Das Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv: Regionale Entwicklungsplanung an historischen Orten
von Michael Hollmann
Neue Aufgaben für das Bundesarchiv. Übernahme der Stasi-Aken 2021
Mit seiner Entscheidung, die Stasi-Unterlagen in die Verantwortung des Bundesarchivs zu überstellen, übertrug der Deutsche Bundestag dem Bundesarchiv nicht allein die klassischen archivischen Aufgaben des dauerhaften Erhalts, der Erschließung und der Bereitstellung der nun in Gänze zu Archivgut des Bundes umgewidmeten Stasi-Unterlagen, sondern im Rahmen des § 2 des geänderten Stasi-Unterlagen-Gesetzes auch einen Katalog von Aufgaben im Bereich der Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stasi-Verbrechen. Dabei nimmt die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Methoden und Wirkungsweise der Stasi und den besonderen Charakter der Stasi-Unterlagen einen besonderen Platz ein.
Außergewöhnlich ist auch, dass der Gesetzgeber genaue Vorgaben hinsichtlich des Wo der Aufgabenerfüllung durch das Bundesarchiv gemacht hat. Zur dauerhaften Erhaltung der Stasi-Unterlagen soll das Bundesarchiv an sechs Standorten in Berlin-Lichtenberg, Rostock, Frankfurt (Oder), Halle (Saale), Leipzig und Erfurt vorhandene Liegenschaften ertüchtigen bzw. neue Gebäude errichten, um die Stasi-Unterlagen in modernen Archivmagazinen optimal unterzubringen. Von den Standorten Schwerin, Neubrandenburg, Magdeburg, Chemnitz, Dresden, Gera und Suhl soll zwar das Archivgut in den jeweiligen „Landesstandort“ überführt werden, allerdings sollen auch in diesen Städten sowie zusätzlich in Cottbus Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs eingerichtet werden, um die regionale Aufklärungs- und Bildungsarbeit mit entsprechenden Angeboten „an den historischen Orten sowie in Medien und Internet“ zu unterstützen. Selbstverständlich soll auch in diesen Außenstellen weiterhin die Möglichkeit bestehen, Anträge auf Akteneinsicht zu stellen und dort auch die Einsicht in die Akten vorzunehmen.
Sowohl die Archivstandorte wie auch die Außenstellen sollen – so das Gesetz – „in die regionale Gedenkstättenlandschaft eingebunden“ werden.
Diese Vorgabe stellt für das Bundesarchiv eine besondere Herausforderung dar. Sie besteht weniger darin, dass es nun qualitativ und quantitativ neue Aufgaben im Bereich der historischen Aufklärung und politischen Bildung zu übernehmen hat. Gerade für diese Aufgaben ist mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des früheren Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) die notwendige Expertise und Erfahrung vorhanden. Besonders anspruchsvoll und herausfordernd dagegen ist die bislang nicht oder nur sehr lockere Einbindung in die regionale Gedenkstättenlandschaft. Das Gesetz lässt offen, wie die Beziehung der Standorte und Außenstellen zu den „historischen Orten“ und den Gedenkstätten tatsächlich aussehen soll.
Standorte in den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin)
Bereits kurz nach dem 17. Juni 2021, dem Tag der Überführung des Stasi-Unterlagen-Archivs unter das Dach des Bundesarchivs, hat das Bundesarchiv – soweit dieser nicht bereits bestand – Kontakt zu den Partnern in den verschiedenen Städten aufgenommen, um die jeweiligen Erwartungen und Möglichkeiten für die künftige Zusammenarbeit auszuloten. Dabei wurde rasch deutlich, dass weder für die Archivstandorte noch für die Außenstellen „Blaupausen“ entwickelt werden können, um das weitere Vorgehen zu standardisieren. Zu unterschiedlich und teils auch wenig günstig waren wesentliche Voraussetzungen wie z.B. die räumliche Situation, die Vernetzung mit den bestehenden Gedenkstätten bis hin zu verschiedenen Bedarfen an historisch-politischen Bildungsangeboten; sehr unterschiedlich waren auch die Erwartungen der regionalen und lokalen Partner an einen substanziellen Beitrag des Bundesarchivs. Daher wird es nötig sein, für jeden Ort ein völlig eigenes Konzept zu entwickeln.
Eine wesentliche Voraussetzung aber ist glücklicherweise an allen Standorten von Rostock bis Suhl gegeben: die Bereitschaft, gemeinsam mit dem Bundesarchiv nach kreativen und partnerschaftlichen Lösungen zu suchen, damit der gesetzliche Auftrag des Bundesarchivs zur Sichtbarhaltung der Stasi-Unterlagen und zur Mitarbeit an der Aufarbeitung und der politischen Bildung mit der Arbeit der verschiedenen Gedenkstätten, Vereine und Initiativen bestmöglich synchronisiert werden kann.
Dem „historischen Ort“ kommt in jedem einzelnen Fall eine besondere Bedeutung zu. Es stellt sich allerdings die Frage, was eigentlich mit den „historischen Orten“ gemeint ist, von denen das Gesetz spricht. Geht es um die früheren Stasizentralen als den Orten, an denen die Unterlagen entstanden sind oder zumindest gesammelt und in ihrer für die Stasi charakteristischen Weise aufgearbeitet wurden? Oder meint das Gesetz die Untersuchungsgefängnisse, in denen die Stasi ihre Opfer verhört und gefoltert hat? Oder können auch die späteren Haftanstalten gemeint sein, in denen die Stasi-Opfer ihre Haftstrafen absitzen mussten? Es fällt nicht leicht, in diesen Kontexten von Aura zu sprechen, aber letztlich haben auch Orte der Unterdrückung mit ihrer negativen Authentizität eine besondere Wirkung auf ihre Besucherinnen und Besucher.
Die Frage ist weder trivial noch rhetorisch, da der besondere Charakter jedes historischen Ortes, seine spezifische Aura, d.h. Auswirkungen auf die konkrete Gestaltung der zu entwickelnden Ausstellungen und Informationsangebote haben muss. Selbst die Einrichtung von Beratungsangeboten wird berücksichtigen müssen, ob das Gebäude, in dem Stasi-Opfer Aufklärung und Beratung suchen, ein früheres Verwaltungsgebäude ist oder vielleicht das Gebäude, in dem sie selbst verhört, gequält oder inhaftiert wurden.
An keinem Standort wird es also eine „Lösung von der Stange“ geben können. Diese Feststellung macht die dem Bundesarchiv gestellte Aufgabe komplexer als vielleicht ursprünglich gedacht, und wird auf der einen Seite erhebliche Konzeptionierungs- und Planungsaufwände zur Folge haben. Auf der anderen Seite bietet sie aber auch die Chance, an verschiedenen Orten unterschiedliche Aspekte der SED-Diktatur und dem Zusammenwirken von Partei und Stasi in besonderer Weise herausarbeiten zu können. Damit muss nicht jeder Standort alle Aspekte in der gleichen Intensität thematisieren, sondern kann Schwerpunkte bilden und sich auf die ortsspezifischen Themen konzentrieren. Beispielsweise würde in Rostock das Atomkraftwerk in Greifswald als „operativer Vorgang“ ein besonderes Thema darstellen, in Chemnitz der Häftlingsfreikauf und die Wismut oder in Gera die Universität Jena. Eine umfassende und intensive Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und der Rolle der Stasi wird sich dann aus der Gesamtschau aller Standorte und Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs ergeben.
Für die Aufgaben des Bundesarchivs, die schwerpunktmäßig mit Aufklärung und Bildungsarbeit verbunden sind, kann die Unterbringung an historischen Orten sich also als Vorteil erweisen, wenn es gelingt, die „negative Aura“ sinnvoll in den Standortkonzepten zu berücksichtigen.
In jedem östlichen Bundesland soll ein Archivstandort des Stasi-Unterlagen-Archivs etabliert werden, in dem alle Unterlagen der in diesem Land liegenden Außenstellen zusammengeführt werden sollen. Die konkrete Entscheidung, in welcher Stadt dies geschehen soll, haben die jeweiligen Landesregierungen getroffen.
In Erfurt und Leipzig befinden sich die Bundesarchiv-Dienststellen bereits heute in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gedenkstätten in der Andreasstraße bzw. in der „Runden Ecke“. Da an beiden Standorten weder die Kapazitäten vorhanden sind noch die archivfachlichen Anforderungen an einen archivischen Magazinbau erfüllt werden, wird der Schwerpunkt der künftigen Planungen vor allem darauf liegen müssen, an den bereits gegebenen Standorten entsprechende Magazine unterzubringen und Lesesäle für die Archivgutbenutzung einzurichten. Dieses Problem stellt sich in Halle und Rostock nicht, da hier in unmittelbarer Nachbarschaft zu den bereits existierenden Gedenkstätten die Archivstandorte des Bundesarchivs vollständig neu geplant und errichtet werden können.
In den genannten vier Städten wird das Bundesarchiv sich bei der Planung und thematischen Gestaltung seiner lokalen Ausstellungen auf Aspekte konzentrieren können, die stärkeren Bezug zu den Stasi-Unterlagen und ihrer Geschichte sowie zur bürokratischen Seite der Arbeit der Staatssicherheit haben, während allgemeine Fragen von SED-Diktatur und dem Wirken der Stasi und die Spezifika des konkreten Ortes ohnehin Gegenstand der Gedenkstätten-Ausstellungen sind. Es ist sogar wichtig, allzu große Überschneidungen und Redundanzen zu vermeiden, wenn die Angebote von Gedenkstätten und Bundesarchiv dauerhaft nebeneinander bestehen und als eigenständige Beiträge wahrgenommen werden sollen. Voraussetzung dafür ist eine gute Abstimmung und Verzahnung der Inhalte; dass das Bundesarchiv die Gedenkstätten mit der Bereitstellung von Reproduktionen von Dokumenten, Fotos und Filmen aus den Beständen des gesamten Bundesarchivs unterstützen wird, versteht sich von selbst.
Einen Sonderfall stellt der künftige Archivstandort Frankfurt (Oder) dar, da sich hier eine ähnliche Nachbarschaft zur lokalen Gedenkstätte nicht herstellen lässt und die genannten Synergien daher nicht zu erzielen sein werden. Hier wird ein spezifisches Konzept zu erstellen sein.
In den Außenstellen ohne Archivmagazin wird die Entgegennahme von Anträgen und die Akteneinsicht in der gleichen Weise möglich sein, wie an den Archivstandorten. Wie genau das zu bewerkstelligen sein wird und welche Rolle dabei die rasant fortschreitenden Möglichkeiten der Digitalisierung spielen werden, lässt sich derzeit nur mit großen Vorbehalten sagen.
Zur Umsetzung des Gesetzesauftrags wird an jedem Standort zu prüfen sein, ob die jeweilige Gedenkstätte in Schwerin, Neubrandenburg, Magdeburg, Cottbus, Dresden, Chemnitz, Gera und Suhl dem Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv ausreichende Räumlichkeiten für Beratungsgespräche, Lesemöglichkeiten und Computerarbeitsplätze für die Akteneinsicht und in einem gewissen Umgang auch Ausstellungsflächen überlassen kann. Hier sind die Gegebenheiten in den genannten Städten sehr unterschiedlich. Während etwa in Chemnitz gute Aussichten darauf bestehen, die lokale Präsenz des Bundesarchivs in der Gedenkstätte auf dem Kaßberg, die sich gerade im Aufbau befindet, unterzubringen, ist das an anderen Standorten nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, da die Gedenkstätten bisweilen selbst unter drängender Raumnot leiden.
Erfreulicherweise kann allerdings für alle Standorte festgestellt werden, dass alle Beteiligten von den Stadtverwaltungen über die Gedenkstätten bis hin zu vielfältigen sonstigen Initiativen ein hohes sachliches Interesse daran zeigen, gemeinschaftliche Lösungen zu entwickeln, in denen kein Partner die anderen zu dominieren versucht. Allen ist auch bewusst, dass die Zeit für die Realisierung insbesondere der Magazinbauten drängt.
Historische Aura und Archivarbeit
Das Bundesarchiv wird unter den gegebenen Umständen wohl nicht in jedem Fall in der Lage sein, seinen gesetzlichen Auftrag tatsächlich an den historischen Orten der Staatssicherheit zu erfüllen. In diesem Kontext stellt sich die Frage nach der Bedeutung des historischen Ortes für die Sicherung und Bereitstellung der Stasi-Unterlagen und für den Aufklärungs- und Bildungsauftrag des Stasi-Unterlagen-Archivs. Ein Gang durch die Verhör- und Folterräume einer Untersuchungshaftanstalt lässt niemanden unberührt. Diese „Berührung“ im Sinne von Aufklärung und Information zu nutzen, ist eine anspruchsvolle und verantwortungsvolle Aufgabe, der sich die Gedenkstätten mit hoher Professionalität gewachsen zeigen. Mit der Bereitstellung von Dokumenten, Fotos und Filmen kann das Bundesarchiv hier vielfältige Unterstützung leisten; es tritt dabei aber selbst nicht aus der Rolle des „Materiallieferanten“ heraus.
Bei den eigenen Ausstellungen schlüpft das Bundesarchiv in die Rolle einer Gedenkstätte, wenn es über die Arbeitsweise der Stasi bei der Beschaffung von Informationen und deren Organisation und Verwertung informiert. Einen besonderen Akzent wird es dabei immer auf die Rettung der Stasi-Unterlagen durch mutige Bürgerinnen und Bürger der DDR während der friedlichen Revolution von 1989/90 legen. Die Sicherung der Stasi-Akten vor den Vernichtungsversuchen der Staatssicherheit steht als ein wichtiges Symbol für die Entmachtung einer kommunistischen Diktatur und die Selbstbefreiung der bis dahin be- und unterdrückten Menschen.
Eine starke emotionale Wirkung kann der historische Ort auch entfalten, wenn die Opfer des Stasi-Terrors in den früheren Diensträumen der Stasi oder in den Untersuchungshaftanstalten Einsicht in ihre Akten nehmen. Das wird bei der Gestaltung der Räumlichkeiten unbedingt zu berücksichtigen sein.
Für die wissenschaftliche Nutzung der Stasi-Unterlagen sollten dagegen andere Bedingungen gelten. Seit jeher ist ein Grundaxiom der geschichtswissenschaftlichen Methode, sich dem Gegenstand der Erforschung – wie bereits Tacitus das formuliert hat – „sine ira et studio“, also ohne Zorn und Eifer zu nähern. Das ist mitunter und gerade im Fall der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Verbrechen und Unrecht oft nur schwer zu leisten. Hier kann die Aura eines historischen Ortes durchaus negative Wirkungen entfalten. Wer innerlich bewegt ist, dem fällt ein nüchtern wertender Blick auf die Quellen schwer. Nicht zuletzt aus diesem Grund legt das Bundesarchiv an seinen bisherigen Standorten keinen besonderen Wert auf die Nähe zu den historischen Orten der deutschen Geschichte. Der Fokus seiner Planungen liegt weit mehr auf guten Magazinen und einer für die Nutzerinnen und Nutzer guten Infrastruktur. Beides lässt sich in historischen Gebäuden schon technisch oft nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten realisieren.
Die Dienststelle des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde stellte bislang die große Ausnahme dar. Die Liegenschaft in der Finckensteinallee war nacheinander der Sitz der Hauptkadettenanstalt des preußischen Heeres, eine Schule, der Standort der SS-Leibstandarte „Adolf Hitler“ und – unter dem Namen Andrews Baracks – einer der größten Militärstandorte der US-Armee in Berlin während des Kalten Krieges. Es beruht auf einem Zufall, dass nun das Bundesarchiv diesen Ort und die wenigen dort erhaltenen Gebäude als Archivierungs- und Benutzungsstandort für das Archivgut aus der Zeit des Deutschen Reiches von 1867/71 bis 1945, der Unterlagen der zivilen Zentralverwaltung der SBZ und DDR von 1945 bis 1990, der Unterlagen der Parteien und Massenorganisationen der DDR und für das Filmarchiv nutzt. Die früheren Nutzungen der Liegenschaft werden im Eingangsbereich zwar dokumentiert, spielten und spielen aber sonst für die Gestaltung des Standorts und die dortige Benutzung keine Rolle.
Ehemalige Stasi-Zentrale: Berlin-Lichtenberg
Nach dem Überblick über die ostdeutschen Flächenländer gilt es abschließend, einen Blick auf den bislang ausgesparten Standort in Berlin-Lichtenberg zu werfen, denn hier gelten nach dem Willen des Gesetzgebers besondere Bedingungen. Am historischen Ort der Stasi-Zentralverwaltung in der Normannenstraße soll das Bundesarchiv ein „Archivzentrum zur SED-Diktatur“ errichten und dieses in die übergreifende Struktur eines Campus für Demokratie einbringen. Nirgendwo wird die Monstrosität dessen so sichtbar erfahrbar, was es bedeutete, wenn eine ohne Rückbindung an Recht und Gesetz operierende Geheimpolizei es tatsächlich darauf anlegt, alles für den politischen Machterhalt der SED-Wesentliche über die Bürgerinnen und Bürger eines Landes in Erfahrung zu bringen.
Derzeit arbeiten auf dem Gelände der früheren Stasi-Zentrale neben dem Bundesarchiv die Robert-Havemann-Gesellschaft, das von der ASTAK e.V. getragene Stasi-Museum, die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, die Dopingopfer-Hilfe, das Osteuropazentrum und das Bürgerkomitee 15. Januar e.V. Zwar sind noch viele Details der künftigen Zusammenarbeit auf dem Campus für Demokratie offen, das Ziel, hier einen besonderen Ort der Auseinandersetzung mit SED-Diktatur und Stasi-Terror und der Erinnerung an die Oppositionsbewegungen in der DDR zu etablieren, ist aber allen Partnerinstitutionen gemeinsam. Und die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre geben Anlass zu der Hoffnung, dass die bereits bestehende Zusammenarbeit intensiviert und durch neue Formate ausgebaut werden kann.
Für den besonderen gesetzlichen Auftrag des Stasi-Unterlagen-Archivs bietet die ehemalige Stasi-Zentrale ausgezeichnete Voraussetzungen insbesondere für die Aufklärungs- und Bildungsarbeit. Schon heute ergänzt die Archivausstellung „Einblick ins Geheime“ die Ausstellung des Stasi-Museums mit dem Blick in das heutige Archiv und erläutert das Informationssystem, die Arbeitsweise und den Arbeitsalltag der Staatssicherheit. Sie legt den Fokus auf den besonderen Charakter der Stasi-Unterlagen als Symbol der Friedlichen Revolution und den Zugang zu diesen Akten als Quellen zur Aufklärung persönlicher Schicksale. Die Möglichkeiten für öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge oder Filmvorführungen sind vielfältig und werden nicht selten in Kooperation mehrerer Partner organisiert.
Mit voranschreitender Digitalisierung und der Bereitstellung von digitalen Informationen für die Zwecke der Aufklärungs- und Bildungsarbeit wäre die physische Anwesenheit eines großen Teils des Aktenbestands der Stasi vor Ort in Lichtenberg eigentlich gar nicht notwendig. Es liegt jedoch in der Absicht des Bundestags, in Lichtenberg ein Zentrum für die Erforschung nicht nur der Staatssicherheit und ihres „Wirkens“, sondern des SED-Staates insgesamt zu etablieren und so der DDR-Forschung insgesamt wesentliche Impulse zu verleihen. Zu diesem Zweck sollen nicht allein für die Stasi-Unterlagen moderne Magazine und Benutzungsmöglichkeiten eingerichtet werden. Vielmehr soll das Bundesarchiv alle Archivbestände aus DDR-Provenienz in Berlin-Lichtenberg zusammenführen, die derzeit noch in Berlin-Lichterfelde und Freiburg im Breisgau liegen. Es liegt auf der Hand, dass für die Unterbringung dieses umfangreichen Gesamtbestands die derzeitigen Kapazitäten des Stasi-Unterlagen-Archivs erheblich ausgebaut werden müssen.
Insgesamt stellen die Standorte des Stasi-Unterlagen-Archivs das Bundesarchiv vor interessante Herausforderungen. An jedem Ort sind eine andere Konstellation und ganz eigene Themen zu berücksichtigen. Im Ergebnis werden die insgesamt 14 Standorte eine breit gefächerte „Gesamtdarstellung“ der Staatssicherheit bieten. Und das Archivzentrum in Berlin-Lichtenberg wird in Bezug auf die Bereitstellung archivalischer Quellen beste Voraussetzung für eine breit angelegte und intensive Erforschung der SED-Diktatur bieten.