Interview mit Edith Penk, 85, der ältesten Umweltaktivistin aus Schleife-Rohne

Umweltprobleme:

Umweltprobleme haben wir hier ganz deutlich wahrgenommen. Immer wenn der Wind vomGaskombinat Schwarze Pumpe kam hat es nach Katzenurin gerochen. Manchmal kam der Wind mehr von Nordwesten, da hat es nach dem Phenolbecken gestunken, das zwischen Schwarze Pumpe und Spreewitz lag. Das Strugawasser stank meist nach Gülle, aber dies hatte mehr mit der Landwirtschaft zu tun. Der Breite Graben am Tagebau Nochten, der hatte schon immer Rotwasser. Viele Bäume, besonders Kiefern wurden gelb vom sauren Regen. Damals hatten die Kohlekraftwerke noch keine Filter. In  Mühlrose von der Kohleverladung alles verstaubt, sodass man keine Wäsche raushängen konnte.

In Bärwalde, an der Randzone vom Tagebau Nochten, gab es eine Art Lungensanatorium für Opfer vom Kohlenstaub. Zudem gab es in der DDR-Zeit in fast jedem Ort eine sogenannte wilde Bürgermeistermüllkippe.

Umweltbewegung:

Meines Wissens war die Umweltbewegung in der DDR eher in Großstädten wie Leipzig oder Berlin aus der Kirche heraus aktiv gewesen. Hier in Rohnewar an größere Initiativen und Aktionen nicht zu denken. Da war die Angst zu groß verhaftet zu werden und Anlässe für größere Demos in den Orten, wie beispielsweise die nach 2008 geplante Umsiedlung von 1700 Menschen (im Kirchspiel Schleife damals betreffend Mühlrose, Mulkwitz, Rohne, Trebendorf-Hinterberg, Schleife-Süd), bis nach dem Verkauf von Vattenfall an die LEAG und deren Revierkonzept gab es damals nicht.

Es waren eher kleinere Initiativen, die hier was bewegt haben.

Umweltthemen im Kinderhort:

Während meiner Zeit als Horterzieherin und später –leiterin haben Kinder Altstoffe gesammelt und das damit verdiente Geld in die Klassenkasse eingezahlt.

Die fleißigste Pioniergruppe wurde dafür beim Fahnenapell geehrt. Mehr als heute üblich waren Baumpflanzaktionen, an denen die oberen Klassen mit den Patenbrigaden und Förstern teilgenommen haben. Der Förster Hubertus Scammel war dabei sehr engagiert. Auch sein Vater hat unseren Schulkindern regelmäßig die Hochkippe Mulkwitz gezeigt und wie mühsam sich das Leben nach dem Tagebau wieder zurückkämpft auf die neuangelegten Flächenwiedeentwickelthat. Sie haben damals die Ameisenvölker noch selbst auf die Hochkippe geschafft.

Im Hort nutzte ich beinahe jede Gelegenheit um den Kindern die Umweltproblematik zu vermitteln. Mit den Kindern habe ich dazu ein Theaterstück einstudiert, das ich verfasst habe. Bei fast jedem Hortspaziergang haben wir Pflanzen und Tiere am Teichgelände im Alten Schleifer und Tiergarten Trebendorf entdeckt und in der Schule Kräuterfeste organisiert. Die Kinder sollten damals unter meiner Anleitung ein Herbarium anlegen, das mit der Zeit recht umfangreich geworden ist. Das Material hatte sich eine andere Hortnerin mit nach Hause genommen.Auch haben die Kinder Vogelkästen im Werkunterricht und in der Naturschutzstation Weißwasser gebaut.

Ich habe zwar viele naturbewusste “Hortkinder” gehabt die sich für die Fauna und Flora interessierten, aber später war davon relativ gefühlt wenig übrig geblieben.

Manche von ihnenhaben später beim Bergbaubetreiber gearbeitet.  Auch wenn es an den Schulen Heimatkunde und Lehrer gab, die Umweltthemen wirksam vermitteln konnten, war in vielen Familien das Umweltbewusstsein nicht so präsent. Vielleicht hat es was mit der Nachkriegsgeneration zu tun gehabt, die mit der Natur sorglos umgegangen ist.

Es gab eben auch diejenigen, die sich besonders hervorgetan haben, etwa wenn ich an Fritz Nowusch oder Erwin Jainsch (ehemaliger NABU-Chef in Weißwasser) denke. Fritz Nowusch war jemand, der schon zu DDR-Zeiten aktiv war und in der Naturschutzstation Weißwasser und als Förster aktiv Umweltthemen vermitteln konnte. Mit dieser Naturschutzstation arbeiteten die Schulen aus dem Kreis Weißwasser zusammen in Form von Direktunterricht, Klassenfahrten oder in Arbeitsgemeinschaften zum Thema Natur und Technik in Weißwasser.

Nach der Wende organisierte der Naturschutzbund NABU die meisten legalen Naturschutzaktionen, mit denen Pflanzen und Tiere vor den Kohle-Baggern gerettet werden konnten. Da hat sich aber niemand an die Straße festgeklebt oder Bäume besetzt, wie es bei den jungen Umweltschützern heute zu sehen ist.

Edith Penk war ehemals Sekretärin bei eine Maschinen-Ausleih-Station ( MAS), ab 1963 Horterzieherin in Trebendorf, Zeichenlehrerin, Hortleiterin in Rohne und Schleife und ehemalige Leiterin der Grundschule Rohne, nach 1993 Trachtennäherin, bekannte wohlmöglich aktuell älteste Umweltaktivistin in der Lausitz.