Grußwort der SED-Opferbeauftragte auf dem Bundeskongress
mit einer Kritik an dem Referententwurf zur Opferentschädigung.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Woidke,
sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Frau Liedtke,
sehr geehrte Abgeordnete aus dem Bundestag und dem Brandenburger Landtag,
liebe Kolleginnen und Kollegen Landesbeauftragte und der Bundesstiftung
und vor allem: Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Verfolgtenverbände.
Vor ein paar Wochen saß ich mit zwei Ministerialbeamten in meinem Büro, da nun endlich die Überarbeitung der Reha-Gesetze erfolgen soll. Mit ihnen sprach ich darüber, wo die Probleme heute für die SED-Opfer liegen. Ich sprach von der Opferrente, die durch die Inflation der letzten Jahre fast schon aufgefressen wird. Von den Zwangsausgesiedelten, die bis heute auf eine Würdigung des an ihnen begangenen Unrechts warten. Und natürlich sprach ich von den großen Defiziten bei der Anerkennung der verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden.
Was ich erhielt, war für mich eine überraschende Reaktion:
„Naja, Frau Zupke. 35 Jahre nach dem Mauerfall. Das können wir doch niemanden mehr erklären, dass wir immer noch etwas für die SED-Opfer tun müssen. Wir müssen da endlich den Deckel draufbekommen.“
Verstehen sie mich nicht falsch. Meine Gesprächspartner waren keinesfalls den Opfern gegenüber grundsätzlich feindlich gestimmt. Oder gar irgendwie späte Anhänger des Sozialismus. Mit ihrem Denken und ihren Aussagen aber, werfen sie eine Frage auf, die aus meiner Sicht ganz zentral ist: Haben wir in unserer heutigen demokratischen Gesellschaft genug erklärt, was es heißt, in einer Diktatur zu leben? Ist es uns gelungen deutlich zu machen, wie weit der Schatten der Diktatur reicht? Haben wir für ein Bewusstsein gesorgt, dass es, wenn wir über die Opfer der SED-Diktatur sprechen, eben nicht nur um Inhalte aus den Geschichtsbüchern geht. Sondern um Menschen, die heute in Ost wie West, mitten in unserer Gesellschaft leben?
Wer die Diktatur versteht. Der versteht auch ihre Folgen.
Wie gehen wir als Gesellschaft um mit den Folgen der Diktatur? Wie unterstützen wir die Menschen, die für ihren Einsatz, für ihre persönliche und unser aller Freiheit, Repression bis hin zur politischen Haft erdulden mussten?
Die Folgen der Repression zu mildern und die Opfer der SBZ/ SED-Diktatur in unserer heutigen demokratischen Gesellschaft besser zu unterstützen. Darum wird es in den nächsten Wochen und Monaten gehen, wenn im Bundestag und Bundesrat die Rehabilitierungsgesetze überarbeitet werden. Der Startschuss ist dafür gefallen. Das Bundesjustizministerium hat vorgestern einen Entwurf hierfür vorgelegt. Einen Entwurf mit Licht und Schatten. Mit einer Dynamisierung der Opferrente und der Ausgleichsleistung für beruflich Rehabilitierte und dem Verzicht der Absenkung dieser bei Renteneintritt sowie dem Verzicht der Einrechnung des Partnereinkommens. Das sind wichtige Punkte. Aber es ist ein Entwurf ohne eine spürbare Erhöhung bei der Opferrente. Und ohne eine angemessene Einmalzahlung für die Zwangsausgesiedelten. Und entgegen dem Koalitionsvertrag keinerlei Verbesserungen bei der Anerkennung der Gesundheitsschäden.
Als Opferbeauftragte des Deutschen Bundestages baue ich hier auf die Kraft des Parlamentes. Darauf, dass wir weitere konkrete Verbesserungen auf den Weg bringen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Dietmar Woidke. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie heute hier sind. Dies ist ein Zeichen der besonderen Wertschätzung gegenüber den ehemals politischen Verfolgten. Und ich möchte heute hier bei Ihnen werben für Ihre persönliche Unterstützung für unser Anliegen.
Über Jahre schon kämpfen die Opferverbände, die Landesbeauftragten und viele in der Politik dafür, dass die Anerkennungsquoten bei den verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden endlich besser werden. Hier in Brandenburg gelingt nur jedem fünften Betroffenen, der um Anerkennung seiner Gesundheitsschäden kämpft, der Zugang zu dauerhaften Leistungen. Das kann und das darf uns nicht zufriedenstellen.
Es sind nicht maßgeblich die Sachbearbeiter in den Versorgungsämtern, die den Opfern die Hilfen nicht gönnen würden. Nein! Es sind Defizite im gesetzlichen Rahmen, für die der Bund die Verantwortung trägt. Es ist ein Entschädigungsrecht, welches im Wesentlichen auf die Unterstützung von Opfern körperlicher und psychischer Gewalttaten in unserer heutigen Gesellschaft ausgerichtet ist, nicht jedoch den spezifischen Hintergründen der Repression in der Diktatur Rechnung trägt.
Über die Überarbeitung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und damit auch dem zukünftigen Umgang mit der Anerkennung der verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden entscheidet der Bund nicht allein. Ich baue daher in den nächsten Monaten ganz besonders auch auf Brandenburg. Dass Brandenburg sich im Kreis der Länder, aber auch gegenüber dem Bund, für die Opfer der SBZ/SED-Diktatur, gerade im Bereich der Gesundheitsschäden, einsetzt.
Meine Bitte an Sie. Verankern wir endlich in den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen eine vereinfachte Regelung für die Gesundheitsschäden. Wer zu DDR-Zeiten politisch verfolgt wurde, wer beispielsweise im Gefängnis saß. Bei diesen Betroffenen sollte der Zusammenhang zwischen Erkrankung und erlebter Repression vorausgesetzt werden.
Die SPD hat diesen Vorschlag im Bundestag aufgegriffen und sich klar hierfür ausgesprochen. Und wenn ich sehe, dass die Fraktion des Bundesjustizministers in der letzten Wahlperiode im Bundestag bezogen auf die Gesundheitsschäden sogar die Beweislastumkehr forderte. Dann sage ich klar:
Es ist Zeit, dass wir endlich etwas grundsätzlich ändern!
In diesem Jahr begehen wir 75 Jahre Grundgesetz, 35 Jahre Friedliche Revolution und 35 Jahre Mauerfall. Wir blicken dabei auch auf den jahrzehntelangen Widerstand in der SBZ und der DDR. Ein Widerstand, für den tausende Menschen Repression bis hin zur politischen Haft erdulden mussten. Ein Widerstand bis hin zur Friedlichen Revolution, mit dem sie uns unsere Freiheit und unserem Land die Einheit erkämpft haben.
Die Zusage daher, die das wiedervereinigte Deutschland vor nun bald 35 Jahren den Opfern der SBZ und SED-Diktatur im Einigungsvertrag gemacht hat. Diese Zusage, dass die Opfer des SED-Unrechts-Regimes rehabilitiert und entschädigt werden, sie gilt für mich bis heute unverändert. Den Opfern der Diktatur nicht nur mit Respekt und Anerkennung zu begegnen, sondern sie als demokratische Gesellschaft, jetzt wo sie auf unsere Hilfe angewiesen sind, nach Kräften zu unterstützen. Dies ist unsere gesamtdeutsche Verantwortung, gerade jetzt in diesem besonderen Jahr.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Woidke,
sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Frau Liedtke,
sehr geehrte Abgeordnete aus dem Bundestag und dem Brandenburger Landtag,
liebe Kolleginnen und Kollegen Landesbeauftragte und der Bundesstiftung
und vor allem: Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Verfolgtenverbände.
Vor ein paar Wochen saß ich mit zwei Ministerialbeamten in meinem Büro, da nun endlich die Überarbeitung der Reha-Gesetze erfolgen soll. Mit ihnen sprach ich darüber, wo die Probleme heute für die SED-Opfer liegen. Ich sprach von der Opferrente, die durch die Inflation der letzten Jahre fast schon aufgefressen wird. Von den Zwangsausgesiedelten, die bis heute auf eine Würdigung des an ihnen begangenen Unrechts warten. Und natürlich sprach ich von den großen Defiziten bei der Anerkennung der verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden.
Was ich erhielt, war für mich eine überraschende Reaktion:
„Naja, Frau Zupke. 35 Jahre nach dem Mauerfall. Das können wir doch niemanden mehr erklären, dass wir immer noch etwas für die SED-Opfer tun müssen. Wir müssen da endlich den Deckel draufbekommen.“
Verstehen sie mich nicht falsch. Meine Gesprächspartner waren keinesfalls den Opfern gegenüber grundsätzlich feindlich gestimmt. Oder gar irgendwie späte Anhänger des Sozialismus. Mit ihrem Denken und ihren Aussagen aber, werfen sie eine Frage auf, die aus meiner Sicht ganz zentral ist: Haben wir in unserer heutigen demokratischen Gesellschaft genug erklärt, was es heißt, in einer Diktatur zu leben? Ist es uns gelungen deutlich zu machen, wie weit der Schatten der Diktatur reicht? Haben wir für ein Bewusstsein gesorgt, dass es, wenn wir über die Opfer der SED-Diktatur sprechen, eben nicht nur um Inhalte aus den Geschichtsbüchern geht. Sondern um Menschen, die heute in Ost wie West, mitten in unserer Gesellschaft leben?
Wer die Diktatur versteht. Der versteht auch ihre Folgen.
Wie gehen wir als Gesellschaft um mit den Folgen der Diktatur? Wie unterstützen wir die Menschen, die für ihren Einsatz, für ihre persönliche und unser aller Freiheit, Repression bis hin zur politischen Haft erdulden mussten?
Die Folgen der Repression zu mildern und die Opfer der SBZ/ SED-Diktatur in unserer heutigen demokratischen Gesellschaft besser zu unterstützen. Darum wird es in den nächsten Wochen und Monaten gehen, wenn im Bundestag und Bundesrat die Rehabilitierungsgesetze überarbeitet werden. Der Startschuss ist dafür gefallen. Das Bundesjustizministerium hat vorgestern einen Entwurf hierfür vorgelegt. Einen Entwurf mit Licht und Schatten. Mit einer Dynamisierung der Opferrente und der Ausgleichsleistung für beruflich Rehabilitierte und dem Verzicht der Absenkung dieser bei Renteneintritt sowie dem Verzicht der Einrechnung des Partnereinkommens. Das sind wichtige Punkte. Aber es ist ein Entwurf ohne eine spürbare Erhöhung bei der Opferrente. Und ohne eine angemessene Einmalzahlung für die Zwangsausgesiedelten. Und entgegen dem Koalitionsvertrag keinerlei Verbesserungen bei der Anerkennung der Gesundheitsschäden.
Als Opferbeauftragte des Deutschen Bundestages baue ich hier auf die Kraft des Parlamentes. Darauf, dass wir weitere konkrete Verbesserungen auf den Weg bringen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Dietmar Woidke. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie heute hier sind. Dies ist ein Zeichen der besonderen Wertschätzung gegenüber den ehemals politischen Verfolgten. Und ich möchte heute hier bei Ihnen werben für Ihre persönliche Unterstützung für unser Anliegen.
Über Jahre schon kämpfen die Opferverbände, die Landesbeauftragten und viele in der Politik dafür, dass die Anerkennungsquoten bei den verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden endlich besser werden. Hier in Brandenburg gelingt nur jedem fünften Betroffenen, der um Anerkennung seiner Gesundheitsschäden kämpft, der Zugang zu dauerhaften Leistungen. Das kann und das darf uns nicht zufriedenstellen.
Es sind nicht maßgeblich die Sachbearbeiter in den Versorgungsämtern, die den Opfern die Hilfen nicht gönnen würden. Nein! Es sind Defizite im gesetzlichen Rahmen, für die der Bund die Verantwortung trägt. Es ist ein Entschädigungsrecht, welches im Wesentlichen auf die Unterstützung von Opfern körperlicher und psychischer Gewalttaten in unserer heutigen Gesellschaft ausgerichtet ist, nicht jedoch den spezifischen Hintergründen der Repression in der Diktatur Rechnung trägt.
Über die Überarbeitung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und damit auch dem zukünftigen Umgang mit der Anerkennung der verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden entscheidet der Bund nicht allein. Ich baue daher in den nächsten Monaten ganz besonders auch auf Brandenburg. Dass Brandenburg sich im Kreis der Länder, aber auch gegenüber dem Bund, für die Opfer der SBZ/SED-Diktatur, gerade im Bereich der Gesundheitsschäden, einsetzt.
Meine Bitte an Sie. Verankern wir endlich in den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen eine vereinfachte Regelung für die Gesundheitsschäden. Wer zu DDR-Zeiten politisch verfolgt wurde, wer beispielsweise im Gefängnis saß. Bei diesen Betroffenen sollte der Zusammenhang zwischen Erkrankung und erlebter Repression vorausgesetzt werden.
Die SPD hat diesen Vorschlag im Bundestag aufgegriffen und sich klar hierfür ausgesprochen. Und wenn ich sehe, dass die Fraktion des Bundesjustizministers in der letzten Wahlperiode im Bundestag bezogen auf die Gesundheitsschäden sogar die Beweislastumkehr forderte. Dann sage ich klar:
Es ist Zeit, dass wir endlich etwas grundsätzlich ändern!
In diesem Jahr begehen wir 75 Jahre Grundgesetz, 35 Jahre Friedliche Revolution und 35 Jahre Mauerfall. Wir blicken dabei auch auf den jahrzehntelangen Widerstand in der SBZ und der DDR. Ein Widerstand, für den tausende Menschen Repression bis hin zur politischen Haft erdulden mussten. Ein Widerstand bis hin zur Friedlichen Revolution, mit dem sie uns unsere Freiheit und unserem Land die Einheit erkämpft haben.
Die Zusage daher, die das wiedervereinigte Deutschland vor nun bald 35 Jahren den Opfern der SBZ und SED-Diktatur im Einigungsvertrag gemacht hat. Diese Zusage, dass die Opfer des SED-Unrechts-Regimes rehabilitiert und entschädigt werden, sie gilt für mich bis heute unverändert. Den Opfern der Diktatur nicht nur mit Respekt und Anerkennung zu begegnen, sondern sie als demokratische Gesellschaft, jetzt wo sie auf unsere Hilfe angewiesen sind, nach Kräften zu unterstützen. Dies ist unsere gesamtdeutsche Verantwortung, gerade jetzt in diesem besonderen Jahr.