Sterbefälle und Suizide im zenralen Untersuchungsgefängnis des MfS. Ein Überblick.

Von Peter Erler

Selbsttötungen in der Haftanstalt Albrechtstraße 1950

Das erste zentrale Untersuchungsgefängnis des Staatssicherheitsministeriums war von März 1950 bis April 1951 auf einem Grundstück in der Albrechtstraße 26 in Berlin-Mitte untergebracht.[1]Zu dieser Zeit befand sich das offiziell im Februar 1950 gegründete MfS gerade am Anfang seiner institutionellen Entwicklung. Gleichfalls mangelte es flächendeckend und in allen Bereichen der Staatssicherheit an qualifizierten Kadern. Bis auf die Ausnahmen aus den Geheimdienstapparaten der KPD und der Volkspolizei war das rekrutierte Personal aus fachlicher Sicht zumeist völlig unerfahren. Bei der Kaderauswahl unter Aufsicht der sowjetischen Berater kam es zudem zu gravierenden Fehlentscheidungen. Oft hatten die für die Tätigkeit beim MfS Auserwählten ein sehr geringes Bildungsniveau und waren nicht nur für Leitungsaufgaben ungeeignet. Viele für das MfS Verpflichtete waren darüber hinaus auch durch charakterliche Schwächen und moralische Defizite untragbar.  

Offensichtlich haben auch eine laxe Dienstauffassung und noch fehlende Professionalität des Vernehmungs- und Wachpersonals in der zentralen Untersuchungshaftanstalt des MfS in der Albrechtstraße dazu beigetragen, daß es dort 1950 gleich zu zwei Suiziden kam.

Bei dem ersten Todesopfer in der Albrechtstraße 26 handelt es sich um Willi Kreikemeyer. Das tragische Ableben des Generaldirektors der Reichsbahn blieb jahrzehntelang ein streng gehütetes Geheimnis und wurde erst nach dem Ende der DDR gelüftet. Er galt als einer der potentiellen Hauptangeklagten in einem von Teilen der SED-Führung geplanten und der internen Parteisäuberung dienenden großen Schauprozess („deutscher Rajk-Prozeß“[2]). Wegen seiner intensiven Kontakte zum angeblichen US-amerikanischen Spion Noel Field während des Zweiten Weltkrieges wurde er zur Unperson erklärt und am 25. August 1950 in der Albrechtstraße inhaftiert. Bis kurz vor seinem Tode verhörte und bedrängte ihn dort Erich Mielke, sein alter Bekannter aus Emigrationszeiten, der selbst eine Überprüfung durch die Zentrale Parteikontrollkommission befürchten mußte, persönlich. Daß der Staatssekretär den Reichsbahnchef als einen für ihn selbst gefährlichen Zeugen beseitigen ließ, wie einige Autoren unterstellen[3], ist aber eher unwahrscheinlich.

Anscheinend hielt der ehemalige Spanienkämpfer den von den eigenen Genossen ausgehenden massiven psychischen Druck und die Bezichtigungen als „Parteifeind“ nicht mehr aus. Laut Unterlagen des MfS strangulierte er sich am 31. August 1950 mit drei zusammengeknüpften Taschentüchern in seiner Zelle.[4]

Nur wenige Monate später, am 29. Dezember 1950 erhängte sich der 51jährige Willi Hockenholz am Türpfosten seines „Verwahrraumes“ in der zweiten Etage. Der langjährige Sozialdemokrat und Befürworter der Fusion von SPD und KPD war ab Mai 1946 einer der paritätisch agierenden stellvertretenden Leiter der Abteilung Wirtschaft im Zentralsekretariat des Parteivorstandes der SED. Im März 1950 übernahm er in der DDR den Posten eines Hauptdirektors der Mitteleuropäischen Schlafwagen- und Speisewagen-Aktien-Gesellschaft(Mitropa). Am 27. November 1950 wurde er dann mit der Beschuldigung, Wirtschaftsverbrechen begangen zu haben, vom MfS inhaftiert.[5]

Als „Tatwerkzeug“ für den Suizid diente ihm seine mit einem Taschentuch zusammengeknüpfte Unterhose.

Bereits am Vormittag war er dabei ertappt worden, wie er versucht hatte, das Taschentuch zu zerreißen. Bei der Wachablösung um 13 Uhr wurde der laut Dienstplan nachfolgende Oberwachtmeister Kotarski über den Vorfall jedoch nicht informiert. So sah dieser auch keine Veranlassung für eine besondere Beobachtung von Hockenholz. In einer späteren Vernehmung behauptete Kotarski gegenüber seinen stark zweifelnden Vorgesetzten zudem, daß er den verstorbenen Gefangenen, wie vorgeschrieben, in Abständen von fünf Minuten kontrolliert hätte.[6]

Nach gegenwärtigem Forschungsstand gibt es keine Zahlenangaben über die Belegung des zentralen MfS-Untersuchungsgefängnisses zwischen März und Juli 1950.[7] Angesichts dieser Quellensituation kann nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass es über die zwei erwähnten Fälle hinaus in der Albrechtstraße 26 nicht noch zu weiteren Vorkommnissen mit letalem Ausgang kam.

Zumindest ein weiterer Selbstmord konnte verhindert werden. Ende Mai 1950[8] wurde vom Aufsichtspersonal noch rechtzeitig der Suizidversuch des Untersuchungsgefangenen Julian Lehnecke.[9] bemerkt und dessen weitere Ausführung sofort unterbunden.

Dieser lebensbedrohliche Zwischenfall rief beim Wachmeister Alfred Schierz Mitleid hervor. Schierz war  vor 1945 in der NS-Zeit selbst inhaftiert gewesen, kannte also das Häftlingsleben, was vermutlich sein Motiv war, den Haftalltag zu mildern.

So führte Schierz mit Lehnecke in dessen Zelle und in seiner Wachstube oft längere Gespräche. Desweiteren gab Schierz Lehnecke verschiedene Tipps für den Umgang mit der Situation im Gefängnis und erleichterte ihm im außerordentlichen Maße den Haftalltag.

Der Delinquent erhielt nun Gelegenheit zu rauchen, Zeitungen und Bücher zu lesen sowie ohne Abstimmung mit dem zuständigen Vernehmer tagsüber eine „Liegeerlaubnis“. Darüber hinaus setzte Schierz den Untersuchungsgefangenen als Kalfaktor ein und ermöglichte diesem sogar, sich auf dem Gefängniskorridor in der dritten Etage ohne Aufsicht frei zu bewegen.

Ab etwa Ende August/Anfang September 1950 war teilweise auch der Wachmeister Hermann Kloß an den Begünstigungen von Lehnecke beteiligt.

Wachmeister Schierz gewährte auch anderen vom MfS inhaftierten „Staatsfeinden“ kleine Vergünstigungen.  Entgegen der bestehenden Anordnung führte er zum Beispiel ab Mitte 1950 die Häftlinge der dritten Etage morgens gemeinsam zum Waschen und ermöglichte so deren Kontaktaufnahme untereinander. Schierz unterhielt sich ebenfalls mehrfach mit dem ehemaligen Staatssekretär im DDR-Justizministerium Helmut Brandt und mit Erica Wallach, der gleichfalls in der Albrechtstraße 26 einsitzenden Pflegetochter von Noel Field. Bei Wallach blieben die tröstenden Worte des Wärters, den sie in ihrem Haftbericht unter dem Spitznamen „Dackel“ erwähnt, in positiver Erinnerung.[10]

Einem namentlich nicht bekannten Häftling konnte er offensichtlich die durch westliche Zeitungsartikel hervorgerufene Angst vor der Haft nehmen und die gehegten Selbstmordgedanken ausreden.[11]

Im Oktober 1950 fiel der ungewöhnlichen Umgang, den Kloß und Schierz mit den politischen Strafverdächtigen im zentralen Untersuchungsgewahrsam des MfS pflegten, schließlich auf.[12] Daraufhin wurden beide Gefängniswärter am zwölften des gleichen Monats von ihren Kollegen selbst inhaftiert und am 20. Dezember 1950 vom Landgericht Berlin wegen „Bruchs der Amtsverschwiegenheit in Tateinheit mit Begünstigung im Amt“ zu drei bzw. dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.[13]

Sterbefälle und Suizide im zentralen Untersuchungsgefängnis des MfS 1951 bis 1989

Ende April 1951 wird das zentrale Untersuchungsgefängnis des MfS in das kurz davor vom sowjetischen Geheimdienst MGB übernommene Sperrgebiet in Berlin-Hohenschönhausen verlegt.[14] Siegfried Rataizick, letzter Chef des dortigen Haftvollzugs des MfS, schrieb dass sich in der „UHA Berlin-Hohenschönhausen“ zwischen 1951 und 1989 „sechs Menschen das Leben“ genommen hätten.[15] Allerdings zeugt seine Darstellung an vielen Stellen von Realitätsferne, so dass auch diese Zahl mit einem Vorbehalt zu versehen ist.

Nach gegenwärtigem Recherchestand des Autors verstarben unmittelbar in der UHA I in Berlin-Hohenschönhausen fünf Untersuchungshäftlinge während ihrer Haftzeit.

Dem am 30. Oktober 1953 festgenommenen Henry Loop unterstellte die Stasi laut Haftbeschluß „Zersetzungstätigkeit“, „antidemokratische Propaganda“ sowie „Rassen- und Mordhetze“. Bereits am 17. Juni des gleichen Jahres war der am 27. März 1900 in Quarnstedt geborene Ingenieur der Geheimpolizei durch seine politisch provokanten Reden aufgefallen. Die Belegschaft seines Betriebes hatte er zum Streik und zum demonstrativen Protest gegen die DDR-Regierung aufgefordert.[16] 

Im Kellergefängnis von Berlin-Hohenschönhausen war Loop durch eine bereits 1943 diagnostizierte Angina pectoris offensichtlich dem akuten Vernehmungsdruck und der belastenden Haftsituation physisch und psychisch nicht gewachsen. In der Nacht vom 22. auf den 23. November bekam er eine erste starke Herzattacke. Durch eine sofortige Verabreichung von Nitrangin-Tropfen konnte noch einmal Schlimmeres abgewendet und sein Kreislauf wieder  stabilisiert werden.

Bei einem weiteren Anfall am 20. Januar 1954 brachte das Medikament keine Hilfe mehr. Henry L. kollabierte und starb gegen 11.30 Uhr an einem Herzschlag.[17]

Geheimnisumwittert ist immer noch der Tod des ehemaligen hochrangigen FDJ-Funktionärs und Generalinspekteurs der Deutschen Volkspolizei Robert Bialek. So sind durch die systematische Verschleierungstaktik des MfS der genaue Zeitpunkt, die eigentliche Ursache und andere Details seines gewaltsamen Ablebens nach wie vor unbekannt. 

Bialek, der bereits im Oktober 1948 wegen großer Differenzen unter anderem mit Walter Ulbricht und Erich Mielke aus dem Polizeidienst wieder ausschied, zur Bewährung auf untergeordnete Posten abgeschoben sowie nach weiteren konträren Auseinandersetzungen und Disziplinierungsversuchen 1952 aus der SED ausgeschlossen worden war, flüchtete nach dem 17. Juni 1953 mit seiner Familie nach West-Berlin. Von dort aus entlarvte der abtrünnig gewordene kommunistische Spitzenkader und nunmehrige Renegat mit seinen Insiderkenntnissen in aufsehenerregenden Interviews und Radiosendungen die kommunistischen Herrschaftspraktiken in der DDR. Großen Unmut riefen bei seinen früheren Genossen zudem der Übertritt zur SPD und seine klandestinen Aktivitäten als Mitarbeiter in deren Ostbüro hervor.[18]

Am Abend des 4. Februar 1956 tappte der ahnungslose Bialek in eine von der Hauptabteilung V/2 des MfS über mehrere Monate vorbereitete Falle. Auf einer für diesen Zweck arrangierten privaten Feier in einer Wohnung in Berlin-Wilmersdorf setzten zwei Geheime Mitarbeiter der Stasi den Regimekritiker und -gegner mit K.O.-Tropfen im Bier außer Gefecht und verschleppten ihn gegen 21.40 Uhr in einem bereitstehenden Pkw in den Ostteil der Stadt.

Aus dem vom Autor aufgefundenen, fragmentarischen Quellenmaterial und weiteren Indizien läßt sich schlussfolgern, daß Bialek um 23 Uhr im Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen eingeliefert wurde und vermutlich Stunden später an der Überdosierung eines Betäubungsmittels verstarb.[19] Die genauen Umstände sind bis heute nicht geklärt.

Einen weiteren toten Untersuchungsgefangenen verzeichnen die Analen der UHA I am 22. Februar 1959. Dabei handelt es sich um den am 14. Oktober 1958 verhafteten Einzelbauern Paul Klann. Der am 14. Mai 1901 in Grünfelde geborene Klann stand der gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR und insbesondere auch in der Landwirtschaft negativ gegenüber, was das LDPD-Mitglied in seinem Heimatdorf im Kreis Parchim gelegentlich auch in der Öffentlichkeit äußerte. Dazu kam, daß dem hochverschuldeten Landwirt, der mit dem Ablieferungssoll nicht nachkam, von der Maschinen-Traktoren-Station des Kreises der Drusch seiner Ernte verweigert wurde.

Daraufhin setzte er aus Frust gemeinsam mit seinem Sohn unter anderem zwei Getreidemieten und eine Rapsstrohmiete der örtlichen LPG in Brand. 

Wie die überlieferten Unterlagen belegen, war sich Klann der juristischen Konsequenzen seiner Tat bewusst. Angesichts der Drohungen der MfS-Vernehmer hatte er große Angst, als Diversant zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt zu werden und sah keinen Ausweg mehr. In dieser Situation strangulierte sich der 58jährige am 22. Februar 1959 gegen 2 Uhr in seiner Kellerzelle. Als Hilfsmittel diente ihm ein Taschentuch, welches er zuvor an der Metallverkleidung der Zentralheizung befestigt hatte.[20]

In den frühen Morgenstunden des 24. Oktober 1961 entzieht sich der am 25. Dezember 1904 in Berlin geborene Heinz Reimers einer drohenden mehrjährigen Zuchthausstrafe wegen gemeinschaftlicher „staatsgefährdender Propaganda und Hetze“ durch Strangulation. Der Konstrukteur des VEB Lokomotivbau-Elektrotechnische Werke Hans Beimler in Hennigsdorf wurde am 10. August 1961 in seiner Heimatstadt verhaftet und zwei Tage später in den Gefängnisneubau in Berlin-Hohenschönhausen eingeliefert.[21] Ihm machte die Stasi zunächst zum Vorwurf, gemeinsam mit einem Kollegen mehrfach das West-Berliner Notaufnahmelager Marienfelde aufgesucht und seine dort arbeitenden Schwägerin über „staatsfeindliche Aktivitäten“ an seiner Arbeitsstelle informiert zu haben. Bei den inkriminierten Aktivitäten handelte es sich unter anderem um eine Unterschriftensammlung für eine Resolution gegen die prekäre Versorgung mit Grundnahrungsmittel, an der sich Reimers und weitere Mitarbeiter seiner Abteilung aktiv beteiligt hatten.[22]Von ihm war bekannt, daß er keinen Hehl aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber der SED und den politischen Verhältnissen in der DDR machte. So reihte er sich ohne zu zögern mit vielen anderen Betriebsangehörigen am 17. Juni 1953 in den Protestmarsch der Hennigsdorfer Werktätigen nach Berlin ein.[23] Aktuell-

Aufnahme der Zelle von Heinz Reimers nach seinem Suizid. (Oktober 1961). Quelle: BStU

politische Geschehnisse und Entwicklungen besprach und diskutierte er seitdem in einem kleinen Kreis von Gleichgesinnten. Das MfS meinte, darin die Zusammenkünfte einer feindlichen Gruppe zu sehen. Zusätzlich belasteten Reimers Bücher, Fotos sowie Zeitungen und Zeitschriften aus der Zeit der NS-Diktatur, die er in seiner Wohnung aufbewahrt und teilweise an Kollegen ausgeborgt hatte. Auch im Fall von Reimers bleibt der eigentliche Grund oder der Anstoß für seine Verzweiflungstat unbekannt. Seine starken Bauchschmerzen wurden im Gefängnis mit den üblichen Medikamenten und anderen Mitteln, wie Tee, behandelt. Vorübergehend bekam er zum Frühstück und zum Abendbrot eine Butterzulage sowie täglich einen halben Liter Milch. Darüber hinaus erhielt er die Erlaubnis, sich auch tagsüber hinlegen zu können. Noch am 19. Oktober suchte Reimers den Gefängniszahnarzt auf. Den Suizid realisiert er mit Hilfe eines vom Bettlaken abgerissenen und zur Schlinge geknoteten Stoffstreifens, der an der auf dem Zellentisch aufgerichteten Pritsche befestigt war.

Die Verfolgungsgeschichte von Wolfgang Jahn wurde von Stefan Appelius ausführlich in einem Artikel dargestellt.[24] Was den Sterbeort des am 5. Februar 1910 in Yokohama geborenen Bundesbürgers betrifft, so wurde der ausgewiesene Wissenschaftler und anerkannte Rechercheur durch die Vertuschungspraktiken der Stasi jedoch auf eine falsche Spur geführt.

Der in Berlin-Charlottenburg polizeilich registrierte Jahn war als Mitarbeiter der Firma „Fröhlich Reisen“ aus Hannover an den Fluchthilfeaktivitäten seines Chefs an der bulgarischen Schwarzmeerküste beteiligt. Gleichzeitig soll er bei seinen Aufenthalten im Balkanland reges Interesse an den genauen Standorten von Industrieanlagen gezeigt haben. Jahn fällt durch seine vielfältigen Kontakte zu DDR-Touristen bald dem bulgarischen Staatssicherheitsdienst auf. Dieser bearbeitet Jahn in Abstimmung mit dem MfS als Agent des Bundesnachrichtendienstes. Am 12. September 1962 wird er dann im Hotel Olymp am „Sonnenstrand“ bei Burgas verhaftet und nach Untersuchungshaft im Sofioter Staatssicherheitsgefängnis am 24. Januar 1963 wegen „Menschenhandels“ und Industriespionage in einem Schauprozeß zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt.

Da man von einer Befragung Jahns weitere Erkenntnisse über den BND und die Strukturen der Fluchthilfeorganisationen erwartete, erwirkte das MfS im Spätsommer 1963 seine Überstellung als „Zeuge“ in die DDR. In Berlin wird er zunächst im Stasi-Untersuchungsgefängnis in der Magdalenenstraße (UHA II) untergebracht. Nach der von Appelius in den Stasi-Unterlagen aufgefundenen Todesurkunde starb Jahn auch in dieser Haftanstalt, was aber nicht der Fall war.

Aus zwei Quellen – Haftkladde und Haftindex – ist ersichtlich, daß er am 13. September 1963 in das U-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen verlegt wurde.[25] Dort fanden intensive Befragungen des „Strafgefangenen“ bezüglich seiner früheren und aktuellen Anbindung bei deutschen, japanischen und amerikanischen Diensten statt. Wie ein Aktenvermerk vom 24. Februar 1964 belegt, waren die Vernehmer der HA IX mit ihren Arbeitsergebnissen aber nicht zufrieden. Jahn gab letztlich nur zu, was schon bekannt war. Unaufgeklärt ist, was im folgenden Monat mit ihm geschah. Jahns Tod am 25. März 1964 ist sowohl in der Haftkladde als auch im Haftindex der UHA I mit dem Eintrag „verstorben“ vermerkt. Jahn litt an starken Durchblutungsstörungen. Ob dieses Krankheitsbild bei der Eingangsuntersuchung im Stasi-Gewahrsam diagnostiziert und möglicherweise dementsprechend medikamentös behandelt wurde, kann nach vorliegender Aktenlage nicht beantwortet werden. Laut Obduktionsbericht verstarb der 53jährige an einer massiven beidseitigen Lungenembolie (Lungeninfarkt) in Kombination mit einer Oberschenkelvenenthrombose.[26] Bei Jahn handelt es sich höchstwahrscheinlich um den letzten in der UHA I verstorbenen Untersuchungshäftling.

 

Wie irreführend die Einträge in den Registrierunterlagen der UHA I mitunter auch sein können, zeigt die Recherche nach dem Ableben des Untersuchungsgefangenen Karl Block.

Aus der Kladde der Haftanstalt geht hervor, daß ihn der Tod im zentralen MfS-Gefängnis ereilte.[27] Dagegen verweist ein Vermerk im analog strukturierten, aber zu einem späteren Zeitpunkt angelegten Index der UHA I darauf, daß die Vita von Block im Haftkrankenhaus des MfS^(HKH) endete: „Haftkrankenhaus verstorben“.[28]

Nachforschungen ergaben letztendlich, daß die Angaben in beiden Gefängnisbüchern falsch sind und der Rentner aus Berlin-Adlershof an einem ganz anderen Ort aus dem Leben schied.

Geboren wurde Karl Block am 11. Februar 1901 in Hamburg[29] Seinen Lebensunterhalt verdiente der ausgebildete Drogist als ungelernter Arbeiter sowie als Schauspieler, Kabarettist und Vortragskünstler. Bereits als junger Mann engagierte er sich im linken Milieu. 1923 nahm er am Hamburger Aufstand teil. Maßgeblich beeinflußt durch den Schauspieler Alexander Granach trat er 1929 in die Kommunistische Partei ein. Wegen der Beteiligung an illegalen Aktivitäten war er von Ende 1933 bis Anfang Mai 1945 in verschiedenen Verwahreinrichtungen des NS-Regimes inhaftiert.

Nach dem Ende der Hitler-Diktatur leitete er bis 1947 den Ausschuß Opfer des Faschismus in Güstrow und danach unter anderem als Sendeleiter kurzzeitig den Landesradiosender Mecklenburg in Schwerin. 1950 stellte das Staatliche Rundfunkkomitee der DDR in Berlin das SED-Mitglied Block als Inspizienten und Sprecher ein. Gleichzeitig arbeitete er weiterhin als Kabarettist und Schauspieler. So wirkte er hauptsächlich als Kleindarsteller in etwa 20 Filmen der DEFA mit.

1959 mußte Block seine berufliche Tätigkeit aufgeben und wurde invalidisiert. Grund dafür war eine fortschreitende Krebserkrankung und die dadurch notwendig gewordene operative Entfernung des Kehlkopfes.

Zu dieser Zeit hatte Block bereits eine kritische Haltung zu verschiedenen Aspekten der SED-Parteipolitik und zu einigen Entwicklungstendenzen in der DDR entwickelt. Dies betraf unter anderem die innerdeutschen Beziehungen, die sozialistische Planwirtschaft, das restriktive Vorgehen gegen den Mittelstand und die damit im Zusammenhang stehende Erweiterung des staatlichen Sektors sowie die Kulturpolitik.

Ab September 1959 traf sich Block regelmäßig mit seinem alten Haftkameraden aus dem KZ Sachsenhausen, Walter Schönwetter, in West-Berlin. Schönwetter, der mittlerweile im Dienste des CIA stand, mußte angeblich aus der DDR fliehen[30], weil er der SED-internen Oppositionsgruppe um Karl Schirdewan und Ernst Wollweber nahe stand. Bei den Zusammenkünften in verschiedenen Gaststätten informierte Block den Geheimdienstresidenten hauptsächlich über die politischen Auffassungen von Personen aus dem gemeinsamen Bekanntenkreis und über die Situation unter den ehemaligen „antifaschistischen Widerstandskämpfern“. Besonders interessierte Schönwetter die Haltung der DDR-Bevölkerung zur forcierten Bildung von Genossenschaften in der Landwirtschaft. Für seine Auskünfte und die Übernahme konkreter Aufträge, so zum Beispiel die Kontaktanbahnung zu einem ihm bekannten Rundfunkregisseur, erhielt der Invalidenrentner von Schönwetter mehrfach größere Geldsummen.[31]

Am 22. Juni 1960 wird Block unter Spionageverdacht vom MfS festgenommen und zwei Tage später in das „U-Boot“ eingeliefert. In der UHA I vernehmen ihn erfahrene Offiziere der HA IX/2 tagelang bis in die tiefe Nacht hinein. Die anfänglich vorgetäuschte Unwissenheit mußte er bald aufgeben. Er zeigte sich zutiefst beschämt und reumütig. Deprimiert von der Lage, in die er sich hineinmanövriert hatte, äußerte er mehrfach Suizidgedanken.[32]

Zusätzlich belastete ihn sein außerordentlich schlechter Gesundheitszustand. Durch den Verlust des Kehlkopfes bereitete es ihm große Schwierigkeiten, über einen längeren Zeitraum auch nur annähernd verständlich zu sprechen. Während der Untersuchungshaft wucherte das Krebsgeschwür in der Halsgegend weiter. Es ist anzunehmen, daß Block deswegen vom 15. April 1961 bis zum 16. Mai 1962 im HKH therapiert wurde.[33] Da eine entsprechende Haftkrankenakte im Archiv des BStU nicht überliefert ist[34], gibt es für eine eventuell durchgeführte Krebsbehandlung aber keinen eindeutigen Quellenbeleg. Dagegen ist dokumentiert, daß mit Block, der aus der Sicht des MfS noch immer „nicht im vollen Umfang geständig“[35] war, im Zeitraum von Mai bis Juli 1961 – also während seines HKH-Aufenthaltes – weitere Vernehmungen durchgeführt wurden.[36] Ein abschließender Bericht in Vorbereitung für das bevorstehende Justizverfahren konstatiert, daß die Krebserkrankung des Untersuchungsgefangenen „das Stadium der Unheilbarkeit erreicht hat.“[37]

Ohne Berücksichtigung dieses Umstands fand vom 18. bis zum 21. Mai 1962 eine dreitägige nichtöffentliche Hauptverhandlung gegen Block und weitere Mitangeklagte vor dem 1. Strafsenat des Bezirksgerichts in Potsdam statt. Während des Prozesses wurde ihm wegen seiner Schwerhörigkeit und seines Sprachhandicaps ein Sitzplatz außerhalb des mit einer Barriere abgetrennten Bereichs für die Angeklagten unmittelbar vor dem Richtertisch zugewiesen.

Fatalerweise begünstigte diese Entscheidung des Gerichts Block bei der Realisierung seines mehrfach angedeuteten Suizidvorhabens am 23. Mai 1962. An diesem Tag sollte Oberrichter HermannWohlgetan das Urteil gegen die Angeklagten verkünden.

Nachdem Block vor der Sitzungseröffnung an seinen Platz im Verhandlungssaal geführt worden war, nutzte er gegen 7.55 Uhr einen Moment der Unaufmerksamkeit des ihn beaufsichtigenden MfS-Wachmanns der Abteilung XIV aus. Blitzschnell lief er zu einem offenstehenden Fenster und stürzte sich kopfüber in den etwa zehn Meter tiefer gelegenen Hof des Gerichtsgebäudes hinab. Durch den Aufprall auf eine Steinkante gab Block nur noch geringe Lebenszeichen von sich. Er starb kurz darauf während der Fahrt mit einem Sanitätswagen der Staatssicherheit in das Bezirkskrankenhaus Potsdam.[38]

 

Obduktion und Feuerbestattung. Zum Umgang des MfS mit verstorbenen Häftlingen

Wie stichprobenhafte Recherchen belegen, hat das MfS die am Haftort Berlin-Hohenschönhausen verstorbenen Untersuchungs- und Strafgefangenen am Institut für Gerichtliche Medizin an der Humboldt-Universität Berlin (HUB) obduzieren und im Krematorium Berlin-Baumschulenweg einäschern lassen. Analog verfuhr die Stasi bzw. das Innenministerium mit den Toten der anderen Berliner Untersuchungsgefängnisse und Strafvollzugsanstalten. Quellenmäßig belegt ist diese Praxis bisher für Suizid- und Sterbefälle aus dem MfS-Gefängnis Magdalenenstraße und dem Zuchthaus Rummelsburg.

In seiner Gründungs- und Aufbauphase zu Beginn der 1950er Jahre ließ das MfS die Sektion der in ihrem Gewahrsam Verstorbenen, die formal von der Staatsanwaltschaft beantragt werden mußte, zunächst im Krankenhaus der Volkspolizei in der Scharnhorststraße 13 vornehmen. Wann genau und warum das MfS einen Wechsel der obduzierenden Einrichtung beschloß, ist noch unklar. Bei Henry Loop, dem ersten in der UHA I verstorbenen Gefangenen, wurde die Autopsie im Januar 1954 bereits im gerichtsmedizinischen Institut der HUB in der Hannoverschen Straße 6 vorgenommen.

Hinsichtlich des Todesortes achtete die Stasi auch hier weitestgehend auf Konspiration. So finden in den Unterlagen der Gerichtsmedizin die beiden Haftstätten in der Genslerstraße – UHA I und HKH – keine unmittelbare Erwähnung. Eine Reihe der Obduktionsprotokolle tragen die Unterschrift von Prof. Dr. Otto Prokop. Als Leiter des gerichtsmedizinischen Instituts der HUB (1956 bis 1987) unterhielt der international ausgewiesene Forensiker offizielle und enge Arbeitskontakte zur Hauptabteilung IX des MfS. Durch sein schuldhaftes Schweigen trug er nicht unwesentlich dazu bei, daß SED und Stasi die Todesursachen vieler Opfer der Berliner Mauer verfälschen und verschleiern konnten. Für sein „kameradschaftliches“ und „vorbildliches“ Zusammenwirken bedachte das MfS den österreichischen Staatsbürger und seine ostdeutschen Institutskollegen mehrfach mit hochrangigen Auszeichnungen und Ehrengeschenken. Unter anderem erhielt Prokop 1975 durch Minister Mielke den Kampforden „Für Verdienste um Volk und Vaterland“ in Gold.[39]

Inwieweit die Gerichtsmediziner der HUB und speziell Otto Prokop auf Ersuchen des MfS bei den in Berlin-Hohenschönhausen verstorbenen Gefangenen eventuell inkorrekte Obduktionsprotokolle erstellt haben, muß im Detail noch hinterfragt werden. Offensichtliche Unstimmigkeiten gibt es zum Beispiel im Fall „Klann“. So ist bei diesem Untersuchungsgefangenen, der sich, wie oben erwähnt, stranguliert hat, im Registrierbuch des Instituts für Gerichtliche Medizin „Herzinfarkt“ als Todesursache vermerkt.[40] Öffentlich in Zweifel gezogen wurde das HUB-Gutachten für Zenso Dinzey Zikondo. Nach der fachlichen Einschätzung Prokops starb der Diplomatensohn aus Zaire, welcher sich von August 1975 bis März 1976 in Berlin-Hohenschönhausen in Untersuchungshaft befand, am 13. Dezember 1976 im Zuchthaus Rummelsburg durch Erhängungssuizid. Ausgehend von typischen Drosselmerkmalen meinte dagegen ein von der Botschaft beauftragter Arzt, daß der 26 Jahre alte Afrikaner erwürgt worden sei.[41]

Nach der Untersuchung der Toten und der Ausstellung einer Sterbeurkunde – durch die Berliner Stadtbezirksstandesämter Mitte und Weißensee[42]– gab die Staatsanwaltschaft die Leichen zur Bestattung frei. Danach wurden die verstorbenen Gefangenen der UHA I und des Haftkrankenhauses im Krematorium Berlin-Baumschulenweg in der Kiefholzstraße 221 eingeäschert. Einem solchen Verfahren stimmten in fast allen überprüften Fällen auch die Ehepartner oder Eltern derjenigen Toten zu, deren Wohnsitz nicht in Berlin lag. Offenbar hatten Vertreter der „staatlichen Organe“ mit den Angehörigen der Verblichenen intensive Gespräche geführt, um sie von der „Richtigkeit“ einer solchen Regelung zu überzeugen.[43] Wie der Ehefrau von Paul Klann wurde ihnen mitunter anheimgestellt, an der Kremation in Berlin teilzunehmen. 

Nach bisherigen Erkenntnissen mußten auch die Angehörigen der am Gewahrsamsort Berlin-Hohenschönhausen Verstorbenen die Kosten für die Feuerbestattung und für eine eventuelle Versendung der Aschereste in der Regel übernehmen. Auch vor den einfachen Angestellten des Krematoriums sollte die MfS-Haft der Verstorbenen geheim gehalten werden. Dementsprechend befinden sich im dortigen Einäscherungsregister bezüglich des Todesortes gleiche oder ähnliche Formulierungen wie in den Unterlagen des Instituts für Gerichtliche Medizin.

Bei Willi Kreikemeyer und Robert Bialek ist der Verbleib der Leichen ungeklärt. Auch nach jahrelangen Nachforschungen von Angehörigen, Historikern und Sonderermittlern der Zentrale Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) gibt es keinen Hinweis darauf, wie und wo das MfS die Körper beider Verstorbener beseitigt hat.

 

 


     [1] Siehe ausführlich: Erler, Peter: Vom MGB zum MfS/SfS. Die Übernahme sowjetischer Haftorte und die Entwicklung des Gefängniswesens der DDR-Staatssicherheit in der ersten Hälfte der 1950er Jahre in Ost-Berlin. Eine chronologische Übersicht. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes (ZdF), Ausgabe Nr. 33/2013, S. 36–56.

[2]Weber, Hermann: Schauprozeß-Vorbereitungen in der DDR.In: Ders./Mählert, Ulrich (Hrsg.): Terror: Stalinistische Parteisäuberungen 1936–1953. Paderborn/München/Wien/Zürich 1998, S. 459–485.

[3] Zum Beispiel: Kießling, Wolfgang: „Leistner ist Mielke“. Schatten einer gefälschten Biographie. Berlin 1998, S. 145 ff.

[4] Siehe ausführlich: Kießling: Leistner, S. 145 ff.; Otto, Wilfriede: Das Verschwinden des Willi Kreikemeyer.In: UTOPIE kreativ, Heft 100/1999, S. 47–53; MfS AU Nr. 658/90 (Willi Kreikemeyer).

[5]Andreas Herbst: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen...“ Sozialdemokraten in der SBZ/DDR: Der Fall Willi Hockenholz. Ein Verfechter der Einheit als „Agent entlarvt“, in Neues Deutschland vom 3./4. Februar 1996, S. 11.

[6] MfS AS 103/79 Nr. 166/50.

[7] Erler: MGB, S. 40 ff.

[8] Das genaue Datum geht aus den bisher eingesehenen Unterlagen nicht hervor.

[9] Der Journalist Lehnecke – SED-Mitglied und Mitarbeiter des Berliner Rundfunks – war wegen seiner Bekanntschaft mit dem als amerikanischer Agent verleumdeten Leo Bauer in MfS-Untersuchungshaft.

[10] In ihren Aufzeichnungen schildert Wallach den verbotenen Sprachkontakt mit noch weiteren Wärtern. Wallach, Erica: Licht um Mitternacht. Fünf Jahre in der Welt der Verfemten. Zürich 1967, S. 14 ff.

[11]MfS AU 1/51, Bd. 1, Bl. 109/110.

[12] MfS AU 1/51, Bd. 1

[13] MfS AU 10/51, Bd. 2. Aus den Erinnerungen von Wallach ist zu entnehmen, daß weitere Wärter dienstlich gemaßregelt und entlassen wurden. Wallach: Licht, S. 33.

[14] Erler: MGB, S. 45 ff.

[15]Rataizick, Siegfried: Der Untersuchungshaftvollzug im MfS (Abt. XIV im MfS und in den BV).In: Grimmer, Reinhard/Irmler, Werner/Opitz, Willi/Schwanitz, Wolfgang (Hrsg.): Die Sicherheit. Zur Abwehrarbeit des MfS. Mit einem Plädoyer von Peter-Michael Diestel. 2 Bände. Berlin 2002, S. 517.

[16] MfS AU 175/54, Bl. 4 ff.

[17] MfS AS 135/79 Nr. 1536/53.

[18] Siehe ausführlich: Herms, Michael/Noack, Gert: Aufstieg und Fall des Robert Bialek. Berlin 1998.

[19]Kellerhoff, Sven Felix: Stasimord nach 52 Jahren aufgeklärt. In: Welt online vom 7. April 2008; Grassmann, Philip: Letzte Spuren eines Generalinspekteurs. Das Schicksal des DDR-Regimegegners Robert Bialek könnte jetzt geklärt sein. In: Süddeutsche Zeitung vom 9. April 2008; Inhaftiert in Hohenschönhausen. Zeugnisse politischer Verfolgung 1945–1989. Katalog zur Dauerausstellung. Herausgegeben von Hubertus Knabe und Andreas Engwert für die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Berlin 2015, S. 54/55. Ausgeschlossen werden kann, dass – wie immer noch behauptet wird – Erich Mielke „Bialek in der DDR-Haft mehrfach vernommen haben soll“. Muhle, Susanne: Auftrag: Menschenraub. Entführungen von Westberlinern und Bundesbürgern durch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Göttingen/Bristol 2015, S. 578.

[20] Knabe/Engwert: Katalog, S. 134; MfS AU 463/59; MfS AS 212/79, Nr. 2981/58, Spohr, Julia: In Haft bei der Staatssicherheit. Das Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen 1951–1989. Göttingen 2015, S. 326.

[21] MfS AS 244/79, Nr. 3992/61; Knabe/Engwert: Katalog, S. 135; Spohr, Haft, S. 327.

[22] Mit Reimers wurden vier weitere Konstrukteure und ein leitender Ingenieur aus seiner Abteilung verhaftet. Seine Kollegen wurden am 25. Januar 1962 durch das Bezirksgericht Potsdam zu Strafen zwischen fünf und neuneinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Fricke, Karl Wilhelm: Politik und Justiz in der DDR. Zur Geschichte der politischen Verfolgung 1945–1968. Bericht und Dokumentation. Köln 1979, S. 610.

[23] MfS AU 16144/62. Über die „Provokationen in Hennigsdorf“ wurden auch der Staatsratsvorsitzende der DDR Walter Ulbricht und der SED-Sekretär für Sicherheitsfragen Erich Honnecker informiert. MfS ZAIG 454, Bl. 1 ff.

[24] Appelius, Stefan: Einwandfrei Lungenembolie?, in: ZdF 2014, H. 35, S. 103 ff.

[25] MfS Abt XIV, Nr. 16791; MfS Abt XIV, Nr. 16766.

[26] MfS AU 136/90; MfS AP 7357/73; Archiv HUB, Gerichtsmedizin/Charite, Sektionsprotokoll 243/64.

[27] MfS Abt XIV, Nr. 16787.

[28] MfS Abt XIV, Nr. 16764.

[29] Zur Biographie und Haftgeschichte siehe ausführlich: MfS AU 290/90 und MfS HA IX 24281.

[30] Walter Schönwetter (1900 bis 1964) arbeitete bis 1954 im Amt für Zoll- und Warenkontrolle beim Ministerrat der DDR. Nach seiner Entlassung aus bisher nicht geklärten Gründen war er Invalidenrentner. Ende November 1958 fuhr er auf Einladung norwegischer Sachsenhausenhäftlinge zur Kur nach Oslo und kam von dort nicht wieder zurück. Email von Andreas Herbst vom 7. Oktober 2015 an den Autor.

[31] In einer öffentlichen Rede vor dem Zentralkomitee der SED erwähnt Erich Mielke Schönwetter im Zusammenhang mit vom MfS „festgenommenen Spionage- und Agentengruppen“. Diskussion zum Bericht des Genossen Walter Ulbricht über den XXII. Parteitag der KPdSU und die Aufgaben in der Deutschen Demokratischen Republik. 14. Tagung des ZK der SED. 23. bis 26. November 1961, o. O. (Ost-Berlin) 1961, S. 307 f.

[32] MfS AU 290/90, Bd. 2, Bl. 353.

[33] MfS Abt XIV, Nr. 16809.

[34] Mündliche Auskunft von Ulrich Müller, Sachgebietsleiter im Referat AU 6 in der Behörde des BStU, von 23. September 2015 an den Autor.

[35] MfS HA XX 12153, Bl. 193.

[36] MfS HA XX 10502, Teil 2, Bl. 402 ff.

[37] MfS HA XX 12153, Bl. 195. Der „Schlußbericht“ für das Untersuchungsverfahren der HA IX/2 ist auf den 6. November 1961 datiert. MfS HA IX 24281.

[38] MfS AU 290/90, Bd. 2, Bl. 587 ff.

[39] Siehe zum Beispiel die sehr wohlwollende Biographie von Benecke, Mark: Seziert. Das Leben von Otto Prokop. Berlin 2013, S. 130 ff., 208/209.

[40] Archiv HUB, Gerichtsmedizin/Charité, Hauptbuch 1960, Nr. 208.

[41] Appelius: Lungenembolie, S. 107/08.

[42] Bei Wolfgang Jahn stellte das Standesamt des Stadtbezirkes Lichtenberg die Sterbeurkunden aus. Die gleiche Behörde war auch für die Toten der UHA II zuständig.

[43] Siehe zum Beispiel das Gespräch mit den Eltern von Fred Wieseke, die große Zweifel an der Todesursache ihres Sohnes äußerten. MfS AU 16965/65, Bd. 13, Bl. 35 ff. Bisher ist nur im Fall „Borges“ bekannt, daß seine Leiche – wahrscheinlich auf Ersuchen der Ehefrau – nach Halle überführt wurde.