Die Apokaplyse-Interview mit dem Kommandeur der ASOV-Brigade, Deniz Prokopenko

Mariupol 26.3. 2022

ca. 10 Uhr (ukrainischer Zeit)

Interviewer der bekannte ukrainische Journalist: Dimitri Gordion

Die Hafenstadt Mariupol ist seit zwei Wochen eingekesselt. Da es keinen Strom gibt, ist die Kommunikation fast zusammengebrochen. Die Invasoren sind schon in die Stadt eingedrungen, die wegen ihrer Brückenfunktion zur Krim eine wichtige strategische Bedeutung hat. Vor allem die sogenannte ASOWsche Brigade verteidigt noch die Stadt. Ein Kommandeur gab dem ukrainiaschen Journalisten ein Interview über die bedrückende Lage:

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(geraffte Schnellübersetzung ohne Gewähr)

 

A: Es gibt eine sehr komplizierte Situation in der Stadt, aber wir wehren das ab. Die wollen ja gar nicht wirklich kämpfen. Obwohl sie in die Stadt eingedrungen sind, versuchen wir sie aufzuhalten. Wir kämpfen sie Straße für Straße zurück.

F. Frage was ist von der schönen Stadt Mariupol geblieben?

A: Vom schönen Mariupol ist nichts geblieben, es fallen Raketen auf alles. Auf Krankenhäuser, Infrastruktur, alles wird zerstört, es ist schwer noch ein Gebäude zu finden, was nicht beschädigt ist. Das ist die Apokalypse. Ein surreales Bild.

Wir können die Opfer nicht zählen, es heiß offiziell, es seien 4000, aber wir können das nicht wirklich einschätzen. Wir brauchen ausländische Hilfe, damit diese humanitären Verbrechen aufhören. Doch der Feind versucht alle Informationen zu blockieren, damit die Informationen über die Verbrechen nicht verbreitet werden können.

Es ist fürchterlich, was aus dieser schönen Stadt geworden ist. Die Zivilbevölkerung kann hier eigentlich nicht mehr leben, kein Mensch kann auf der Straße gehen, der Feind blockiert die humanitären Korridore, sie schießen auf alles, es ist absolut egal, auf was und wen. Es sind schreckliche Bilder, man kann das gar nicht beschreiben. Wir werden Tag für Tag von oben beschossen. Putin hat genügen „Fleisch“ (Soldaten). Aber sie haben keine Motivation. Die holen nicht mal ihre Toten ab, die in der Stadt liegen. Sie schießen auf alles, auch auf Fabriken, Mariupol ist eine große Ruine.

F: Die Stadt gibt es also nicht mehr?

A. Wir waren, wir sind, wir werden wieder sein, wir werden die Stadt wieder herstellen. Es ist gefährlich zu fliehen, daher sitzen die Leute in den Kellern. Der Feind hält sich nicht an das internationale Kriegsrecht. Aber das kann der Welt nicht verborgen blieben. Die Russen haben offenbar die Aufgabe, Mariupol auszulöschen. Wir bleiben aber hier.

F. Wieviele sind noch da?

A: Schwer zu sagen, ca. 100.000 sind evakuiert, aber Keller, Bunker, alles wird bombardiert, sie schonen nicht die Zivilbevölkerung. Das einzige was wir tun können, sie zurück zurückzudrängen und dann die Keller freizuräumen und die Menschen zu befreien und die Toten zu bergen. Wir haben schon 800 Menschen begraben. Im 61. Krankenhaus wurden die Menschen lebendig unter den Trümmern begraben aber 100.000 von der Zivilbevölkerung sind noch da. Wie viele genau, wissen wird nicht.

 

F: Wie sieht es mit Wasser, Sturm Heizung aus?

 

A: Strom haben wir nicht, Wasser manchmal. Das gehört alles nach Den Haag auf das internationale Kriegsverbrechertribunal. Wir haben kaum Lebensmittel, es ist eine humanitäre Katastrophe. Seit dem 15. März hat sich alles veschlimmert. Die Lebensmittellädeb sind zerstört oder geplündert. Wir können die Bevölkerung nicht ernähren.

 

F: Warum macht Putin das?

 

A: Die Mehrheit hier spricht ja russisch, aber wir gehören zur Region (Oblast) Donbas (was er erobern will). Ich versteh aber nicht, wie man mit solchen Methoden vorgehen kann. Was will man mit einer vollkommen zerstörten Stadt anfangen? Es ist unmöglich hier zu leben, im Keller ist es manchmal Null Grad es ist feucht. Für die Menschen bliebt nur, zu beten. Meine Befürchtung ist, dass der Feind jetzt keinen humanitären Korridor mehr zulassen wird.

F: Wie sieht es mit der medizinischen Versorgung aus?

A. Ich bewundere meine Soldaten. Die kämpfen auch, wenn sie verwundet sind. Die haben eine totale Motivation. Die müssten alle einen Orden bekommen. Trotz schlimmster Verhältnisse, schlechtem Wetter und schlechter Verpflegung machen sie weiter. Sie sind bereit, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Wir haben schon 32 Panzer abgeschossen, die haben so eine alte Technik aus Sowjetzeiten, die ist älter als ich. Wir werden nicht aufgeben.

F. Sie haben viel gesehen, haben sie auch mal weinen müssen?

A. Wenn Freunde sterben, kommt schon mal eine Träne, aber man muss ruhig Blut bewahren. Wir wollen hier nicht über militärische Geheimnisse sprechen, aber uns ist es wichtig, dass es endlich zu einer Lufblockade, einer Flugverbotszone kommt. Je länger wir hier die Stellung halten können, desto besser ist es für Kiev und die ganze Ukraine. Wir hoffen auch irgendwann zur Offensive übergehen zu können.