Außenpolitik gegenüber der EU und ihren Mitgliedsstaaten, da Washington den an Nord Stream 2 beteiligten Firmen und Ländern überaus erfolgreich mit Sanktionen droht.cxxvi Konkrete Überlegungen sehen statt russischer Lieferungen den Import amerikanischen Flüssiggases in die Ukraine auf dem Seeweg vor. Auch der Export von Nukleartechnik und amerikanischer Kohle in die Ukraine wurde im US-Kongress diskutiert.cxxvii Daher haben die USA nicht nur ein politisches, sondern auch ein wirtschaftliches Interesse an der Ukraine.

Jenseits der ukrainischen NATO-Ambitionen kam es zu Militärunterstützung in Form von amerikanischen Waffenlieferungen. Wurden unter dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama lediglich Waffen, die Menschen kampfunfähig machten aber nicht töten sollten, in die Ukraine verkauft, fiel diese Beschränkung mit der Trump-Administration im Jahr 2016. Fortan wurden auch reguläre Waffen und Munition exportiert.cxxviii Sanktionen gegenüber Russland hatten beide US-Regierungen während ihrer Amtszeit wiederholt verhängt oder verschärft.cxxix

Weitaus diffiziler ist das ebenfalls von Sanktionen geprägte Verhältnis der USA zu Belarus. Hier führte die stärker national ausgerichtete belarussische Außenpolitik dazu, dass die USA bis 2020 einen durchaus pragmatischen Dialog mit Belarus führten.cxxx Ein Höhepunkt dieser Entwicklung war die logistische Unterstützung bei US-Truppenverlegungen in Afghanistan durch Minsk im Jahr 2017.cxxxi Ähnlich wie im Verhältnis zur EU nutzt das Land derartige Manöver, um seine außenpolitische Eigenständigkeit gegenüber Russland und der EU zu illustrieren und zu bewahren.

Auf das Verhältnis der Russischen Föderation zu den USA wird an dieser Stelle aus Platzgründen nicht eingegangen.cxxxii Es ist aber verständlich, dass Russland durch die eigenständige Außenpolitik der ehemaligen Sowjetrepubliken und unmittelbaren Nachbarstaaten erkennen musste, dass der eigene Handlungsspielraum in den vergangenen dreißig Jahren erheblich abgenommen hat. Die eigenen Ambitionen in der Region versteht Moskau dabei auch als Reaktion auf die US-amerikanische Außenpolitik in Europa und der Welt.

Ausblick: Ist eine postsowjetische Integration sinnvoll?

Dass es sich bei den Staaten Ukraine und Belarus im Jahr 2021 kaum mehr um russische oder post-sowjetische Satelliten handelt, steht außer Frage. Dennoch sind die jeweiligen Strategien beider Länder, sich der russischen Einflusssphäre zu entziehen, durchaus unterschiedlich. So änderte die Ukraine wiederholt ihren außenpolitischen Bezugspunkt, bis die Krise des Jahres 2014 sie regelrecht zu einer endgültigen Westorientierung zwang. Es ist dennoch erstaunlich, dass, ungeachtet der kulturellen und historischen Nähe zu Russland, ein gegen Russland gerichteter Nation-Building-Prozess einsetzte, der den Reform- und europäischen Integrationsprozess letztlich beschleunigte. Die tiefste Integration mit Russland besteht nach wie vor im wirtschaftlichen Bereich, was jedoch durch die abnehmende Bedeutung der ukrainischen Gastransitstrecke im nächsten Jahrzehnt noch weiter nachlassen wird. Bis jedoch die erwünschte Westintegration in EU und NATO Fortschritte machen kann, muss die Ukraine wesentliche Reformen, beispielsweise zur Korruptionsbekämpfung und weitergehenden Entflechtung der Wirtschaft, durchführen. Dennoch ist der Weg gen Westen vorgezeichnet. Das gemeinsame sowjetische Erbe steht diesem Prozess nicht entgegen.

Ähnlich verhält es sich mit der Bevölkerung von Belarus, die sich jedoch weniger eine Integration in einen der benachbarten Machtblöcke wünscht und stattdessen lieber eine neutrale Position zwischen EU und Russland, aber auch China und den USA wählen würde.cxxxiii Hier ist das Erbe der fünfundzwanzigjährigen Herrschaft Lukaschenkos und des belarussischen Gesellschaftsvertrages erkennbar. Es scheint, als müsse sich die Gesellschaft erst selbst von ihrem politischen Dornröschenschlaf wachküssen und sich ihrer eigenen Identität gewahr werden. Die Proteste seit dem Sommer 2020 zeigen dabei, dass dieser Prozess langwierig und ergebnisoffen verläuft. Denn wenngleich weite Teile der Gesellschaft ein weiter so ablehnen, ist die Frage einer außenpolitischen Orientierung nach wie vor unbeantwortet, worin sich übrigens die Opposition und das Lukaschenko-Regime im Jahr 2021 kaum unterscheiden.cxxxiv

Wie in der Ukraine auch, befürworten in Belarus vor allem ältere Menschen eine fortgesetzte politische und gesellschaftliche Nähe zu Russland. Eine neue Sowjetunion ist dabei jedoch für die absolute Mehrheit der Bevölkerung nicht vorstellbar, da Russland kaum noch sowjetisch, sondern primär marktwirtschaftlich orientiert wahrgenommen wird.cxxxv Eine Sowjetnostalgie verfängt unter diesen Umständen nicht mehr und die jungen Belarussen verbindet weitaus weniger mit Russland als die ältere Generation. Das Land steht erst am Anfang eines Prozesses, der die eigene Identität gegenüber dem Westen und dem Osten ausbilden und verteidigen wird. Ebenso zeigt sich auch hier, dass zunehmender Diversifizierung der Energie- und Wirtschaftsbeziehungen die Bedeutung Russlands für Belarus abnehmen wird.cxxxvi Dieser Prozess ist jedoch noch nicht so weit fortgeschritten wie beim Nachbarland Ukraine und es ist fraglich, wann und ob er sich weiter vollziehen wird.

Russland bleiben dabei lediglich Appelle und Wünsche, die das Ende der Sowjetunion zwar äußerst emotional als „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnen, ohne jedoch Argumente für eine künftig tiefere Integration mit anderen ehemaligen Sowjetrepubliken vorzutragen.cxxxvii Vielmehr scheint es, dass exponierte Politiker sich in der Defensive befinden, wenn sie, wie Außenminister Lawrow im März 2016, die damaligen besonderen sozialen Fortschritte in den einzelnen Republiken unter Sowjetherrschaft hervorheben müssen, um das große russische Projekt des 20. Jahrhunderts zu retten.cxxxviii Die Sowjetunion ist demnach eine in russischen Umfragen und dem populären Gedächtnis oftmals verklärte Epoche, in der die Welt weniger kompliziert erschien und die sozialen Probleme der russischen Gegenwart weniger deutlich waren. Eine realistische Option auf eine tiefere Integration der ehemaligen Mitgliedsstaaten besteht damit nicht. Weder werden die Länder freiwillig ihre Souveränität aufgeben, noch wird Russland eine Union erzwingen wollen – selbst wenn es nur aus dem Grund ist, dass Russland durch die wirtschaftlichen Folgekosten von einer solchen Einverleibung weiterer Territorien abgehalten wird.cxxxix

 

 

 

Anmerkungen

1Autor: Dr. Christian Werkmeister, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Ettersberg, Weimar

i Der Artikel greift in unter anderem auf den äußerst empfehlenswerten und stets aktuellen Informationsdienst der Länder-Analysen zu Russland, der Ukraine und Belarus zurück, deren Kommentare, Analysen und Grafiken unter folgendem Link kostenfrei abonniert werden können: www.laender-analysen.de.

ii Michail Gorbatschow: Ansprache an die Sowjetbürger. Rede des Staatspräsidenten der UdSSR im Fernsehen, 25.Dezember 1991, online verfügbar am 24.02.2021 unter: 100(0) Schlüsseldokumente zur russischen und sowjetischen Geschichte (1917-1991), www.1000dokumente.de/index.html

iii Vgl. Alexander Libman: Regionale wirtschaftliche Integration in Eurasien: Die Eurasische Wirtschaftsunion, in: Russlands-Analysen Nr. 353, 20.04.2018, S. 3-5, S. 3.

iv Vgl. Valeriya Kostyugova: Belarus und Russland: Perspektiven einer Normalisierung, in: Belarus-Analysen Nr. 49, 18.04.2020, S. 9-13, S. 10. Ein Ergebnis dieser Politik war, dass es zwischen 1995-2017 kein Grenzregime zwischen Belarus und Russland gab, vgl. Ryhor Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen. Immer mehr Streit und immer weniger Kompromissbereitschaft, in: Belarus-Analysen Nr. 31, 5.5.2017, S. 2-5, S. 3.

v Vgl. Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen, S. 2; vgl. Anatoly Pankovski: Belarus – Russia: War and Peace, in: Anatoly Pankovski/ Valeria Kostyugova (Hrsg.): Belarusian Yearbook 2019, Vilnius 2019, S. 53-59, S. 59.

vi Vgl. Libman: Regionale wirtschaftliche Integration in Eurasien, S. 3.

vii Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen, S. 3.

viii Vgl. Simon Schulte: Perspektiven des Erdgastransits durch die Ukraine, in: Ukraine-Analysen Nr. 195, 08.02.2018, S. 15-17, S. 15.

ix Vgl. Roland Götz: Die „Lex Nord Stream 2“: Ein energierechtliches oder außenpolitisches Projekt?, in: Russland-Analysen Nr. 354, 04.05.2018, S. 8-11, S. 8.

x Vgl. Roland Götz: Abwicklung – Russlands Energiebeziehungen mit der Ukraine, in: Russland-Analysen Nr. 337, 23.06.2017, S. 2-6, S. 2.

xi Die einzige Form der Energiediversifizierung liegt nun im Bau von Atomkraftwerken, welche wiederum von der russischen Firma Rosatom realisiert werden sollen und die baltischen Nachbarn verunsichern, vgl. Andreas Heinrich: Energieprobleme in Russlands Beziehungen mit Belarus, in: Belarus-Analysen Nr. 33, 27.09.2017, S. 12-14, S. 12.

xii Vgl. Pankovski: Belarus – Russia, 54.

xiii Für die Zahlen des Jahres 2018 vgl. Pankovski: Belarus – Russia, S. 53.

xiv Vgl. Heinrich: Energieprobleme in Russlands Beziehungen mit Belarus, S. 13.

xv Vgl. Kamil Kłysiński: Doppelte Realität. Die russische Informationskampagne zu Belarus, in: Belarus-Analysen Nr. 31, 5.5.2017, S. 7-10, S. 8.

xvi Vgl. Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen, S. 2.

xvii Vgl. Siarhei Bohdan: Stiller Rück- und Umbau der belarussischen Streitkräfte trotz der Militarisierung in der Region, in: Belarus-Analysen Nr. 44, S. 3-7, S. 3-5.

xviii Vgl. Dzainis Melyantsou: Die belarussisch-ukrainischen Beziehungen: Strategische Partnerschaft entgegen der geopolitischen Ausrichtung, in: Belarus-Analysen Nr. 47, 29.01.2020, S. 10-14, S. 11.

xix Vgl. Bohdan: Stiller Rück- und Umbau der belarussischen Streitkräfte trotz der Militarisierung in der Region, S. 7.

xx Vgl. ebd., S. 6-7.

xxi Vgl. Artyom Shraibman: Belarus und Russland: Brüderlicher Zusammenschluss?, in: Belarus Analysen Nr. 42, 29.03.2019, S. 17-20, S. 19; vgl. Kłysiński: Doppelte Realität, S. 9.

xxii Vgl. Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen, S. 4.

xxiii Vgl. Kłysiński: Doppelte Realität, S. 7.

xxiv Vgl. Grafik 5, in: Belarus-Analysen Nr. 31, 5.5.2017, S. 13.

xxv Vgl. Beziehungen zwischen Belarus und Russland: Umfrage von „Belarussian Analytical Workroom“, in: Belarus Analysen Nr. 42, 29.03.2019, S. 22.

xxvi Vgl. ebd., S. 21.

xxvii Vgl. Grafik 6, in: Belarus-Analysen Nr. 31, 5.5.2017, S. 14.

xxviii Vgl. Melyantsou: Die belarussisch-ukrainischen Beziehungen, S. 11.

xxix Vgl. Oksana Shelest: Revolution in Belarus – Faktoren und Werteorientierungen, in: Belarus-Analysen Nr. 53, 21.12.2020, S. 2-6, S. 2.

xxx Vgl. ebd., S. 3,4.

xxxi Ebd., S. 5.

xxxii Vgl. Tabelle 2: Unterstützungsniveau der NATO-Integration der Ukraine bei den Abstimmungen in der Werchiwna Rada, in: Ukraine-Analysen Nr. 187, 28.06.2017, S. 26.

xxxiii Vgl. Lina Klymenko: Techniken der Nationalgeschichtsschreibung in einem ukrainischen Geschichtslehrbuch für den Schulunterricht, in: Ukraine-Analysen Nr. 196, 22.02.2018, S. 11-14, S. 11-13.

xxxiv André Härtel: Ein neuer Impuls zur Beilegung des Donbas-Konflikts?, in: Ukraine-Analysen Nr. 225, 14.11.2019, S. 2-5, S. 4.

xxxv Vgl. Eduard Klein: Fünf Jahre Maidan – Weckruf an die Gesellschaft, in: Ukraine-Analysen Nr. 209, 27.11.2018, S. 7-8, S. 7.

xxxvi Vgl. Tabelle 2: Unterstützungsniveau der NATO-Integration der Ukraine bei den Abstimmungen in der Werchiwna Rada, in: Ukraine-Analysen Nr. 187, 28.06.2017, S. 26. Es wird nicht überraschen, dass neben dem Vereinigten Königreich die ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten Polen und die baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen die lautesten Befürworter der Ukrainischen NATO-Mitgliedschaft sind, vgl. Elena Ostanina: Die Eskalation im Asowschen Meer aus internationaler Perspektive, in: Ukraine-Analysen Nr. 209, 27.11.2018, S. 2-4, S. 3.

xxxvii Vgl. Hans-Henning Schröder: Großmacht und Geschichte. Über die geistige Grundlegung der russischen Außenpolitik heute, in: Russland-Analysen Nr. 314, 22.04.2016, S. 16-20, S. 17.

xxxviii Vgl. Olexiy Haran: Der Kampf um die Freiheit an der äußeren und inneren Front, in: Ukraine-Analysen Nr. 209, 27.11.2018, S. 5-6, S. 5.

xxxix Vgl. Stefan Meister: Fünf Jahre Krimkrise - Auswirkungen auf die Russische Innenpolitik, in: Russland-Analysen Nr. 369, 12.04.2019, S. 10-11, S. 10; vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 19.

xl Ebd., S. 10; vgl. Volodymyr Kulyk: Die Identität der russischsprachigen Staatsbürger der Ukraine, in: Ukraine-Analysen Nr. 196, 22.02.2018, S. 5-9, S. 6, 8.

xli Vgl. Kulyk: Die Identität der russischsprachigen Staatsbürger der Ukraine, S. 5, 8.

xlii Vgl. ebd., S. 8.

xliii Ebd., S. 9.

xliv Vgl. Balázs Jarábik: Fünf Jahre nach dem Euromaidan: Mehr Nation, weniger Staat, in: Ukraine-Analysen Nr. 209, 27.11.2018, S. 6-7, S. 6.

xlv Vgl. Radio Free Europe: Death Toll Up To 13,000 In Ukraine Conflict, Says UN Rights Office, 26. Februar 2019, online verfügbar am 8. März 2021, unter: www.rferl.org/a/death-toll-up-to-13-000-in-ukraine-conflict-says-un-rights-office/29791647.html.

xlvi Vgl. Alexandr Danilzew: Russlands Handelsbeziehungen zur Ukraine: verschenktes Potential und sinkende Attraktivität, in: Russland Analysen Nr. 337, 23.06.2017, S. 9-11, S. 10, 9.

xlvii Vgl. Meister: Fünf Jahre Krimkrise, S. 10-11.

xlviii Vgl. Yulia Tyschchenko: Die russische „Integrationsstrategie“ für die Krim, in: Ukraine-Analysen Nr. 185, 24.05.2017, S. 2-4, S. 3.

xlix Vgl. Julia Kuznir: Russische Infrastrukturprojekte auf der Krim – eine Bestandsaufnamen, in: Ukraine-Analysen Nr. 201, 11.05.2018, S. 2-5.

l Vgl. Härtel: Ein neuer Impuls zur Beilegung des Donbas-Konflikts?, S. 4; Mikita Merzlou: Die Debatte um den „Putin-Vorschlag“ über den Friedenstruppeneinsatz in der Ostukraine, in: Ukraine-Analysen Nr. 188, 27.09.2017, S. 7-8, S. 7.

li Vgl. ebd., S. 2,3.

lii Vgl. ebd.

liii Vgl. ebd., S. 8, 9.

liv Vgl. Grafiken 5 und 6: Wie Verhalten Sie sich aktuell zu Russland (Umfrage in der Ukraine)/ Wie verhalten Sie sich aktuell zur Ukraine (Umfrage in Russland), in: Ukraine-Analysen Nr. 225, 14.11.2019, S. 8-9.

lv Vgl. Melyantsou: Die belarussisch-ukrainischen Beziehungen, S. 12.

lvi Vgl. ebd., S. 10.

lvii Vgl. Gennady Maksak: Belarus –Ukraine: In a Security Vacuum, in: Anatoly Pankovski/ Valeria Kostyugova (Hrsg.): Belarusian Yearbook 2019, Vilnius 2019, S. 82-88, S. 87.

lviii Vgl. ebd., S. 84.

lix Vgl. ebd., S. 88.

lx Vgl. ebd., S. 87.

lxi Vgl. Grafik 1: Index der Beziehungen von Belarus mit der Ukraine (2011-2019), in: Ukraine-Analysen Nr. 229, 13.02.2020, S. 10.

lxii Vgl. Handel zwischen Belarus und der Ukraine, in: Belarus-Analysen Nr. 47, 29.01.2020, S. 14.

lxiii Vgl. Maksak: Belarus – Ukraine, S. 87.

lxiv Vgl. ebd., S. 82.

lxv Vgl. Melyantsou: Die belarussisch-ukrainischen Beziehungen, S. 11.

lxvi Vgl. Grafik 1: Einstellung der Ukrainer gegenüber internationalen Staatschefs, in: in: Ukraine-Analysen Nr. 229, 13.02.2020, S. 13.

lxvii Vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 16.

lxviii Vgl. Kostyugova: Belarus und Russland, S. 10.; vgl. Pankovski: Belarus – Russia, S. 57. Eine englische Fassung des Gründungsvertrags der Eurasischen Wirtschaftsunion kann auf der Webseite des EAWU eingesehen werden, vgl. Eurasian Economic Union: Legal Portal, online verfügbar am 8. März 2021, unter: docs.eaeunion.org/en-us/pages/displaydocument.aspx.

lxix Vgl. Libman: Regionale wirtschaftliche Integration in Eurasien, S. 3. Während der feierlichen Unterzeichnung der Gründungsurkunde kam der belarussische Präsident Lukaschenko nicht umhin, einen Seitenhieb auf die Ukraine zu wagen, die im Integrationsprozess „verloren gegangen“ sei, ein englisch untertiteltes Video hiervon findet sich auf der Seite der Wikimedia, online verfügbar am 8. März 2021 unter commons.wikimedia.org/w/index.php.

lxx Für das russischsprachige Dekret vgl. Dekret Nr. 628 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 16.12.2015, online verfügbar am 8. März 2021, unter: publication.pravo.gov.ru/Document/View/0001201512160035.

lxxi Vgl. Shraibman: Belarus und Russland, S. 17; vgl. Heinrich: Energieprobleme in Russlands Beziehungen mit Belarus, S. 10.

lxxii Vgl. Kostyugova: Belarus und Russland, S. 11.

lxxiii Vgl. Pankovski: Belarus – Russia, S. 59; vgl. Libman: Regionale wirtschaftliche Integration in Eurasien, S. 3-5, S. 4.

lxxiv Vgl. Melyantsou: Die belarussisch-ukrainischen Beziehungen, S. 11.

lxxv Die EU sieht insbesondere die Annäherung Serbiens als ein Hindernis im EU-Integrationsprozess des Balkanstaates, vgl. b92: European Commission: Serbia will have to terminate the agreement with Eurasian Union, online verfügbar am 8. März 2021, unter: www.b92.net/eng/news/world.php.

lxxvi Vgl. Nadja Douglas: Militärische Vertrauensbildung zwischen Russland und dem Westen – Herausforderung für die OSZE, in: Russland-Analysen Nr. 314, 22.04.2016, S. 5-8, S. 5.

lxxvii Vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 16.

lxxviii Douglas: Militärische Vertrauensbildung zwischen Russland und dem Westen, S. 5.

lxxix Vgl. ebd., S. 7.

lxxx Vgl. Gernot Erler: Den Eskalationsprozess stoppen. Ziele der Deutschen Russlandpolitik, in: Russland-Analysen Nr. 354, 04.05.2018, S. 2-4, S. 3.

lxxxi Vgl. Grafik 8: Was denken Sie, hat Russland heutzutage Feinde?, in: Russland-Analysen Nr. 328, 20.01.2017, S. 16.

lxxxii Bettina Renz: Russlands modernisiertes Militär. Die Lehren aus der Krim und Syrien, Russland-Analysen Nr. 328, 20.01.2017, S. 11-14, S.11.

lxxxiii Vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 17, 16.

lxxxiv Vgl. Renz: Russlands modernisiertes Militär, S.13.

lxxxv Vgl. ebd., S.12.

lxxxvi Vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 17.

lxxxvii Vgl. Renz: Russlands modernisiertes Militär, S.13; vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 19.

lxxxviii Härtel: Ein neuer Impuls zur Beilegung des Donbas-Konflikts?, S. 4; vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 18.

lxxxix Vgl. Lauri Mälksoo: Russland und das Völkerrecht: Einige Widersprüche, in: Russland-Analysen 362, 16.11.2018, S. 2-4, S. 2.

xc Vgl. Jens Siegert: Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“ – 25 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion, in: Russland-Analysen Nr. 328, 20.01.2017, S. 24- 27, S. 24.

xci Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 20.

xcii Vgl. ebd., S. 16.

xciii Vgl. ebd., S. 19.

xciv Vgl. Julija Mikitina: Das System kollektiver Sicherheit in Eurasien, in: Russland-Analysen Nr. 353, 20.04.2018, S. 11-15, S. 11. Eine englische Fassung des kollektiven Sicherheitsvertrages von 1992 und der Vertrag zur Schaffung der Organisation des Vertrags über die kollektive Sicherheit können auf den Webseiten der Organisation eingesehen werden, vgl. Collective Security Treaty Organization: Documents, online verfügbar am 8. März 2021, unter: en.odkb-csto.org/documents/.

xcv Vgl. Mikitina: Das System kollektiver Sicherheit in Eurasien, S. 11.

xcvi Vgl. Stephen Aris: Immer noch auf der Suche: Die OVKS als gemeinsamer politischer und militärischer Rahmen, in: Russland-Analysen Nr. 328, 20.01.2017, S. 7-11, S. 8.

xcvii Vgl. Mikitina: Das System kollektiver Sicherheit in Eurasien, S. 12.

xcviii Vgl. Vereinte Nationen: UN drugs agency to cooperate with Collective Security Treaty Organization in fighting drug trafficking and crime, 5. April 2006, online verfügbar am 8. März 2021, unter: www.unodc.org/unodc/en/press/releases/press_release_2006_04_05_2.html.

xcix Vgl. Aris: Immer noch auf der Suche, S. 10.

c Vgl. Mikitina: Das System kollektiver Sicherheit in Eurasien, S. 112.

ci Vgl. Aris: Immer noch auf der Suche, S. 10-11.

cii Vgl. Mikitina: Das System kollektiver Sicherheit in Eurasien, S. 14.

ciii Vgl. Aris: Immer noch auf der Suche, S. 9.

civ Vgl. Wolfgang Zellner: Perspektiven einer kooperativen europäischen Ordnung und die OSZE, in: Russland-Analysen Nr. 314, 22.04.2016, S.2-4, S. 2.

cv Vgl. Denis Melyantsou: Belarus –European Union: A Year of Unfulfilled Expectations, in: Anatoly Pankovski/ Valeria Kostyugova (Hrsg.): Belarusian Yearbook 2019, Vilnius 2019, S. 60-67, S. 65, 66.

cvi Vgl. Katsiaryna Shmatsina: 10 Jahre Östliche Partnerschaft für Belarus - Erfolg, Misserfolg oder etwas dazwischen?, in: Belarus-Analysen Nr. 47, 29.01.2020, S. 2-6, S. 6.

cvii Vgl. Melyantsou: Belarus –European Union, S. 61.

cviii Vgl. Astapenia: Die Verschlechterung der belarussisch-russischen Beziehungen, S. 2.

cix Vgl. Melyantsou: Belarus –European Union, S. 67.

cx Vgl. Shmatsina: 10 Jahre Östliche Partnerschaft für Belarus, S. 3.

cxi Vgl. Melyantsou: Belarus –European Union, S. 64.

cxii Vgl. Gerhard Simon: Ist der Weg der Ukraine nach Westen unumkehrbar?, in: Ukraine-Analysen Nr. 209, 27.11.2018, S. 10-11, S. 10.

cxiii Vgl. President Comments on the Decision by the Dutch Senate to Ratify the Ukraine-EU Association Agreement (30.05.2017), in: Ukraine-Analysen Nr. 187, 28.06.2017, S. 24.

cxiv Auch Russland reagierte sichtlich getroffen, als eine Sprecherin des Außenministeriums auf Nachfrage erklärte, dass trotz des „anti-russische[n] Charakter[s]des Ukraine-EU-Assoziationsabkommens“ die Ukraine noch kein EU-Beitrittskandidat werde, vgl. Reply by Foreign Minister Spokesperson Maria Zakharova to a Media Question on the Ratification of the Ukraine-EU Association Agreement by the Dutch Parliament (30.05.2017), in: Ukraine-Analysen Nr. 187, 28.06.2017, S. 24-25, S. 25. Und auch in der Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Assoziierungsabkommen vom 21.06.2016 finden sich im Abschnitt zur Ukraine vier ganze Absätze, die sich explizit an Russland wenden und die sogenannten „Volksrepubliken“, den Abschuss des Fluges MH17, den Konflikt im Donbass sowie das Minsker Abkommen aus EU-Sicht thematisieren, vgl. Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Assoziierungsabkommen (21.06.2016), in: Ukraine-Analysen Nr. 162, 27.01.2016, S. 9-11, S. 10.

cxv Vgl. Erler: Den Eskalationsprozess stoppen, S. 3.

cxvi Vgl. Inna Chuvychkina: Gastransit durch die Ukraine: alte Probleme, neue Herausforderungen, in: Ukraine-Analysen Nr. 195, 08.02.2018, S. 13-15, S. 14.

cxvii Vgl. Szymon Kardaś/ Wojciech Konończuk: Vorübergehende Stabilisierung. Der russisch-ukrainische Vertrag zum Gastransit, in: Ukraine-Analysen Nr. 228, S. 2-5, S. 2.

cxviii Vgl. Götz: Die „Lex Nord Stream 2“, S. 9-10.

cxix Vgl. Roland Götz: Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte des Gastransits durch die Ukraine, in: Ukraine-Analysen Nr. 195, 08.02.2018, S. 17-18, S. 18.

cxx Vgl. Götz: Die „Lex Nord Stream 2“, S. 8.

cxxi Vgl. Kardaś/ Konończuk: Vorübergehende Stabilisierung, S. 4.

cxxii Vgl. Götz: Die „Lex Nord Stream 2“, S. 11.

cxxiii Vgl. Grafik 1: Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland 2017, in: Russland-Analysen 354, 04.05.2018, S. 5.

cxxiv Neben der Politik ist vor allem die deutsche Wirtschaft ein starker Befürworter des Pipelinebaus. In diesem Sinne warb der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft beharrlich für Nord Stream 2 und führte folgende Gründe an: Kürzere Transportwege sind auf Dauer günstiger und umweltfreundlicher. Die Pipeline kann befürchtete Engpässe bei der Gasversorgung abfangen. Die Wirtschaft der EU benötigt weiterhin Gas, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Baustopp würde das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit der EU erschüttern, insbesondere in Anbetracht der bereits investierten vier Milliarden Euro, vgl. Statement des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft zu Nord Stream 2, 10. April 2018, in: Russland-Analysen 354, 04.05.2018, S. 12.

cxxv Vgl. Kardaś/ Konończuk: Vorübergehende Stabilisierung, S. 4.

cxxvi Vgl. ebd., S. 2.

cxxvii Vgl. Susan Stewart: Überaschende Entwicklung mit offenem Ausgang: die Ukraine-USA-Beziehungen, in: Ukraine-Analysen Nr. 204, 06.07.2018, S. 16-19, S. 18, 19.

cxxviii Vgl. ebd., S. 17.

cxxix Vgl. ebd., S. 16.

cxxx Vgl. Pankovski: Belarus – Russia, S. 56.

cxxxi Yauheni Preihermann: Belarus und der Westen: Zeit für einen qualitativen Sprung nach vorn?, in: Belarus Analysen Nr. 35, 20.12.2017, S. 2-6, S. 5.

cxxxii Bei der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich ein kleines Dossier zum Verhältnis von USA und Russland, vgl. Andreas Heinemann-Grüder: Russland und die Vereinigten Staaten. Dossier, 2019, in: Bundeszentrale für politische Bildung, online verfügbar am 8. März 2021 unter: www.bpb.de/internationales/europa/russland/283698/vereinigte-staaten.

cxxxiii Vgl. Beziehungen zwischen Belarus und Russland: Umfrage des Instituts für Soziologie der Nationalen Akademie der Wissenschaften von Belarus und des Russisch-belarussischen Expertenclubs, in: Belarus Analysen Nr. 42, 29.03.2019, S. 22.

cxxxiv Zur Frage der politischen Opposition vgl. Christian Werkmeister: Video-Interview mit der belarussischen Journalistin Julia Mickiewicz über weiblichen Protest, online verfügbar am 8. März 2021, unter: www.stiftung-ettersberg.de/andreasstrasse/sonderausstellung/ sowie unter www.youtube.com/watch.

cxxxv Vgl. Shraibman: Belarus und Russland, S. 18.

cxxxvi Vgl. Kostyugova: Belarus und Russland, S. 9.

cxxxvii Zitat übernommen aus: Siegert: Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“, S. 24.

cxxxviii Vgl. Schröder: Großmacht und Geschichte, S. 18.

cxxxix Vgl. Shraibman: Belarus und Russland, S. 19.