Persönlicher Kommentar
Die Verlockung der D-Mark
von Martin Böttger
Mit dem Versprechen der Kohl-Regierung, in Ostdeutschland möglichst bald die D-Mark einzuführen und die beiden deutschen Staaten zu vereinen, gewann die CDU die Volkskammerwahl vom 18. März 1990.
Nun ging es bei der DM-Einführung nur noch um den Wechselkurs. Obwohl die Kaufkraft der DDR-Mark nur knapp ein Drittel der D-Mark betrug, forderten die meisten DDR-Bürger einen Umtauschkurs von 1:1.
Dieser Umtauschkurs für Guthaben und Kredite erschien unproblematisch, da er nur ein einmaliges Geschenk an die DDR-Bevölkerung bedeutete. Zudem war diese Umtauschaktion auf 4000 Mark gedeckelt. Darüberhinausgehende Guthaben wurden 1:2 eingetauscht.
Problematisch wurde aber die Umtauschaktion für monatlich wiederkehrende Zahlungen: Löhne, Gehälter und Mieten wurden generell 1:1 umgerechnet. Das bedeutete faktisch eine Aufwertung der DDR-Mark auf mindestens das Dreifache.
Bei den Mieten erschien das wenig problematisch, waren sie doch in der DDR in der Regel sehr niedrig. Schlimm wurde es jedoch bei Löhnen und Gehältern. Denn die arbeitsvertraglich festgesetzten Löhne wurden ab dem 1. Juli in der gleichen Höhe in DM ausgezahlt. Weil die DM etwa die dreifache Kaufkraft gegenüber der DDR-Mark hatte, waren somit die Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten von einem Tag auf den anderen faktisch den dreifachen Lohn zu zahlen.
Woher sollten sie das Geld nehmen? Eine Preiserhöhung auf das Dreifache war unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht möglich. Dadurch verloren die meisten ostdeutschen Betriebe den Wettbewerb gegen die westdeutsche Konkurrenz und mussten ihre Produktion einstellen.
Ergebnis: massenhafte Arbeitslosigkeit mit den bekannten sozialen Folgen.
Fazit: Weil die Mehrheit der Ostdeutschen aufgrund mangelnder ökonomischer Bildung den Versprechungen der Währungsunion erlag, kollabierte die ostdeutsche Wirtschaft.