H-und-G.info 2/2024
Editorial
Zwischen den Schwerpunkten: Kontroversen zum Thema Aufarbeitung H-und-G.info 2/2024
Auch um den Abstand zwischen dem Ukraine Schwerpunkt „Verdun 2.0“ und dem nächsten Schwerpunkt: „Freiheitsentziehung in der DDR“ nicht zu lang werden zu lassen, widmen wir die Ausgabe 2/2024 aktuellen Kontroversen, ergänzt durch akutelle Artikel und Rezensionen.
Die Ampelkoalition hat sich verpflichtet noch in diesem Jahr die Opferentschädigung anzupassen (Novellierung der Gesetzes von 2019), so wie die SPD-Fraktion dies angeregt hatte. In Zeichen knappen Geldes fiel der erste Entwurf aus dem Bundesjustizminsterium schmaler aus, als von vielen erhofft. Aber die meisten vertrauen darauf, dass es während der parlamentarischen Beratung Nachbesserungen geben wird. Eine ungewöhnliche Reaktion hat ein Thesenpapier zur Erinnerungskultur aus dem Hause der Beauftragten für Kultur und Medien hervorgerufen. Wohl erstmals haben sich NS- und DDR-Diktaturaufarbeiter zusammengetan und gegen das Papier protestiert. Die Intention des BKM-Vorstoßes mag ja sinnvoll gewesen sein. Neuere Diskussionen und Erkenntnisse- die Themen Verstrickung Deutschlands im Kolonialismus und Rassismus sollten in die Erinnerungskukltur einbezogen werden. So dilettantisch wie das formuliert war, entsteht der Eindruck, die beiden Diktaturen auf deutschem Boden sollten relativiert werden. Außerdem werden gesellschaftliche Probleme (Rassismus) mit staatlichen (die Thema der Gedenkstätten sind), unsinniger Weise verquirlt. Schade, dass die Staatsministerin Claudia Roth, die gerade mit der Förderung der Gedenkstätte Hoheneck ihr Herz für die Aufarbeitung zu entdecken schien, diesen guten Aufschlag mit dem ungeschickten Paper in Frage gestellt hat. Das alles bedeutet Qualen vor den Wahlen. Wenn soll man da noch wählen? Eigentlich lautet die entscheidende Frage, wenn soll man nicht wählen. So gesehen, ist die Antwort einfach. Aufarbeitung der SED-Diktatur ist immer auch ein Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten. Alle die daran rütteln, oder Parteien in denen Personen wichtige Funktionen haben, die am demokratischen Rechtsstaat rütteln, sind ein no-go. Zwei Artikel von Erhardt Stölting und Christian Booß erinnern daran. Es könnte allerdings der Fall eintreten, dass die demokratischen Parteien keine klaren Mehrheiten bekommen. Was dann? Die Merz-CDU hat sich mit der doppelten Brandmauer festgelegt. Die meisten, die unter dem SED-Staat gelitten haben, haben verständlicher Weise immer noch große Probleme mit einer Partei, die rechtlich ihre Wurzeln in der KPD und SED hat, die mit Finanzmanipulationen in der deutschen Einheit überlebte, und immer noch „Altlasten“ mit sich scheppt. Vorbehalte sind daher menschlich verständlich, aber sind sie 35 Jahre danach auch politisch klug?
Kiffen in Grenzen ist seit neuestem legal. Hinter der Grenze (der DDR) war es das nie. Die DDR-galt als drogenfreie Zone. Ganz war sie das jedoch nie, wie K Hunger darstellt. Manch einer, der sein Bewußtsein auf diese Weise erweitern wollte, fand sein Paradies in der fernen Sowjetunion, wie Gabriel Berger beschreibt.
Kriege haben nie was Gutes. Der Ukraine-Krieg nimmt derzeit sogar noch eine Wendung zum Schlechten. Mangels Waffenunterstützung aus dem Westen frisst die Sache sich mehr und mehr fest, die Ukrainer müssen sogar wieder Kilometer ihres Landes aufgeben und selbst Zivilisten sind gegen Angriffe aus der Luft kaum geschützt. Unter solchen Bedingungen leidet die Demokratie. Die Ukraine wird notgedrungen seit 2022 mit dem Kriegsrecht regiert, Präsident Selenskji amtiert nun seit 5 Jahren weiter, da die Wahl nicht stattfinden kann. Was das bedeutet analysierte für H-und-G.info Denis Trubetzkoj.
Sorgen bereiten sollte uns allen aber vor allem auch die hybriden Angriffe Putins, mit denen er versucht, unsere westliche Demokratie auszuhöhlen. Das Krah-Krah-AfD-Syndrom ist nur ein Beispiel für antidemokratische Einflussnahme. In Georgien müssen NGOs demnächst fürchten verfolgt zu werden. Zwilichtige Politiker ahmen das Modell Putin nach. (Kakhlishvili) Das Ganze erinnert an Stasi-Zeiten, wo westliche Vereine als „Feindorganisationen“ gebrandmarkt und verfolgt wurden. So haben auch schon die Ungarn die Demokratiestiftung von George Soros ausser Landes getrieben.
Neues aus der Forschung kommt von Titutus Jaskulowsi (polnische Geheimdienste), Sascha Ilko Kowalczuk (Walter Ulbricht) und Lothar Tautz (AG Solidarische Welt) und Hanno Hochmuth (Berlin).