Ich bin der bessere Putinversteher

von Martin Böttger

Oktober 2022

Die ehemalige Moskau-Korrespondentin der ARD, Gabriele Krone-Schmalz, sagte in ihrem Vortrag an der Volkshochschule Reutlingen am 14. 10. 2022, dass Russlands Sicherheitsinteressen durch die NATO verletzt seien. Russland fühle sich durch deren Osterweiterung bedroht. Der Ukrainekrieg, den auch Krone-Schmalz
verurteilt, sei eine verständliche Reaktion darauf. Ist Frau Krone-Schmalz damit eine Putinversteherin? Ich meine: nein. Wieso sollte Putin vor der NATO bzw. vor dem Westen Angst haben? Er behauptet zwar, dass der Westen ihn bedrohe, aber das ist eine Lüge. Genauso eine Lüge wie seine Erklärung im Februar, keinen
Angriff auf die Ukraine vorzubereiten. Damit hatte er kalt Baerbock, Scholz und Macron am langen Tisch belogen. Einige Deutsche glauben nun der Lüge von der Bedrohung Russlands durch den Westen. Dabei dürfte doch klar sein, dass weder eine wirtschaftliche noch eine militärische Bedrohung real existiert. Kein Land kann es wagen, Russland am Boden, aus der Luft oder aus der See anzugreifen. Das wissen sogar schon die Chinesen. Wovor hat Putin also Angst? Ich behaupte: Nicht vor dem Westen sondern vor dem eigenen Volk. Wer Putin wirklich verstehen will, muss angesichts der großen Zahl russischer Kriegsdienstverweigerer seine verzweifelten Versuche, doch noch zu einem militärischen Sieg über die Ukraine zu kommen, in Betracht ziehen. Ich verstehe Putin so, dass eine militärische Niederlage das Ende seiner Laufbahn bedeuten würde. Dafür sorgen nicht nur die vielen tausend geflohenen Deserteure sondern auch die Bewegung der Soldatenmütter, die ihre gefallenen Söhne betrauern. Ich kann Putin auch insoweit verstehen, dass
kommunale Abgeordnete in Petersburg und Moskau, die seinen Rücktritt bzw. seine
Absetzung fordern, ihm zunehmend Angst einjagen. Ich habe kein Mitleid mit diesem Verbrecher, glaube jedoch, ihn besser zu verstehen als Gabriele Krone-Schmalz.